Prognose

NGN, VDSL und Call by Call: Was erwartet uns 2010?

Ein Ausblick auf das Geschehen im Festnetz im kommenden Jahr
Von Thorsten Neuhetzki

Auf den ersten Blick scheint das Festnetz tot. (Fast) jeder hat ein oder mehrere Handys, mobile Internet-Flatrates gibt es schon zum Schnäppchen-Preis und Call by Call verliert an Bedeutung. Doch ist die Festnetzleitung wirklich tot? Wagen wir einen Ausblick auf das, was uns 2010 erwartet.

Call by Call für innerdeutsche Festnetzgespräche ist nur noch für einen kleinen Kreis der Nutzer relevant. Bei den meisten DSL-Tarifen ist heute eine Festnetz-Flatrate inklusive. Selbst bei der Deutschen Telekom dürften sich nur noch wenige Kunden gegen eine derartige Pauschale entscheiden, wenn sie einen Bundle-Tarif buchen. Doch damit ist Call by Call nicht tot. Im Gegenteil: Gerade für Telefonate zu deutschen Mobiltelefonen oder ins Ausland lässt sich über Call by Call sparen - sofern man kein Opfer von nicht mehr gültigen Discount-Tarifen wird.

Immer mehr Telefonkunden haben jedoch keinen Telekom-Anschluss mehr und können somit auch kein Call by Call über 010xy-Nummern nutzen. Das haben auch zahlreiche Anbieter erkannt und bieten Alternativen über Callthrough. Hierbei ruft der Kunde mit seiner in der Regel vorhandenen Festnetz-Flatrate eine Festnetznummer an und erreicht hier einen Server des Anbieters, der ihm günstige Telefonate ermöglicht. Dieser Markt wird in 2010 aller Voraussicht nach weiter wachsen, wie zahlreichte neue Anbieter in den vergangenen Monaten bereits deutlich machten.

Zukunft von Call by Call auf dem Prüfstand

Gesprächsverwaltung und -routing bei NGN Gesprächsverwaltung und -routing bei NGN
Foto: teltarif.de
Spannend wird es, wie es mit Call by Call bei der Deutschen Telekom weitergeht. Das Unternehmen hatte im nun abgelaufenem Jahr erstmals Anschlüsse auf NGN-Basis angeboten. Kunden erhielten hier also keine klassische Festnetzleitung mehr, sondern telefonierten über die Internet-Leitung. Dieses Verfahren bieten andere Anbieter ihren Kunden schon länger an. Das Problem bei der Telekom: Mit einer NGN-Leitung war für die betroffenen Kunden kein Call by Call mehr möglich.

Verschiedene Anbieter sehen sich benachteiligt und wollen die Deutsche Telekom mit Hilfe der EU-Kommission zur Freigabe von Call by Call zwingen, die Telekom argumentiert, sie müsse auf NGN-Basis kein Call by Call bereit stellen. Im kommenden Jahr wird es hier zu Entscheidungen kommen. Diese sind in sofern richtungsweisend für Call by Call, als dass die Telekom plant, bis 2015 ihr Netz komplett umzustellen und nur noch NGN-Anschlüsse zu schalten. Aktuell sind die neuen Anschlüsse jedoch aus der Vermarktung genommen.

Regulatorisch ist im kommenden Jahr noch eine weitere Entscheidung zu erwarten: Aktuell sind die Terminierungsentgelte für Gespräche in die deutschen Mobilfunknetze bis zum 30. November 2010 genehmigt. Bis zu diesem Zeitpunkt kostet die Übergabe eines Gespräches aus dem Festnetz an T-Mobile und Vodafone 6,59 Cent pro Minute (netto), an E-Plus und o2 7,14 Cent netto, abgerechnet im Sekundentakt. Zu erwarten ist, dass die Minutenpreise hier - nach der entsprechenden Lobbyarbeit in den Wochen zuvor - ab Dezember weiter abgesenkt werden. Dadurch könnten Gespräche zu Handys günstiger angeboten werden.

Der Schlüssel zum Internet

Festnetzleitungen sind auch wichtig für den Internet-Zugang. Inzwischen können bis zu 50 MBit/s per Festnetzleitung übertragen werden. Möglich macht das der VDSL-Standard, der bislang fast ausschließlich von der Deutschen Telekom verwendet wird. Zwar können seit diesem Jahr die Mitbewerber diese Leitungen mieten und unter eigenem Namen weiterverkaufen, doch ein echter Marktdurchbruch ist das bislang nicht. Zumal die Wettbewerber ganz andere Absichten haben: Sie wollen selbst VDSL schalten.

Doch dafür benötigen sie den Zugang zu den Kabelverzweigern der Deutschen Telekom, da sonst theoretisch in allen Städten weitere graue Kästen am Straßenrand aufgebaut werden müssten. Doch hier sperrt sich bislang bis auf wenige Ausnahmen die Deutsche Telekom. Auch hier wird 2010 ein richtungsweisendes Jahr werden: Die entscheidenden Instanzen werden Entscheidungen darüber fällen müssen, wie es mit dem VDSL-Ausbau in Deutschland weiter geht. Und auch der sonstige DSL-Ausbau muss beschleunigt werden. Denn noch immer sind viele vor allem ländliche Regionen vom schnellen Internet abgeschnitten. Mit Modem- oder ISDN-Geschwindigkeit lässt sich das inzwischen sehr multimediale Netz im Jahr 2010 jedoch nur noch sehr rudimentär nutzen.

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