Monopolkommission: Verzicht auf Handyfrequenz-Auktion
In der Debatte über die zukünftige Gestaltung der Handynetze ist nun auch die Monopolkommission für einen Verzicht auf eine milliardenschwere Frequenzauktion. Die bisherigen Nutzungsrechte sollten stattdessen um drei Jahre verlängert werden, sagte der Kommissionsvorsitzende Jürgen Kühling heute in Bonn. Damit bezog er eine andere Position als die Bundesnetzagentur, die eine Verlängerung um fünf Jahre vorgeschlagen hatte und sogar acht Jahre für möglich hält. Deutschlands Mobilfunker brauchen für ihre Handynetze Funkspektrum unterschiedlicher Frequenzbänder, das bisher zeitversetzt für mehrere Milliarden Euro versteigert wurde.
Wird nächste Auktion 2024 verschoben?
Der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, plädiert für eine Verlängerung der Frequenzen.
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Die nächste Auktion wäre terminlich eigentlich im Jahr 2024 dran gewesen, um die Anfang 2026 freiwerdenden Frequenzen weiter nutzen zu können. Die Auktion ist für den neuen Handynetzbetreiber 1&1 wichtig, da er bisher nur auf zwei Bändern funkt und perspektivisch auch andere Bänder braucht, um ein flächendeckendes Netz zu bauen - er will also Frequenzen "nachkaufen".
Woher Frequenzen für Nummer vier?
Das allerdings könnte er nicht, wenn die Auktion ausfiele und bisherige Nutzungsrechte, die bei den etablierten Anbietern Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica (O2) liegen, verlängert werden. Das wäre Gegenwind für den Neueinsteiger aus Montabaur und eine gute Nachricht für die Platzhirsche.
"Ja, die 1&1 hat damit einen Nachteil", gibt der Kommissionsvorsitzende Kühling zu. Es gebe aber keine guten Vorschläge, damit 1&1 gar keinen Nachteil hätte. Es werde nun mal zu wenig Funkspektrum frei, als dass es von vier Firmen gut nutzbar wäre. Man könnte den Wettbewerbsnachteil für 1&1 aber relativ gering halten, indem man möglichst kurz verlängere, sagte Kühling.
Entscheidung im Frühjahr
Die Bundesnetzagentur will über die Frage der Frequenzvergabe im kommenden Frühjahr entscheiden. Die Monopolkommission spielt als Beratungsorgan nur eine Nebenrolle. Ebenfalls nur an der Seitenlinie steht hierbei das Bundeskartellamt, die Wettbewerbshüter hatten sich unlängst klar gegen den Auktionsverzicht ausgesprochen und vor Schäden für die Verbraucher gewarnt, sollte 1&1 ausgebremst werden.
Kleines Netz gestartet
Die Tochterfirma von United Internet hatte in der vergangenen Woche ihr noch sehr kleines Handynetz gestartet. Bis 2030 sollen die Antennen 50 Prozent der deutschen Haushalte erreichen. Dort, wo 1&1 nicht funkt, werden die Kunden mit dem o2-Netz und bald mit dem Vodafone-Netz verbunden. Dafür zahlt 1&1 Miete.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
In der Tat braucht 1&1 "niedrige" Frequenzen (zwischen 700 und 900 MHz), wenn das eigene Netz weiter in die Fläche wachsen soll. Das aktuelle National Roaming mit o2 und später mit Vodafone nimmt aber bei 1&1 den Druck aus dem Kessel.
Und 1&1 steht ja bei der Bundesnetzagentur noch in der Kreide, weil die für Ende 2022 versprochenen 1000 Sendestationen noch lange nicht alle "on air" gegangen sind. Von daher könnte es doch einen Deal geben: Wir schauen bei der Verspätung wohlwollender hin, dafür werden die Frequenzen der bereits etablierten Anbieter ohne Diskussion verlängert.
Für die Zukunft sollte man sich Modelle überlegen, die mehr Zusammenarbeit der Anbieter beinhaltet, weil es absolut keinen Sinn macht, ganz Deutschland mit vier flächendeckenden Netzen zu überziehen. Dann ließen sich die knappen Frequenzen vielleicht noch sinnvoller nutzen.
Die Bundesnetzagentur hat ihren Jahresbericht vorgelegt.