BNetzA: Regeln zur Ermittlung erschwinglicher Preise (Update)
Was darf ein Telekommunikationsanschluss kosten, welche "Leistung" muss er bringen? Fragen, die sich teltarif.de-Leser täglich stellen. Die Bundesnetzagentur hat nun "Grundsätze zur Ermittlung erschwinglicher Preise für Telekommunikationsdienste" vorgestellt.
Heute hat die Bundesnetzagentur Grundsätze zur Ermittlung erschwinglicher Preise für Telekommunikationsdienste an einem festen Standort (= Festnetzanschluss) veröffentlicht. Mit diesen Grundsätzen zur Ermittlung erschwinglicher Preise soll sichergestellt werden, dass den Verbrauchern ein "Mindestangebot an Telekommunikationsdiensten zu einem erschwinglichen Preis angeboten" wird.
Grundversorgung mit Telekommunikationsdiensten
Wie teuer darf ein erschwinglicher TK-Anschluss sein? Das muss die Bundesnetzagentur herausfinden.
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Seit Inkrafttreten des neuen Telekommunikationsgesetzes am 1. Dezember 2021 hat der Nutzer ein Recht auf "Versorgung mit Telekommunikationsdiensten zu einem erschwinglichen Preis an einem festen Standort". Dabei geht es konkret um Sprachkommunikationsdienste (= Telefonie) und einem Internetzugangsdienst zu einem "erschwinglichen Preis für eine angemessene soziale und wirtschaftliche Teilhabe".
Diese Grundsätze gelten für Telekommunikationsdienste an einem festen Standort (also Festnetz, kein beweglicher Mobilfunk), einschließlich des hierfür notwendigen Anschlusses an ein öffentliches Telekommunikationsnetz (also eine Leitung aus Kupfer und/oder Glasfaser) in die Wohnung des Kunden. Eine Mobilfunklösung ist wohl möglich, wenn der Kunde an seinem Wohnort bleibt.
Ermittlung erschwinglicher Preise
Nicht im Gesetz steht, wie hoch dieser Preis (maximal) sein darf oder muss. Für die Ermittlung erschwinglicher Preise wird der bundesweite Durchschnitt von Preisen für Produkte herangezogen, die mit einer Grundversorgung vergleichbar sind, sagt die Netzagentur.
Was ein "erschwinglicher monatlicher Preis" ist, errechnet sich aus den "Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Betrieb der Telekommunikationseinrichtung, die über das übliche Maß hinausgehen." Dies können zum Beispiel Stromkosten sein, die bei dem Betrieb einer Satellitenfunkschüssel auftreten. Beispielsweise beim SpaceLink-Angebot von Elon Musk wurde ein relativ hoher Stromverbrauch beobachtet.
Um den erschwinglichen Preis herauszufinden, kann der durchschnittliche Preis von Anschlüssen im jeweiligen Landkreis als Referenz herangezogen werden. Das bedeutet, regionale Besonderheiten fließen in die Rechnung mit ein, oder andersherum: Irgendwo "auf dem Land" könnte ein Anschluss einen anderen Preis kosten, also in der Großstadt, wo sich zig Anbieter um die Kunden "streiten".
Die Preise für Telekommunikationsdienste, einschließlich des hierfür notwendigen Anschlusses, die im Zuge der Grundversorgung erbracht werden, sollen die Preise von auf dem Markt angebotenen vergleichbaren Produkten nicht überschreiten.
Vorgaben für Mindestversorgung
Wie schon berichtet, wurden die Mindestanforderungen für Sprachkommunikationsdienste sowie für den Internetzugangsdienst in der Telekommunikationsmindestversorgungsverordnung festgelegt, die zum 1. Juni dieses Jahres in Kraft getreten ist.
Alle Informationen sind auf der Webseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht.
Was bedeutet das nun in Euro und Cent?
Liest man sich in die verlinkten Dokumente ein, ist die Bundesnetzagentur gerade dabei, die Preise technologieneutral zu ermitteln. Dabei wird auch geschaut, wie viele Kunden Glasfaser- und wie viele Kupfer-Anschlüsse nutzen. Daraus wird dann ein Mittelpreis und mit "interessierten Kreisen" diskutiert. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wird es dann konkretere Infos geben.
Möglicherweise wird das Gesetz den "Sozialtarif" wiederbeleben, wie ihn die Deutsche Bundespost Telekom angeboten hat. Vielleicht "trauen" sich auch Anbieter im Wettbewerb zur Deutschen Telekom einen solchen Tarif aufzulegen. Um den zu bekommen, müssten dann Nachweise über die Bedürftigkeit (z.B. "Hartz-IV-Bescheid oder Befreiung von der Rundfunkgebühr) beigebracht werden.
Blick über die Grenzen
In Österreich offeriert der Mobilfunk-Discounter "spusu" einen solchen Sozial-Tarif. Die Eckdaten dürften deutschen Tarifmanagern schlaflose Nächte bereiten: Im kostenlosen (!) Tarif sind monatlich 15 GB Daten, 1000 Minuten (Telefonie) und 500 SMS enthalten, wobei 10 GB auch im EU-Roaming gelten. Nicht verbrauchte Minuten, SMS oder Daten können in Folgemonate übernommen werden (trans.fair). Voraussetzung ist ein sogenannter "GIS-Bescheid" (vom Prinzip der deutschen Rundfunkgebührenbefreiung vergleichbar, Haushalts-Nettoeinkommensgrenzen bei einer Person 1.154,15 Euro, bei zwei Personen 1.820,80 Euro - für jede weitere Person 178,08 Euro). Ohne Nachweis kostet dieser Tarif 12 Euro im Monat.
Das spusu-Angebot ist wohlgemerkt ein Mobilfunkangebot. Bei den Regeln der deutschen Bundesnetzagentur geht es aktuell um einen "erschwinglichen" Festnetztarif.
Update: Buglas und BREKO nehmen Stellung
Inzwischen habe sich erste Branchenverbände zu Wort gemeldet. Der Bundesverband Glasfaser (Buglas) findet die Idee gerechtfertigt, kritisiert aber, alleine auf die Marktpreise zu schauen, weil das den "hohen Wettbewerbsdruck" nicht berücksichtige. Der Marktpreis könne erheblich unter dem erschwinglichen Niveau liegen. Das vor Ort herrschende Einkommensniveau solle berücksichtigt werden. Sprich, wenn ein "armer" Mensch in eine "reiche" Gegend ziehen sollte, müsste er möglicherweise mehr bezahlen.
Die Kritik des Bundesverbandes Breitbandkommunikation (BREKO) ist differenzierter: Es müssten bei der "Nachrüstung" auf die Mindestgeschwindigkeit auch Anbieter berücksichtig werden können, die nur Glasfaser ausbauen, was dann aber teurer als eine Kupferleitung sei, sprich, hier müsste der Staat mehr Fördergelder bereitstellen.
Außerdem möchte der BREKO dass auch die Option "erdnahe und besonders leistungsstarke Satellitennetzwerke" wie Starlink – mit einbezogen werden können, nur sind die relativ teuer. Damit ließen sich aber schlecht versorgte Bürgern schneller mit den gesetzlich geforderten Minimalbandbreiten versorgt werden. Damit sollen technisch aufwendige und zeitraubende Baumaßnahmen in abgelegenen Gebieten vermieden werden, die den wesentlich lukrativeren Ausbau in anderen Regionen verzögern würden.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der Gesetzgeber hat richtig erkannt, dass für eine Teilhabe am digitalen gesellschaftlichen Leben ein Zugang zu Telefon und Internet notwendig ist. Die spannende Frage ist nun, wie das im Details ausgestaltet werden wird. Wie wird der "erschwingliche" Preis definiert? Müssen alle oder nur bestimmte (marktführende) TK-Anbieter den Mitbürgern mit einem entsprechenden Einkommensnachweis ein besonderes Sozial-Angebot machen?
Bis konkrete Beschlüsse gefasst werden, kann es noch dauern. Bis dahin empfehlen wir unseren Tarifvergleich, um die TK-Kosten nicht höher als unbedingt notwendig werden zu lassen.