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Telekom: Steigender Datenbedarf braucht mehr Frequenzen

Die Ansprüche der Mobil­funk­kunden steigen stetig. In ihrem Unter­neh­mens­blog stellt die Deut­sche Telekom dazu maxi­male Frequenz­for­derungen vor.
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Die Ansprüche der Mobil­funk­kunden steigen stetig. Auch 2023 habe sich das expo­nen­tielle Wachstum an Mobil­funk­daten weiter fort­gesetzt, stellt die Deut­sche Telekom in ihrem Unter­neh­mens­blog fest.

Mehr Frequenzen benö­tigt

Neben dem konse­quenten Ausbau der Netze brauche es zur mittel- bis lang­fris­tigen Befrie­digung dieser Bedarfe auch zusätz­liche Frequenzen, so die klare Ansage aus Bonn.

Die Ergeb­nisse der Welt­funk­kon­ferenz 2023 (WRC-23) bildeten dabei „eine gute Grund­lage für die Bereit­stel­lung von zusätz­lichen Frequenzen für mobiles Breit­band". Es liege nun an den Entschei­dungs­trä­gern, die nächsten Schritte zur tatsäch­lichen Nutz­bar­machung der Frequenzen zügig umzu­setzen.

WRC: Erfolg für die Mobil­funk­indus­trie

Telekom Chef Tim Höttges demonstriert das Innenleben einer 5G-Antenne. Wie viele Frequenzen braucht die Branche zukünftig? Telekom Chef Tim Höttges demonstriert das Innenleben einer 5G-Antenne. Wie viele Frequenzen braucht die Branche zukünftig?
Foto: Picture Alliance/dpa
Die WRC-23 war aus Sicht der Mobil­funk­branche ein Erfolg. Die wesent­lichen Ziele seien erreicht worden: Weitere Harmo­nisie­rung der Bedin­gungen für einen welt­weiten Mobil­funk­ausbau.

Ein beson­derer Schwer­punkt der Branche lag auf den Entschei­dungen zum oberen 6 GHz-Band, zu den soge­nannten „UHF“-Frequenzen im Bereich 470-694 MHz (auch „Kultur­fre­quenzen“ genannt) und den ersten Eckpunkten für die nächste Welt­funk­kon­ferenz, die im Jahre 2027 statt­finden wird.

WRC-Ergeb­nisse konse­quent umsetzen - Frequenzen zügig frei­geben

Die Entschei­dung der Konfe­renz, das obere 6-GHz Band für den Breit­band­mobil­funk zu „harmo­nisieren“, sieht die Branche als „wich­tiges Signal“. Nun müssten die Frequenzen auch zügig frei­gegeben werden, damit die Mobil­funk­nutzer das Band auch „zeitnah“ nutzen könnten.

In Europa werden Frequenzen von der CEPT (Konfe­renz der euro­päi­schen Post- und Fern­mel­dever­wal­tungen) orga­nisiert. Dort wurden bereits erste Diskus­sionen gestartet, wie man das 6 GHz-Band gemeinsam mit zellu­larem Mobil­funk und mit Wire­less LAN (WLAN/WiFi) nutzen könnte.

Mobil­funk vor WLAN

Die Mobil­funk­anbieter erwarten eine Prio­risie­rung des Bandes für den lizen­zierten Mobil­funk. Sie verweisen auf die „ambi­tio­nierten Digi­tali­sie­rungs­ziele der Euro­päi­schen Union“, die nur dann zu errei­chen wären, wenn der Mobil­funk „als wesent­licher Faktor“ genü­gend Frequenzen bekäme.

Was wird aus dem UHF-Bereich?

Das UHF-Band (470-694 MHz) wird heute exklusiv durch den Fern­seh­rund­funk und die darin befind­lichen Frequenz-Lücken von schnur­losen Mikro­fonen für Theater, Konzerte, Film­pro­duk­tionen etc. genutzt.

Auf Beschluss der WRC-23 wurde dieser Bereich erst­malig für den Mobil­funk „geöffnet“, aller­dings nur „auf sekun­därer Basis“. Das sehen die Mobil­funker als „ersten Schritt in die rich­tige Rich­tung“. Momentan müssten sie dort Rück­sicht auf die TV-Sender nehmen, könnten diese Frequenzen also kaum bis gar nicht nutzen, solange dort die TV-Sender noch laufen.

Neue Diskus­sion entfa­chen

Nun stellen sich die Mobil­funker vor, dass eine breite Diskus­sion losge­treten wird, an deren Ende die "gleich­berech­tigte Nutzung" genau dieses Frequenz­bereichs durch den Mobil­funk ab 2030 möglich sein könnte.

Der Frequenz­bereich 470-694 MHz sei für die weitere „Anglei­chung der Leis­tungs­fähig­keit der mobilen Infra­struktur zwischen Stadt und Land“ geeignet, und da könnten natür­lich auch andere Bedarfs­träger wie Rund­funk, Militär oder der Behör­den­funk (BOS) über die öffent­lichen Mobil­funk­netze „bedarfs­gerecht reali­siert“ werden.

Brau­chen alle Funk­dienste künftig eine SIM-Karte?

Soll wohl heißen: Radio, Militär oder die Behörden müssten bei Telekom, Voda­fone, o2, 1&1 etc. eigene SIM-Karten bestellen und dazu gleich passende Tarife buchen. Für die Mobil­funk­indus­trie wären es gesi­cherte Einnahmen. Aber ist das realis­tisch?

Doch damit ist dem Frequenz­hunger noch nicht Genüge getan. Die „voll­stän­dige Nutz­bar­machung bereits harmo­nisierter Bänder“ soll voran­gebracht werden, etwa bei 1500 MHz und 2300 MHz, schreibt die Telekom ihren Wunsch­zettel fort.

Campus-Frequenzen den Mobil­fun­kern "zurück" geben

In ihren Forde­rungs­katalog wehklagen die Frequenz­planer der Telekom, dass im „für 5G so wich­tigen 3,5-GHz-Band 25 Prozent der insge­samt harmo­nisierten Ressourcen für indus­tri­elle Anwen­dungen auf lokaler Ebene“ reser­viert wurden. Dass Unter­nehmen auf ihrem Firmen­gelände mit eigenen Frequenzen ohne Zutun der Mobil­funk­branche arbeiten dürfen, tut der Branche offenbar weh. Den öffent­lichen Mobil­funk­anbie­tern sei die Möglich­keit genommen worden, „die volle tech­nische Leis­tungs­fähig­keit von 5G in diesem Frequenz­band auch für deren Kunden verfügbar zu machen“.

Campus-Frequenzen zu wenig genutzt?

Die indus­tri­ellen Anwen­dungen beschränkten sich nun auf „einen verschwin­dend geringen Flächen­anteil in Deutsch­land“. Insge­samt seien gerade mal 371 Lizenzen erteilt worden, die deut­liche Mehr­heit davon zu Forschungs­zwe­cken und nicht für indus­tri­elle Netze. Dagegen hätten die Netz­betreiber in Deutsch­land bereits mehrere zehn­tau­send Antennen aufge­baut, wirft die Telekom dem Gesetz­geber vor.

Und klar: Die unge­nutzte Kapa­zität der reser­vierten Bereiche fehle nun „aufgrund der künst­lichen Verknap­pung an diesen Stand­orten“ bei der Versor­gung mit mobilem Breit­band. Auch deshalb sollen die WRC-23 Beschlüsse und weitere Optionen „konse­quent“ genutzt werden.

Digi­tali­sie­rung braucht Frequenzen

Dabei malt die Telekom die „zukünf­tige inter­natio­nale Posi­tio­nie­rung Europas bei der Digi­tali­sie­rung“ in düsteren Farben. Sie hänge massiv von der mobilen Kommu­nika­tions­infra­struktur ab. Ohne ausrei­chende Frequenz­res­sourcen seien die ambi­tio­nierten Digi­tali­sie­rungs­ziele nicht zu errei­chen.

Es brauche zusätz­liche Ressourcen, inef­fizi­ente Frequenz­nut­zungen durch Reser­vie­rungen sollten beendet werden.

Wo gibt es weitere Frequenzen?

Zusätz­lich zum oberen 6 GHz- oder dem UHF-Band (470-694 MHz) gebe es weitere Bänder, die für breit­ban­digen Mobil­funk denkbar wären, etwa das aktuell disku­tierte Band zwischen 3,8-4,2 GHz, was weitere 5G Kapa­zität für die Außen­ver­sor­gung bieten könne. Solche Frequenzen müssten natür­lich euro­paweit verfügbar sein.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Es ist nicht neu, dass immer schneller werdende Netze und immer mehr breit­ban­dige Ange­bote wie z.B. Video­streams immer mehr Band­breite brau­chen. Das läuft nach dem Motto, wer am lautesten ruft, bekommt wenigs­tens etwas. Den Frequenz­bereich bei 470-694 MHz können sich die Mobil­funker vorerst einmal abschminken, solange es dort noch terres­tri­sches TV gibt. Solche schon lange genutzten Anwen­dungen wie TV-Rund­funk brau­chen locker 10 Jahre und mehr, bis auch der letzte Nutzer aufge­geben hat.

Dass Rund­funk künftig über 5G laufen könnte, ist wahr­schein­lich. Unklar ist aber, ob ein Radio-Hörer oder TV-Zuschauer künftig eine eigene SIM-Karte für seinen heimi­schen Empfang braucht. Wird diese SIM-Karte dann über die Rund­funk­gebühr (im Volks­mund „GEZ“ genannt) bezahlt oder kommen deren Kosten für den Mobil­funk­ver­trag mit ausrei­chend Daten­volumen noch oben drauf? Oder ginge 5G-Rund­funk auch ganz ohne SIM-Karte?

Mobil­funk­netz­betreiber haben immer die Ausbau- und Netz­betriebs­kosten im Blick. Je nied­riger die Frequenz, desto höher die Reich­weite, desto geringer die Band­breite. So wären noch nied­rigere Frequenzen bei 450 oder gar 150 MHz sicher inter­essant, doch da bekommt man kaum Band­breite durch.

Die Frequenzen ober­halb von 3,8 GHz wurden bislang von Verteiler-Satel­liten-Netz­betrei­bern genutzt, die werden die auch nicht ohne weiteres aufgeben. Geht man in noch höhere Regionen bei 26, 60 oder über 100 GHz schrumpfen die Reich­weiten extrem, dafür wären die Band­breiten schier unend­lich. Zugleich steigen die diffusen Bedenken der Strah­len­schützer, ob solche ultra­hohen Frequenzen nicht etwas fürch­ter­lich Gefähr­liches sein könnten. Das Thema wird uns noch beschäf­tigen.

Wie wird Flächen­deckung möglich?

Die Frage ist auch, wie eine flächen­deckende Versor­gung künftig reali­siert werden könnte? Mit großen Sende­türmen oder vielen kleinen Mini-Sendern? Oder über tief­flie­gende Satel­liten?

Werden sich die Kunden künftig weiter an einen oder zwei Netz­betreiber binden oder künftig einfach je nach Aufent­haltsort und Nutzungsart kurz­fristig eine Verbin­dung buchen, rein abhängig vom aktu­ellen Preis und der Verfüg­bar­keit, und diese genauso schnell wieder beenden bzw. wech­seln?

Zum effek­tiven Stopfen von Funk­löchern werden "Negativ-Auktionen" vorge­schlagen.

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