Übernahme

Google darf Motorola übernehmen - unter Beobachtung

Übernahme soll Patent-Arsenal hinter Android stärken
Von Rita Deutschbein mit Material von dpa

Google darf Motorola übernehmen - unter Beobachtung Google übernimmt Motorola
Bild: Google, Motorola / Montage: teltarif.de
Nach ausführlicher Prüfung haben EU-Kommission und US-Wettbewerbshüter der Übernahme des Mobilfunk-Pioniers Motorola durch den Internet-Riesen Google zugestimmt. Zugleich warnten sie, dass sie den Umgang mit wichtigen Motorola-Patenten, ohne die heute kein Smartphone oder Tablet mehr auskommen, aufmerksam beobachten werden. Sie wollen verhindern, dass die sogenannten FRAND-Patente als Waffe in den aktuellen Patentkriegen in der Branche eingesetzt werden.

Google darf Motorola übernehmen - unter Beobachtung Google übernimmt Motorola
Bild: Google, Motorola / Montage: teltarif.de
Das US-Justizministerium billigte wohl nicht zufällig im selben Atemzug auch den Kauf großer Patentpakete durch Google-Rivalen. So übernehmen Apple, Microsoft und der Blackberry-Anbieter RIM Patente des insolventen Netzwerk-Ausrüsters Nortel. Und Apple wurde der Kauf von Patenten des Software-Spezialisten Novell erlaubt.

Stärkeres Patent-Arsenal hinter Android

Die Übernahme von Motorola kostet Google 12,5 Milliarden Dollar - eine Investition, die nach eigenen Angaben das Patent-Arsenal hinter dem hauseigenen Smartphone- und Tablet-Betriebssystem Android stärken soll. Obwohl Android an der Spitze der mobilen Betriebssysteme steht, wurde es gerade in den vergangen Monaten stark von Patentklagen der Konkurrenten Apple und Microsoft gebeutelt. Motorola bringt als Mobilfunk-Pionier eine riesige Schatztruhe aus rund 17 000 Patenten und 6 800 Patentanträgen mit. Hunderte davon gehören zum Grundstock von Standards wie UMTS.

Ohne diese Patente seien nach Ansicht der zuständigen Gremien die heute gängigen Technologien gar nicht umsetzbar. Aus diesem Grund gelten für solche Standard-Patente besondere Regeln bei der Lizenzvergabe. Sie sind unter der Abkürzung FRAND bekannt - Fair, Reasonable and Non-Discriminatory. Also: Der vom Patenthalter geforderte Preis für die Nutzung muss fair, angemessen und nicht diskriminierend sein.

Diese FRAND-Patente sind aber auch schon immer wieder in den aktuellen Patent-Streitereien zum Einsatz gekommen. Erst kürzlich ließ Motorola nach einem Urteil des Landgerichts Mannheim den Online-Verkauf einiger Modelle von Apples iPhone und iPad-Tablet in Deutschland wegen der Verletzung eines Patents für den GPRS-Funkstandard stoppen. Erst das Oberlandesgericht Karlsruhe als Berufungsinstanz setzte das Verkaufsverbot vorläufig aus. Motorola hat aber auch die deutsche Tochter im Visier, die die Apple-Stores in den Innenstädten betreibt.

Entscheidende Fragen der EU-Kommission

Die EU-Kommission ging bei ihrer Prüfung zum einen der Frage nach, ob Google mit der Übernahme von Motorola den Zugang anderer Smartphone-Hersteller zu Android einschränken würde. Da die Google-Dienste aber generell von einer Ausbreitung der Android-Plattform profitieren, hielten die Brüsseler Kartellwächter dies für wenig wahrscheinlich. Zumal Motorola vom Marktanteil her deutlich kleiner sei als Samsung oder HTC. Zum anderen glaubt die EU-Kommission nicht, dass Google mit den Motorola-Patenten eine Vorzugsbehandlung seiner Dienste erreichen könnte.

Trotz des Vertrauens, das die Wettbewerbshüter in Google gesetzt haben, waren sie sich auch einig, das Unternehmen im Auge behalten zu wollen. Google habe sich vergleichsweise "vieldeutig" geäußert, was die Lizenzierung der Patente an Dritte angehe, monierte das US-Justizministerium. "Die Behörde wird nicht zögern, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den wettbewerbswidrigen Einsatz von grundlegenden Patenten (SEP) zu unterbinden."

In der Vergangenheit hat die EU-Kommission bereits gezeigt, dass sie nicht zögert, hart durchzugreifen: Ziel der Maßregelung war der koreanische Konzern Samsung, der in seinem Rechtsstreit mit Apple auch Patente einsetzt, die zum Kernstock von Standards gehören. Google versicherte zuletzt ausdrücklich, dass der Konzern den Zugang zu Motorola-Patenten nicht einschränken werde. Den von Apple vorgeschlagenen Verzicht auf Verkaufsverbote auf Grundlage von grundlegenden Standard-Patenten unterstützte Google im Gegensatz zu Microsoft oder dem Netzwerk-Ausrüster Cisco aber nicht.

Die Patent-Auktionen der Konkurrenz

Bei Nortel übernimmt die Koalition aus Apple, Microsoft und RIM rund 6 000 Patente, von denen viele ebenfalls zum Grundstock von Standards gehören. Auch Google war an dem Paket interessiert, zog bei der Auktion mit einem Schlusspreis von 4,5 Milliarden Dollar aber irgendwann nicht mehr mit. Seinerzeit wurde gemunkelt, Apple und Co hätten die Patente vor allem gekauft, damit Google sie nicht kriegt. Der Internet-Konzern fädelte wenig später die Motorola-Übernahme ein.

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