Analyst: "Apple hat Interesse an Streaming verloren"
"The Morning Show" mit Jennifer Aniston (l.) und Reese Witherspoon gehörte 2019 zu den Premieren auf Apple TV+
Foto: Apple
Die Meldung hat durchaus Sprengkraft für die gesamte Medienbranche. Im Rahmen des "Freeview Outside the box"-Events äußerte sich Analyst und Branchenexperte Benedict Evans über potenzielle Pläne von Apple im TV-Geschäft. Er geht davon aus, dass der Tech-Konzern das Interesse insbesondere im Bereich Content-Produktion verloren hat, berichtet Digital TV Europe. Doch was würde ein solcher Strategieschwenk für die gesamte Branche bedeuten?
Hohe Investitionen
"The Morning Show" mit Jennifer Aniston (l.) und Reese Witherspoon gehörte 2019 zu den Premieren auf Apple TV+
Foto: Apple
Der Aufbau eines Streaming-Dienstes wie Apple TV+ ist zunächst sehr teuer, insbesondere weil Apple von Anfang an auf qualitativ hochwertige Eigenproduktionen setzen wollte. Schon früh hatte Tim Cook deshalb wohl eingesehen, dass man im scharfen Wettbewerb mit Disney, Netflix und Warner womöglich den Kürzeren zieht. Demnach sah sich Apple gezwungen, den ehemaligen HBO-Chef Richard Plepler für seinen Streamer an Bord zu holen.
Der Medienmanager sollte bei exklusiven Serien und Filmen für Nachschub sorgen, doch noch immer ist der Katalog von Apple TV+ im Gegensatz zur Konkurrenz recht überschaubar. Ob der Start eines eigenen Streamers überhaupt das primäre Ziel von Apple-CEO Tim Cook war, ist allerdings eine zentrale Frage. In den vergangenen Jahren kamen immer wieder Diskussionen über eine mögliche Übernahme von Netflix durch Apple auf, die allerdings aufgrund des hohen Kaufpreises unrealistisch erschien. Trotz hoher Barreserven wäre auch für Apple ein Einstieg beim Streamer aus Los Gatos nicht zum Schnäppchen geworden.
Kein Nutzen für eigene Inhalte
Letztendlich ist Apple primär ein Hersteller von Hard- und Software. Für den Tech-Konzern macht es wenig Sinn, wie Disney oder Netflix viele Milliarden Dollar pro Jahr in eigene Hollywood-Produktionen zu investieren. Sie sind schlicht kein nachhaltiges Asset und das Unternehmen verdient auch ohne Streaming gutes Geld. Wichtig seien eigene Inhalte aus Sicht von Evans hingegen vor allem für Jeff Bezos: "Amazon hat ein großes Abonnentengeschäft, welches gepflegt werden muss und weiter wachsen soll". Hier gehe es um ein attraktives Bundle mit der Prime-Mitgliedschaft.
Deshalb ergibt eine potenzielle Übernahme von MGM durch Amazon auch nachhaltigen Sinn, bilanziert der Analyst: "Sie würden sich dann zu einem wahren Rivalen von Netflix entwickeln". Die Frage ist nun, ob Apple so weit gehen würde, den eigenen Dienst wieder einzustellen. Wahrscheinlich ist dies nicht, denn dafür ist bereits zu viel Geld in das Produkt geflossen, außerdem wollen auch Apple-Kunden sicherlich weiterhin entsprechende Filme und Serien auf ihren iPhones, Macbooks oder eben dem Apple TV nutzen.
Zeit der Marktbereinigung
Im Augenblick ist der Streaming-Markt extrem in Bewegung. Mit dem geplanten Zusammenschluss von WarnerMedia und Discovery stehen auch andere Anbieter unter Druck, um noch in der ersten Liga mitspielen zu können. Tim Cook muss deshalb nun Nägel mit Köpfen machen: Entweder Apple bleibt weiterhin im Geschäft, dann ist die Investition großer Summen unvermeidbar. Ohne eigene Produktionskapazitäten ist die Chance auf Erfolg langfristig gleich Null.
Wahrscheinlicher ist aber eher, dass man sich wie AT&T am Spielfeldrand positioniert und Apple TV+ nur noch ein Add-On für Apple-Kunden wird. Vermutlich bemüht man sich deshalb eher um Lizenzinhalte, statt für sehr viel Geld eigene Filme und Serien zu produzieren. Allerdings wäre dann die Exklusivität und Qualität von Apple TV+ dahin. Ob das wiederum zum Geschäftsmodell des Unternehmens passt, ist definitiv mehr als fraglich.
Apple setzt für seinen Streaming-Dienst bereits auf die Kooperation mit Filmstudios.