Themenspezial: Verbraucher & Service Rückmeldungen

TV-Kabel-Zwangsgebühr: Das müssen Verbraucher zahlen

teltarif.de hat aufge­deckt, dass aufgrund der Struktur der TV-Kabel­netze für viele Bewohner auch nach Juli eine TV-Zwangs­gebühr droht. Wir fassen zusammen, welche Mittei­lungen Bewohner beispiels­weise erhalten haben.
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Der Hausübergabepunkt HÜP des TV-Kabelnetzes, meist im Keller eines Hauses Der Hausübergabepunkt HÜP des TV-Kabelnetzes, meist im Keller eines Hauses
Bild: Unitymedia
Wegen mögli­cher neuer Durchlei­tungs­gebühren der Netz­ebene-4-Betreiber im TV-Kabel­netz droht Verbrau­chern ein neues Neben­kos­ten­pri­vileg auch nach Juli dieses Jahres. Darüber hatte teltarif.de ausführ­lich berichtet. Die Bundes­netz­agentur hatte dazu nur eine auswei­chende Antwort gegeben.

In der Leser­schaft von teltarif.de hatten unsere Berichte aller­dings ein großes Echo ausge­löst. Mehrere Betrof­fene haben uns inzwi­schen Mittei­lungen ihrer Netz­ebene-4-Betreiber zuge­sandt. Daraus geht zum Teil auch hervor, wie viel die Betrof­fenen als Durch­lei­tungs­gebühr zusätz­lich bezahlen müssen, wenn Sie ab Juli weiterhin Internet und Telefon über das TV-Kabel­netz beziehen wollen.

In diesem Bericht fassen wir einige der Rück­mel­dungen unserer Leser zusammen.

Durch­lei­tungs­gebühr über­höht

In unserem ersten Bericht hatten wir bereits einen Leser zu Wort kommen lassen, bei dem die zusätz­liche Durch­lei­tungs­gebühr 10 Euro pro Monat betragen soll. Im teltarif.de-Forum berichtet ein Leser, er habe den Gigabit-Anschluss bei Voda­fone noch für eine Grund­gebühr von 39,99 Euro. Der NE4-Betreiber im Haus sei ab dem 1. Juli Rehning. Das Unter­nehmen wolle für Kabel-TV 10 Euro monat­lich haben. Der Hausübergabepunkt HÜP des TV-Kabelnetzes, meist im Keller eines Hauses Der Hausübergabepunkt HÜP des TV-Kabelnetzes, meist im Keller eines Hauses
Bild: Unitymedia

Alter­nativ könne der Kunde laut Aussage von Rehning bei Voda­fone einen Vertrag, den TV-Connect-Stan­dard für 14,99 Euro buchen, der bei Voda­fone selbst 12,99 Euro kostet. Der Leser vermutet also, dass die eigent­liche Durch­lei­tungs­gebühr nur 2 Euro beträgt. Gegen­über dem bishe­rigen Kabel­fern­sehen mit Abrech­nung über die Miet­neben­kosten müsste der Leser mit der neuen Konstruk­tion aber 6 Euro pro Monat mehr bezahlen.

Diese Leser-Rück­mel­dung ist also ein Indiz für die These, dass die NE4-Betreiber von den Haus­bewoh­nern aufgrund der Abschaf­fung des Neben­kos­ten­pri­vilegs jetzt deut­lich erhöhte Durchlei­tungs­gebühren verlangen.

12,99 Euro im Monat extra?

Ein weiterer Leser berichtet im Forum, er habe ein Schreiben von seiner Haus­ver­wal­tung in Nord­rhein-West­falen und deren NE4-Anbieter "Wien­holt & Horst­mann" erhalten. Er solle den Kabel-TV Vertrag bis zum 01.07.2024 unter­schrieben zurück­senden und 12,99 Euro im Monat zahlen. Die Lauf­zeit betrage 24 Monate. Im letzten Satz des Schrei­bens stehe dann, dass sons­tige Dienste wie Internet und Telefon nur bestehen bleiben würden, wenn er den Kabel-TV Vertrag mit der Firma "Wien­holt & Horst­mann" abschließe. Der Leser habe bislang ledig­lich einen Vertrag mit Voda­fone über Internet und Tele­fonie abge­schlossen und schaue kein lineares TV. Er wolle sich nun an den Verbrau­cher­schutz wenden.

Sogar Haus­ver­wal­tungen sind mit dem Thema konfron­tiert. Ein weiterer Leser berichtet, er verwalte ein Mehr­fami­lien­haus mit vielen Wohnungen. Nach einer Abfrage habe sich heraus­gestellt, dass nur einzelne Bewohner den Kabel-Anschluss für TV nutzen, aber viele für Internet. Der NE4-Betreiber Rehnig behaupte, es wäre tech­nisch nicht möglich, einzelnen Wohnungen das TV-Signal abzu­schalten, da sie die Netz­ebene 4 nicht besitzen würden. Diese gehöre zum Haus. Die Immo­bili­enge­sell­schaft müsse dann eben die TV-Kosten für alle rest­lichen Wohn­ein­heiten selbst tragen.

Noch teurer: 17,50 Euro monat­lich zusätz­lich

Eine andere Leserin berichtet von sich: Sie habe seit 1. Februar kein Internet mehr. Der bishe­rige Anbieter des Kabel­fern­sehens Medikom Drei­eich GmbH (Koope­rati­ons­partner von Voda­fone) habe die Leitungen gekappt. Bei Vertrags­abschluss komme sofort ein Tech­niker und stelle den Zugang her. Die Kosten hätten bisher (über die Neben­kosten) bei 8,18 Euro monat­lich gelegen, der jetzige Vertrag würde 17,50 Euro monat­lich kosten. Voda­fone schweige sich aus und habe der Kundin zumin­dest einen mobilen Router für 13 Tage zuge­sandt.

Darauf antwortet ein anderer Leser, Medikom habe schon vor über einem Jahr­zehnt das Neubau­gebiet des Lesers (Einfa­milien-/Reihen­häuser) mit ihrem Kabel "beglückt" und damals schon zusätz­lich zu den (damals noch) Unity­media-Gebühren eine extra Kabel­gebühr haben wollen. Wirt­schaft­lich sei das "absolut unat­traktiv" gewesen und habe dann dazu geführt, dass bei den meisten der ins Haus geführte Kabel­anschluss tot im Keller herum­bau­mele und die meisten mit Sat-Schüssel und DSL vorlieb genommen hätten.

Dreister Fall: Auto­mati­scher Vertrag

Ein beson­ders dreister Fall liegt teltarif.de von einem Bewohner vor, der ein Schreiben der LEG Wohnen NRW GmbH erhalten hatte. Darin schreibt das Unter­nehmen, der Haus­bewohner könne sich "bequem zurück­lehnen" und müsse "selbst keinen eigenen Vertrag abschließen", wenn er die TV-Grund­ver­sor­gung auch nach Juni weiterhin über den Vermieter erhalten wolle.

Man redu­ziere wie vorge­geben ab Juli die Miet­neben­kosten um die TV-Grund­ver­sor­gung. Statt­dessen werde die TV-Grund­ver­sor­gung als neuer, vom Miet­ver­trag unab­hän­giger Vertrag neben dem Miet­ver­trag einge­richtet. Der Betrag werden dann als eigene Posi­tion aufge­führt und abge­rechnet. Die Höhe der Gesamt­miete werde sich dadurch nicht ändern. Als Groß­kunde habe man Mengen­rabatte erhalten, die man an die Bewohner weiter­gebe.

Schließ­lich heißt es, der Bewohner brauche auch gar nichts beim Dauer­auf­trag oder Last­schrift­ver­fahren für die Miet­zah­lung verän­dern. Ledig­lich wenn der Bewohner sich ab Juli selbst um seine TV-Grund­ver­sor­gung kümmern wolle, müsse er den Vertrag bis 30. Juni in Brief­form kündigen.

Die LEG Wohnen NRW GmbH hat dem Bewohner durch dieses Verfahren also auto­matisch ohne seinen erklärten Willen einen Vertrag mit Opt-out-Möglich­keit unter­geschoben. Ob das recht­mäßig ist, darf bezwei­felt werden. Es ist anzu­nehmen, dass Verbrau­cher­schützer sich das juris­tisch genauer anschauen werden.

Anfrage nach Filter­dose abge­lehnt

Ein Leser, der bislang eben­falls ledig­lich Telefon und Internet über das TV-Kabel bezogen hatte, erkun­digte sich bei seiner örtli­chen Verbrau­cher­zen­trale zu der Sache. Von dort erhielt er die Antwort, natür­lich könne er auch weiterhin Internet und Telefon über das Kabel beziehen, ohne das TV-Signal zu nutzen. Hierfür werde eine entspre­chende Filter­dose durch den Anbieter instal­liert. Mit dieser Aussage wandte er sich an Info­city Rostock und bat explizit um die Instal­lation einer derar­tigen Filter­dose in seiner Wohnung.

Doch das lehnte Info­city Rostock rundweg ab. In Rostock sei die Nutzung des Kabel­anschlusses schon immer kosten­pflichtig gewesen, heißt es in der Antwort des Unter­neh­mens. Dieser Anschluss beinhalte auch das Kabel­fern­sehen. Wenn der Kunde weiterhin Produkte nutzen wolle, die einen Kabel­anschluss benö­tigen, wie zum Beispiel die Produkte der Voda­fone, dann komme er um diesen Kabel­anschluss­ver­trag nicht herum. Eine Filte­rung sei in Rostock "keine Alter­native", da info­city der Netz­betreiber sei und nicht Voda­fone.

Eine Einschät­zung (von Alex­ander Kuch)

Die hier zitierten Leser-Rück­mel­dungen sind alle­samt verein­zelte Schlag­lichter auf ein Problem, das gerade erst in seiner ganzen Trag­weite offenbar wird. Eine abschlie­ßende Beur­tei­lung nur aufgrund dieser Fälle ist daher noch nicht möglich.

Die Tendenzen sind aber klar zu erkennen: Für die Betreiber der Netz­ebene 4 ist das Ende des Neben­kos­ten­pri­vilegs eine uner­war­tete Möglich­keit, mit ihren teils sehr alten Koax-Kabel­netzen ohne viel Arbeit plötz­lich mehr Geld zu verdienen. Bei den bishe­rigen Konstruk­tionen mit Abrech­nung über die Miet­neben­kosten haben sie nur wenige Euro pro Mieter erhalten. Dass sie dafür jetzt teils über 17 Euro im Monat verlangen, klingt nach Wucher. Und dass manche Anbieter bei Nicht­bezah­lung sofort abklemmen, ist inzwi­schen eben­falls bekannt.

Beson­ders dreist dürfte aller­dings der Fall eines unter­gescho­benen TV-Grund­ver­sor­gungs­ver­trags ohne jede Bestä­tigung oder Unter­schrift des Haus­bewoh­ners mit Opt-out-Möglich­keit sein. Das Problem dabei ist, dass zahl­reiche bequeme Kunden, die defi­nitiv TV-Kabel weiterhin verwenden wollen, das auch noch als tollen Service betrachten könnten. Doch dem sollte man schon aus Prinzip wider­spre­chen und die Sache an die örtliche Verbrau­cher­zen­trale melden. Von dort stehen juris­tische Einschät­zungen zum Geschäfts­gebaren der NE4-Betreiber noch aus.

Im Rahmen der Abschaf­fung des Neben­kos­ten­pri­vilegs halten also Netz­ebene-4-Betreiber plötz­lich die Hand auf. Doch nur wenige Haus­besitzer wissen: Man kann sie einfach raus­werfen und den Vertrag kündigen.

Die Aufklä­rung scheint gewirkt zu haben: Nach einer neuen Umfrage kann nun mehr als die Hälfte der Deut­schen etwas mit dem Begriff "Neben­kos­ten­pri­vileg" anfangen. Und: Die Hälfte dieser Nutzer würde den Verbrei­tungsweg ändern.

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