Mobilfunk: Hat 1&1 das Potenzial zum Herausforderer?
Wie sieht die Strategie von 1&1-Chef Ralph Dommermuth im Wettbewerb aus?
Foto/Logo: United Internet AG, Montage: teltarif.de
John Legere und Ralph Dommermuth könnten nicht verschiedener sein. Während sich der ehemalige Chef von T-Mobile US stets mit schrill-bunten Auftritten in Szene setzte, ist das bei Dommermuth ganz anders. Selten ist er öffentlich präsent, nur ab und zu äußert er sich in Interviews mit überregionalen Wirtschaftsmedien. Kurzum: Die meisten Deutschen kennen Ralph Dommermuth wahrscheinlich gar nicht oder können sich vorstellen, dass er laut "Forbes" zu den reichsten Menschen der Welt zählt. Diese persönlichen Details mögen auf den ersten Blick unwichtig erscheinen, doch sie lassen gewisse Rückschlüsse auf die DNA eines Unternehmens zu, welches den deutschen Mobilfunkmarkt nachhaltig aufrollen könnte.
Strategie ist entscheidend
Wie sieht die Strategie von 1&1-Chef Ralph Dommermuth im Wettbewerb aus?
Foto/Logo: United Internet AG, Montage: teltarif.de
Es liegt auf der Hand, dass 1&1 mit dem eigenen Mobilfunknetz ein zukunftssicheres Geschäftsmodell schaffen will. Viel interessanter ist aber die Frage, welche Strategie das Unternehmen langfristig verfolgt. Geht es lediglich um die Sicherung von Marktanteilen oder sogar darum, die Branche in ihren Strukturen grundsätzlich neu zu ordnen? Der ökonomische Fachbegriff dafür ist "Disruption". Man kennt das beispielsweise im Bereich von Neobanken aber auch der Telekommunikation.
Womit wir eben wieder beim Thema John Legere und T-Mobile US wären. Er hat als "Enfant terrible" gewachsene Strukturen mit Innovationen im Mobilfunkmarkt aufgebrochen, was vor allem die großen Wettbewerber AT&T und Verizon regelmäßig zu spüren bekamen. Selbst vor wenig schmeichelhaften Beleidigungen wie "Dumb and Dumber" schreckte Legere im Umgang mit der Konkurrenz nicht zurück. Derart gewagt wird Dommermuth eher nicht auftreten, doch sollte man deshalb nicht an seiner Entschlossenheit zweifeln. Er hat schon in der Vergangenheit gezeigt, dass man ihn nicht unterschätzen sollte.
Besonnen, aber schlagkräftig
Seit 1988 hat der gelernte Bankkaufmann 1&1 quasi aus dem Nichts zu einem in Europa führenden, milliardenschweren Telekommunikationskonzern ausgebaut. Das hat zwar entsprechend lange gedauert, wurde aber mit akribischer Konsequenz umgesetzt. Seine Konkurrenten hingegen haben ihn in dieser Zeit belächelt. Womöglich war dies ein Fehler, denn heute muss man 1&1 seinen festen Platz als ernstzunehmender Mitbewerber von Deutscher Telekom, Vodafone sowie Telefónica zusprechen.
Dennoch ist es eher unwahrscheinlich, dass 1&1 mit dem gleichen "Challenger Spirit" wie T-Mobile US in Deutschland auftreten wird. Dommermuth hat immer wieder deutlich gemacht, dass Marktanteile alleine für ihn nicht alles sind. Wirtschaftlichkeit und Investitionen sind für ihn ebenso unabdingbar, was sich auch in der aktuellen Tarifgestaltung von 1&1 widerspiegelt. Diese ist oft nicht schlecht, aber auch nicht herausragend. Vor allem die Kernmarke 1&1 adressiert eher ein Premium-Segment und unterscheidet sich bei Vertragsgestaltung und Konditionen oft gar nicht so sehr von ihren Mitberbern aus Düsseldorf, Bonn und München.
Eine Einschätzung
Auch wenn sicherlich viele Mobilfunkkunden auf den großen Befreiungsschlag warten, sollten die Hoffnungen nicht zu sehr hochgeschraubt werden. Ein 5G-Netz von 1&1 wird den Markt zweifellos beleben, eine "Revolution" wie T-Mobile US wird Ralph Dommermuth aber höchstwahrscheinlich nicht anzetteln. Zumindest deutet seine bisherige Strategie nicht darauf hin. Er geht besonnen Schritt für Schritt im Interesse seines Unternehmens vor, wobei der nachhaltige Erfolg und Wachstum im Mittelpunkt stehen.
Eine Preisschlacht bis auf die letzte Stelle hinter dem Komma dürfte es also auch bei einem flächendeckenden Netzausbau mit 1&1 nicht geben, zumal gerade dieser Ausbau in den nächsten Jahren noch sehr viel Geld verschlingt. Übrigens auch nicht nur aufseiten von United Internet, die quasi bei Null anfangen. Auch die etablierten Netzbetreiber müssen in den kommenden Jahren weiterhin viel Geld in die Hand nehmen, damit der zügige Umstieg auf 5G zum Erfolg wird.
Markenloyalität: Warum Vodafone zu wenige Fans hat.