Navigation

Nokia fischt mit kostenlosen Ovi Maps in fremden Gewässern

Angriff auf den PND-Sektor
Von Marc Thorwartl

Mit der Ankündigung von Nokia, ab sofort die Auto- und Fußgängernavigation zum kostenlosen Download für zehn aktuelle Modelle und ab Produktion im März für alle S60-Geräte mit GPS-Empfänger zur Verfügung zu stellen, sind die Finnen in die Offensive gegangen. Ovi Maps gab es ja bereits schon länger, doch die Bereitschaft der Kunden, das Handy für die tagtägliche Navigation zu nutzen und das Kartenmaterial nur für einen begrenzten Zeitraum freischalten zu lassen, hielt sich in Grenzen. Dem versuchen die Skandinavier jetzt durch die aufgepeppte – und vor allem kostenfreie – Version entgegenzuwirken. Dass es nämlich durchaus einen Markt von Handynutzern gibt, die das Mobiltelefon auch zur Navigation nutzen wollen, beweisen die Download-Zahlen beim iPhone, beispielsweise für die Programme TomTom Navigator oder MobileNavigator von Navigon.

Üppige Ausstattung und Hybridnavigation

Mobile Navigation mit Nokia Maps Mobile Navigation mit Nokia Maps
Bild: Nokia
Die Ausstattung von Ovi Maps braucht den Vergleich zu den oben genannten Programmen keineswegs scheuen. Dank Hybridnavigation fließen aktuelle Verkehrsmeldungen in die Routenberechnung mit ein. Zudem übermittelt jeder Ovi Maps-User anonym Verkehrsflussdaten von seiner Strecke, die dann ebenfalls zur noch schnellern Routenbestimmung mit einbezogen werden. Die Positionierung soll dank A-GPS, GPS und GSM-Zellenbestimmung, sowie zukünftig auch über WLAN noch schneller erfolgen. Bei der Routenführung selbst kommen jetzt auch Text-to-Speech, Lane Assist, Speed-Limiter, Traffic Assist und Lane Viewer zum Einsatz. Zudem gibt es zusätzlichen Content, beispielsweise über Michelin, Facebook oder wcities. Mit Ovi Maps ist die Navigation in 74 Ländern möglich, Kartenmaterial gibt es sogar für 180 Länder.

Einen Schwerpunkt setzt Nokia auf die Fußgängernavigation, die so genannte "Letzte Meile", vom Parkplatz bis zur gewünschten Destination. "Für Fußgänger gelten andere Regeln und Strecken", erklärte Dr. Michael Halbherr, Vizepräsident Ovi-Services bei Nokia, heute auf der Pressekonferenz in Berlin. So werden bei der Streckendarstellung beispielsweise auch Treppen, Fußgängerbrücken und Gehwege angezeigt und in die Streckenführung mit eingegliedert. Dr. Michael Halbherr, Vizepräsident Ovi-Services bei Nokia Dr. Michael Halbherr, Vizepräsident Ovi-Services
Bild: teltarif.de
"Der Nutzer will eine Out-of-the-Box-Lösung mit dem neuesten Kartenmaterial und Software", ist sich Halbherr sicher. Kontraproduktiv würden sich verborgene Kosten – z.B. beim Datentransfer -, sowie Qualitätsmängel und Probleme bei der Zuverlässigkeit auswirken.

Welche Ziele verfolgt Nokia?

Geschätzte fünf Milliarden hat sich Nokia den Kauf von Kartenspezialist Navteq kosten lassen. Kostenintensiv war auch die Entwicklung von Ovi Maps. Weshalb also, bietet Nokia jetzt den Content für Smartphonebesitzer kostenlos an? Zu verschenken hat auch der Mobiltelefongigant nichts. Vielmehr dürfte sich dahinter eine langfristige Strategie verstecken. Potenzielle Käufer mobiler Navigationsgeräte sollen durch die kostenlose Dreingabe der Ovi Maps vom Kauf eines Ansicht mit Nokia Maps Ansicht mit Nokia Maps
Bild: Nokia
PNDs abgehalten werden und lieber zu einem Nokia-Handy greifen. Damit würde Nokia nicht nur mehr Mobiltelefone absetzen, sondern gleichzeitig auch den PND-Markt schrumpfen lassen.

Für die Verkaufsankurbelung spricht auch die Tatsache, dass nicht geplant ist, durch ein Update-Tool ältere S60-Modelle mit Ovi Maps aufzurüsten. Zudem behalten es sich die Finnen vor, zukünftig Werbebanner bei den Zusatzcontents oder auch bei der Navigation mit einzubauen und so zusätzliche Einnahmen zu verzeichnen. Steigende Hardwarekosten sind ebenfalls zu erwarten. Ob diese Preissteigerung durch Subventionen der Mobilfunkbetreiber aufgefangen wird, bleibt abzuwarten. Nokia würde aber mehr Masse generieren. Die Rechnung ist einfach: Lieber etwas mehr Marge bei jedem verkauften Handy, als auf zusätzliche Einnahmen durch vereinzelte Verkäufe von Ovi Maps hoffen.