Einkauf im Handy-Shop: Tipps und Tricks eines Insiders
Manche Verkäufer in Handyshops meinen es zu gut, bzw. stehen unter massivem Verkaufsdruck, weil sie nur von Provisionen leben.
Foto: Vodafone
Wir haben über die Geschichte zweier Rentnerinnen berichtet, die in einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen in einem sogenannten Vodafone-Partnershop zu vielen Verträgen und Geräten "überredet" wurden, deren Tragweite und Kosten sie gar nicht überschauen konnten. Ist das ein besonders krasser Einzelfall? Leider nein.
Wir haben uns in der Branche umgehört und erfuhren, dass dieser Shop in der NRW-Kleinstadt kein unbeschriebenes Blatt sei. Betrieben werde er von einer GmbH, die mehrere Shops steuert und einen Exklusiv-"Partner"-Vertrag mit dem Netzbetreiber Vodafone hat. Das bedeutet, in diesen Partner-Shops dürfen nur Produkte von Vodafone verkauft werden. Der Vertrag gibt das Recht, das Logo von Vodafone auf dem Ladenschild, der Ladenausstattung und dem Briefpapier zu nutzen. Hier habe es, so erklärte es uns der erfahrene Szenekenner, schon öfters denkwürdige Vorfälle gegeben.
Psychologisches Verkaufsverhör
Manche Verkäufer in Handyshops meinen es zu gut, bzw. stehen unter massivem Verkaufsdruck, weil sie nur von Provisionen leben.
Foto: Vodafone
Die Verkäufer seien regelrecht darauf geschult, bei älteren Kunden durch geschickte Fragetechnik herauszufinden, ob sie alleinstehend sind oder ob sie noch Freunde und Verwandte haben, die ihnen bei finanziellen oder rechtlichen Dingen zur Seite stehen könnten. Sollte das nicht der Fall sein, heiße es "Feuer frei".
Handy-Shops stehen unter erheblichem Erfolgsdruck, ihre Einnahmen erzielen sie nur aus Provisionen von neu verkauften oder geschalteten Verträgen und Zusatzdienstleitungen. Darum sind sie erpicht darauf, dem jeweiligen Kunden maximal viel zu verkaufen: Die Uhr für 1 Euro, das Tablet für 249 Euro und so weiter. Die Refinanzierung erfolgt dabei über neue Verträge, für die es stattliche Provisionen gibt, sodass nach Abzug der Hardwarekosten noch etwas für den Shopbetreiber übrig bleibt.
Verkauf an Unbekannte?
Wenn Not am Kunden ist, würden auch mal auf "Unbekannte", nicht im Laden anwesende Kunden, neue Produkte oder Geräte gebucht, in der Hoffnung, dass es der betroffene Kunde oder die Kundin nicht merken. Diese Geräte ließen sich gut "unter der Hand" verkaufen. Auch könne es sein, dass ein Kunde ein Gerät "kaufe", es wieder "zurückgebe" (das Gerät hat in Wahrheit den Laden nie verlassen), und danach werde das Gerät nochmal verkauft, diesmal zu Gunsten des Shops.
Wenn die Geschichte auffalle und sich Kunde nur deutlich genug gegen falsche Rechnungen wehren, könne das auch mit dem Ausdruck größten Bedauerns zurückgebucht und gutgeschrieben werden. Dabei erlaube die Kundenverwaltungs- und Abrechnungs-Software von Vodafone, dass der Händler dem Kunden seinen Tarif nach unten korrigieren könne, die erhaltene Provision aber nicht zurückgezahlt werden müsse.
Auch sei es für gewissenlose Händler möglich, ganze Stadtviertel im System abzufragen, wo Vodafone-Kunden leben und denen neue Produkte oder Funktionen zu aktivieren, ohne je eine Unterschrift oder ein OK der Kunden erhalten zu haben.
Datenabfluss ohne Wissen der Kunden?
Wenn ein Kunde sich ein neues Gerät nach einer Online-Bestellung in den Shop liefern lasse, würden Reisepass/Personalausweis oder EC-Karte kopiert, um für künftige Vorfälle passende Daten zu haben, gleichzeitig würden Online-Kunden (mit weitreichenden Rücktrittsrechten) in Shop-Kunden umgewandelt, ohne Wissen oder Einverständnis.
Vodafone hat sich von einigen Betreibern getrennt
Nachdem einige Fälle doch zu "wild" geworden seien, habe sich Vodafone von diversen Shop-Betreibern getrennt, so der Insider. Bei den in Frage kommenden Standorten seien neue Firmen "eingezogen", die teilweise jedoch "interessante Verbindungen" zu den Vorgängern hätten.
Auch Telefónica (o2) betroffen?
Das Ziel dieser Unternehmen sei klar: Maximal viele Karten und Produkte zu schalten und möglichst viel Provisionen einzunehmen. Neben den übervorteilten Kunden hätten diese Händler Vodafone und neuerdings auch o2 stark geschädigt.
Bei Vodafone beispielsweise, wirft der Insider ein, habe man aber die meisten Fälle ohne großes Aufsehen "bereinigt". Die Lücken in der Software seien teilweise noch vorhanden oder es seien neue Sonderfunktionen eingebaut worden, die nur Eingeweihten bekannt seien.
Was können Betroffene tun?
Falls Sie in einem Laden etwas unterschrieben haben, bekommen Sie früher oder später eine Auftragsbestätigung als Ausdruck im Laden, per E-Mail oder als Papierbrief. Lesen Sie sich das genau durch, und wenn Unklarheiten bestehen, zögern sie nicht, Fragen zu stellen, entweder im Laden oder an der kostenlos aus allen Netzen erreichen Vodafone-Hotline 0800-172-1212.
Sollte sich dadurch keine hinreichende Klärung ergeben, kann ein klassischer Brief an "Vodafone Kundenbetreuung, 40875 Ratingen" (diese Adresse enthält keinen Straßennamen) helfen. Die Büros der Verbraucherzentralen kennen die Problematik ebenfalls genau und leisten gerne Hilfe. Oder Sie wenden sich an teltarif.de.
Unbedingt Online-Konto einrichten und prüfen
Woran erkennt man einen guten Shop mit fairer Beratung? Vermutlich nur an Mund-zu-Mund-Propaganda.
Image licensed by Ingram Image
Richten Sie zu Ihrem neuen Handy-Vertrag unbedingt den Online-Zugang im Internet (z.B. Telekom-Kundencenter oder Mein Vodafone oder Mein o2 ein, laden Sie sich dort alle Dokumente wie Auftragsbestätigungen, Rechnungen etc. herunter und schauen Sie sich diese gut an. Es ist nicht ganz einfach, in dem Wust von Grundgebühren, Rabatten und Erstattungen den Überblick zu behalten.
Falls Sie mehrere Rufnummern haben, müssen diese beispielsweise im Internet-Konto bei "Mein Vodafone" nach dem ersten Login je einzelner Rufnummer erst einmal manuell hinzugefügt werden. Die Rufnummern stehen oft nicht auf der Auftragsbestätigung für den Vertrag, sondern erst in der Rechnung zum Handy in der zweiten Zeile unter dem Gerätenamen, oder in den folgenden Monatsrechnungen auf der letzten Seite.
Anfangs günstig, später teurer
Da Telekom, Vodafone oder o2 und diverse Service-Provider gerne Angebote mit x Monate ohne oder mit stark reduzierter Grundgebühr verkaufen, kann sich die monatliche Rechnung nach 3, 6 oder 12 Monaten auf einmal spürbar erhöhen. Das hat der Kunde (vielleicht ungewollt) so unterschrieben.
Nach neuester Rechtslage muss bei Vertragsabschluss der Vertrag in allen Details vorher bekannt gegeben und vom Kunden unterschrieben werden. Trotzdem könnte manches Detail im Eifer des Gefechts untergegangen sein.
Versuch eines Fazits
Speziell aus Nordrhein-Westfalen erreichen uns immer wieder Nachrichten von merkwürdigen Geschäften an der Haustüre oder in Shops. Oft taucht dabei der Name "Vodafone" auf, aber auch bei einzelnen o2-Shops soll das schon vorgekommen sein.
Interessanterweise wird der Anbieter "Telekom" so gut wie nie genannt. Das hat Gründe: Die Telekom hat ein sehr hohes Sicherheitslevel. Der Händler sieht vom Kunden nur die Daten, die er unbedingt braucht, um ihn beraten zu können, wie teltarif.de aus eigener Anschauung weiß und von Branchenkennern auch mehrfach bestätigt wurde. Bevor ein Telekom-Shop auf die Daten des Telekom-Kunden Zugriff bekommt, wird dem Kunden eine SMS-Nachricht mit einem Einmal-Code zugeschickt, die der Kunde dem Händler nennen muss, andernfalls hat der Händler gar keinen Zugriff. Sensible Daten wie die Telekom-Kundenummer oder Daten der Bankverbindung sind in den Systemen teilweise aus ge-x-t oder gar nicht sichtbar.
Weitere Berichte zum Thema: