Wie früher

Retro-Festnetztelefon mit mechanischer Wählscheibe im Test (Update)

Mogelpackung: Mechanische Klingel vorhanden, aber abgeklemmt
Von

In einem ersten Test des Callstel-Festnetztelefon erfreuten wir uns am altertümlichen Schnurren der Wählscheibe, die auch ungefähr denselben Widerstand beim Drehen hat wie alte Telefone. Allerdings ist es wichtig zu wissen, dass beim Wählen die Scheibe so weit gedreht werden muss, dass der R-Schalter betätigt wird - ansonsten "zählt" die Nummer nicht. Selbstverständlich wählt das Telefon über das Tonwahlverfahren und nicht per Puls­wahl­ver­fahren. "Komfortmerkmale" wie Display oder Telefonbuchspeicher gibt es nicht. Beim Wählen muss der Wählschalter betätigt werden, damit die Nummer zählt Beim Wählen muss der Wählschalter betätigt werden, damit die Nummer "zählt"
Foto: teltarif.de

Pearl weist schon in der Produktbeschreibung darauf hin, dass das Telefon viele im Festnetz üblichen Komfortmerkmale nicht unterstützt. Die Vermittlungs- beziehungsweise Rückfrage-Funktion im Nebenstellen-Anlagenbetrieb ist nicht vorhanden. Der R-Schalter verfügt also nicht über die Funktion einer R-Taste, sondern ist hauptsächlich ein "Bestätigungs­kontakt" für die Ziffern. Zusätzlich dient er für die Wahl­wieder­holung - gespeichert wird lediglich die zuletzt gewählte Nummer. Um diese anzuwählen muss der Hörer abgehoben und der R-Schalter betätigt werden, ohne vorher eine Nummer zu wählen.

Gut gelungen ist aus unserer Sicht die Sprachqualität: Da die ganze Kommunikation kabelgebunden und nicht über Funk stattfindet, empfinden wir die Sprachwiedergabe als deutlich besser, natürlicher und rauschärmer als bei den zuvor getesteten DECT-Telefonen simvalley Retro-DECT und simvalley FNT-1060.komfort.

Mogelpackung: Mechanische Klingel ist zwar vorhanden, aber abgeklemmt

Unterseite mit Anschlüssen für Hörer und Telefonkabel Unterseite mit Anschlüssen für Hörer und Telefonkabel
Foto: teltarif.de
Besonders gefreut hatten wir uns auf die akustische Anrufsignalisierung: "Das Klingeln dieses Apparats ist eine Liebeserklärung an die gute alte Zeit", schreibt Pearl in der Produktbeschreibung. Genährt wurde diese Vorfreude durch einen Aufdruck auf der Kartonverpackung: "Klangvolle mechanische Klingel mit zwei Einstellungen". Schon beim Auspacken des Telefons hörten wir beim Schütteln des Telefons den Hauch eines verheißungsvollen Klingelns.

Doch nachdem wir das Telefon angeschlossen hatten und die Numemr wählten, folgte die Ernüchterung: Was wir hörten, war keine mechanische Glocke, sondern ein (ausreichend lauter, nicht einstellbarer) elektronischer Klingelton, wie er beispielsweise oft in Arztpraxen an der Rezeption ertönt. Von einem Wahlschalter zur Umschaltung des Telefons fehlte jede Spur.

Also schraubten wir das Telefon auf der Bodenseite auf und entfernten die Abdeckung. Als erstes erhielten wir eine Erklärung dafür, warum die Wählscheibe manchmal nur etwas holperig zu bedienen war: Zwei Flachbandkabel zur Verbindung von Wählscheibe und Hörerkontakt mit der Platine hingen frei "im Raum" und verhakten sich manchmal in der Unterseite der Wählscheibe. Mogelpackung: Die mechanische Klingel war abgeklemmt Mogelpackung: Die mechanische Klingel war abgeklemmt
Foto: teltarif.de

In einer durch einen Deckel verschlossenen Halterung fanden wir tatsächlich die mechanische Klingel - doch die Kabel­ver­bindung zu ihrem Motor war abgetrennt. Das Kabel führte stattdessen zum Pieper, der den elektronischen Klingelton erzeugt. Eine Umschaltmöglichkeit war nicht vorhanden - um die mechanische Klingel benutzen zu können, werden wir wohl oder übel einen Lötkolben in die Hand nehmen müssen. In akustischer Hinsicht müssen wir das Telefon also leider als Mogelpackung einstufen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Telefon seine Funktion als Standalone-Festnetztelefon souverän, aber ohne modernen Komfort erfüllt und beim Design durchaus nostalgische Gefühle wecken kann. Lediglich den Schnitzer mit der mechanischen Klingel sollte Pearl rückgängig machen und den Retro-Charakter damit endgültig wiederherstellen - am besten mit einem Wählschalter für den Klingelton.

Update 12.03., 11:40 Uhr: Klingel umgelötet - doch zu wenig Energie

Nach unserem Bericht haben uns viele Zuschriften von Lesern erreicht, die wissen wollten, ob sich die mechanische Klingel im Retro-Festnetztelefon nicht doch aktivieren lässt. Also haben wir heute den Lötkolben herausgekramt, den elektronischen Pieper abgetrennt und die mechanische Klingel wieder angelötet.

Doch bei mehreren anschließenden Testanrufen blieb das Telefon stumm. Die vom Telefonnetz gelieferte Energie reicht also nicht aus, um die Klingel in Gang zu setzen. Auch eine testweise an die Glocke gehaltene 1,5-Volt-Batterie konnte diese nicht zum Erklingen bringen.

Inzwischen hat uns auch Pearl bestätigt, dass dies der Grund für die Abtrennung der Klingel war: "Die mechanische Klingel musste leider aufgrund technischer Vorgaben der Telefonleitung abgeklemmt und durch ein digitales Soundmodul ersetzt werden", äußerte ein Sprecher gegenüber teltarif.de. Um die Klingel tatsächlich nutzen zu können, wären also größere technische Umbauten mit einem Netzteil oder einer Stützbatterie notwendig.

Mehr zum Thema PEARL