WarnerMedia: Hat sich der Ausstieg von AT&T gelohnt?
Erst 2016 fädelte der damalige AT&T-Chef Randall Stephenson die Übernahme von Time Warner ein
Foto: Mike Cohen
Eigentlich gilt die AT&T-Aktie seit Jahrzehnten als solides Investment. Vor allem zahlreiche amerikanische Kleinanleger haben ihr Gespartes in Beteiligungen am US-Telekommunikationskonzern geparkt, schließlich spielt die Altersvorsorge mit Wertpapieren jenseits des Atlantiks eine noch viel größere Rolle als in Deutschland. Doch ihr Vertrauen in AT&T könnte vielen Privatinvestoren auch hierzulande nun zum Verhängnis werden, denn die Trennung von WarnerMedia hat offenbar schon jetzt gravierende finanzielle Konsequenzen.
Telekommunikation ist kein Blockbuster
Erst 2016 fädelte der damalige AT&T-Chef Randall Stephenson die Übernahme von Time Warner ein
Foto: Mike Cohen
Durch die Abspaltung vom Mediengeschäft wird AT&T wieder ein klassischer Telekommunikationskonzern mit Schwerpunkten auf Breitband und Mobilfunk. Im Prinzip handelt es sich also um genau die Firma, welche vor CEO Randall Stephenson existierte. Für den Kapitalmarkt ist diese Rolle rückwärts allerdings mit erheblichen Auswirkungen verbunden, denn AT&T hatte seinerzeit 85 Milliarden US-Dollar für Time Warner auf den Tisch gelegt. Mittlerweile ist der Konzern aber auch noch hoch verschuldet und musste sich von weiteren Beteiligungen ganz oder teilweise trennen.
Dazu gehört beispielsweise auch die Satellitenfernsehen-Sparte "DirecTV", welche zu einem Kaufpreis von 48,5 Milliarden US-Dollar nicht gerade als Schnäppchen in die Bilanz des Branchenprimus aufgenommen wurde. Mit den genannten Abverkäufen werden nun Schulden getilgt und es sollen wieder liquide Mittel für Glasfaser und Mobilfunk zur Verfügung stehen. Das ist auch dringend nötig, denn in den USA sitzt AT&T ebenso die Telekom-Tochter T-Mobile US im Nacken. Deren Chef Mike Sievert hat es neben Privatkunden auch auf das lukrative US-Firmenkundengeschäft abgesehen und könnte AT&T entsprechend Marktanteile abjagen.
Aktie bricht ein
Ausbaden müssen das aktuelle Chaos nun vor allem AT&T-Aktionäre. Sie sollen zwar mit rund 70 Prozent am fusionierten Unternehmen aus WarnerMedia und Discovery beteiligt werden, doch was diese Investition am Ende wirklich wert ist, steht noch in den Sternen. Wahrscheinlich gibt es aber keine Dividende, und als ob das noch nicht genug wäre, wird auch AT&T selbst nun seine Ausschüttung voraussichtlich um 50 Prozent senken. Das bedeutet konkret: Wegen WarnerMedia sind nun womöglich sogar viele US-Rentenzahlungen für Einkommensinvestoren in Gefahr, weil der Cashflow von WarnerMedia aus den Bilanzen von AT&T verschwindet.
Trotz Kritik rechtfertigte sich CEO John Stankey für den Kurswechsel und unterstrich dies nochmals im Rahmen der JP Morgan Global Technology, Media and Communications Conference. So habe AT&T schlicht nicht die erforderliche globale Reichweite, um einen weltweiten Streaming-Dienst mit WarnerMedia zu betreiben. Sicherlich dürfte auch die Corona-Pandemie noch dazu beigetragen haben, dass eine Entscheidung aus wirtschaftlichen Gründen nun noch schneller gefallen ist.
Ist Streaming noch finanzierbar?
Zwar führt Stankey in erster Linie strategische Gründe für eine Abspaltung von WarnerMedia an, es bleibt aber mindestens ein fader Beigeschmack. Wenn sogar ein milliardenschwerer US-Telekommunikationskonzern wie AT&T kein Mediengeschäft skalieren kann, wer bleibt dann noch übrig? Welche Firmen abseits von Disney und Amazon wollen sich nun überhaupt noch aufs Spielfeld wagen? Selbst beim Unterhaltungsriesen ViacomCBS gibt es mittlerweile Übernahmespekulationen und auch Apple wird nachgesagt, dass sie kein Interesse mehr am Thema Streaming haben.
Am Ende bleiben bestenfalls nur noch eine Handvoll Anbieter übrig, welche dann über ihre Inhalte die Preise diktieren. Mit günstigem Streaming für unter zehn Euro im Monat ist es dann womöglich schnell vorbei. Entsprechende Auswirkungen sieht man bereits jetzt: So erhöht Netflix regelmäßig die Preise und auch bei Disney+ soll es wohl schon sehr bald teurer werden. Außerdem kann man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass auch Amazon sich die knapp 8,5 Milliarden US-Dollar für den Kauf von MGM bei seinen Kunden zurückholt.
In einem weiteren Artikel berichteten wir, dass der Streaming-Dienst HBO Max einen globalen Start plant.