Spionage

NSA-Abhörserver stehen in Deutschland - Zugriff auf das Telekom-Netz möglich

Der amerikanische Geheimdienst NSA hat sich Zugriff auf Server und Netzwerke der Telekom und weiterer Anbieter verschafft. Das berichtet der Spiegel. Demnach steht in Deutschland ein Abhörserver, der Echtzeitzugriff auf Standorte von Smartphones und Tablets ermöglicht. Das Ausmaß der NSA-Spionage nimmt neue Dimensionen an.
Von Hans-Georg Kluge mit Material von dpa

Die NSA hat sich laut Medienberichten Zugriff auf das Netz der Telekom und anderer Internetanbieter verschafft. Die NSA hat sich laut Medienberichten Zugriff auf das Netz der Telekom und anderer Internetanbieter verschafft.
Bild: dpa
Amerikanische und britische Geheimdienste sollen nach einem Spiegel-Bericht innerhalb deutscher Tele­kommuni­kationsnetze verdeckte Zugänge haben, die ihnen die direkte Überwachung ermöglichen. Betroffen von den Aktivitäten des US-Dienstes NSA und des britischen GCHQ seien die Deutsche Telekom, die regional tätige Firma Netcologne und die Satelliten-Kommunikationsanbieter Stellar, Cetel und IABG, berichtete das Nachrichtenmagazin. Es beruft sich auf Unterlagen des US-Geheimdienstenthüllers Edward Snowden.

Ein NSA-Abhörserver wohl in Deutschland aktiv

Die NSA hat sich laut Medienberichten Zugriff auf das Netz der Telekom und anderer Internetanbieter verschafft. Die NSA hat sich laut Medienberichten Zugriff auf das Netz der Telekom und anderer Internetanbieter verschafft.
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Bisher war unter anderem bekannt, dass der GCHQ, der mit der NSA kooperiert, wohl die zwischen den Kontinenten verlaufenden Glasfaserkabel anzapft, um den Internetverkehr zu überwachen. Nach den neuen Dokumenten sei vorstellbar, dass der Zugriff auch von Deutschland aus erfolge, schrieb der Spiegel. Nach den NSA-Unterlagen stehe von weltweit 13 Servern, die für die NSA den Internetverkehr überwachten, einer in Deutschland: "gut getarnt" und "unauffällig" in einem Datenzentrum.

Bei dem nun eingesehenen Material gehe es um undatierte grafische Ansichten, die mit dem NSA-Programm "Treasure Map" erstellt worden seien, um den weltweiten Internetverkehr zu visualisieren. Darin seien die Telekom und Netcologne namentlich aufgeführt und alle fünf genannten Firmen mit einem roten Punkt markiert, was nach der Bildlegende bedeute, dass es "innerhalb" dieser Netze "Zugangspunkte" für die technische Überwachung gebe.

Treasure Map visualisiert Standorte von Tablets und Smart­phones

Zu dem Programm schreibt das Hamburger Magazin, die Geheimdienstanalysten könnten in "nahezu Echtzeit" auch wichtige Netzverbindungsstellen wie einzelne Router visualisieren - und sogar mit dem Internet verbundene Geräte wie Rechner, Smart­phones und Tablets. Ziel sei es, "jedes Gerät, überall, jederzeit" sichtbar zu machen, zitiert der Spiegel aus einer "Treasure Map"-Präsentation.

Ein anderes Dokument des GCHQ soll dem Spiegel zufolge eine Reihe von Stellar-Mitarbeitern namentlich als Zielpersonen auflisten und auch Kennworte für die Server von Stellar-Kunden enthalten.

E-Mail made in Germany

Sollten die jetzt bekannt gewordenen Informationen zutreffen, stehen Programmen wie E-Mail Made in Germany vor schweren Zeiten. Im Rahmen des Programms haben Firmen wie 1&1 und Telekom vereinbart, E-Mails nur verschlüsselt untereinander zu übertragen. Sollten Geheimdienste Zugriff auf die Netzwerke der beteiligten Firmen haben, so nützt die beste Verschlüsselung während des Versands nichts. Echte Sicherheit können nur Verfahren bringen, die die sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung einsetzen. Wie Sie Ihre E-Mail-Kommunikation vor neugierigen Blicken schützen, haben wir in unserem Ratgeber zur E-Mail-Verschlüsselung vorgestellt. Auch Daten bei Online-Speichern liegen auf den Servern der Anbieter nur dann sicher, wenn sie auf den Rechnern der Kunden verschlüsselt wurden. Geeignete Software - zum Beispiel Boxcryptor - kann diese Fähigkeit nachrüsten.

Telekom arbeite mit Bundesamt für Sicherheit zusammen

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) teilte der Nachrichtenagentur dpa mit, es sei ebenso wie das Bundesamt für Verfassungsschutz von der Telekom informiert worden. "Bei solchen Dingen arbeiten Sicherheitsbehörden zusammen", erklärte ein Sprecher in Bonn. Man sei dabei, zunächst die Situation zu analysieren. Bisher gebe es aber noch keine Ergebnisse. Zunächst müsse unter anderem der technische Sachverhalt geklärt werden.

NSA und GCHQ wollten sich nach "Spiegel"-Angaben nicht äußern. Stellar-Geschäftsführer Christian Steffen sagte dem Blatt: "Ein solcher Cyberangriff ist nach deutschem Recht eindeutig strafbar." Telekom und Netcologne teilten dem "Spiegel" mit, den Vorwürfen nachgegangen zu sein, aber weder verdächtige Vorrichtungen noch solchen Datenverkehr festgestellt zu haben.

Inzwischen hat die Telekom den Bericht zurückgewiesen. Es gebe keine Hinweise auf einen Einbruch durch die NSA, sagt ein Telekom-Sprecher. Was er zur Sicherheit der Netze zu sagen hat, haben wir in einer zweiten Meldung zusammengefasst.

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