5G-Roaming per Satellit: Telefónica funkt aus dem Weltraum
Der spanische Netzbetreiber Telefónica, die Muttergesellschaft von o2 in Deutschland, geht über seine Tochterfirma Telefonicatech in den Weltraum. Dazu wurde eine Zusammenarbeit mit der US-Firma "Sateliot" vorgestellt. Sateliot ist nach eigenen Angaben das erste Unternehmen, das eine 5G-IoT-Satellitenkonstellation im erdnahen Orbit (LEO) betreibt.
Satelliten als Basisstation
Gemeinsam mit dem Unternehmen Sateliot will Telefónica ab 2024 seine NB-IoT-Kunden über 5G aus dem Weltraum vernetzen
Grafik: sateliot.com
Der Trick: Ein LEO-Satellit (im erdnahen Weltraum) funkt auf terrestrischen 5G-Frequenzen und dient damit als Basisstation für Nutzer am Boden. Dazu wurde Standard-GSMA-Roaming verwendet. Die ersten Tests fanden große Aufmerksamkeit bei der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).
Sateliot hat die Ende-zu-Ende-Übertragung über das Telefónica-Netz unter Verwendung einer regulären SIM-Karte hinbekommen. Das basiert auf der "Kite"-Plattform von Telefónica Tech. Bei dem Endgerät handelte es sich um ein handelsübliches IoT-Mobilfunkgerät, das im Sateliot-Netz eingebucht war.
Internet der Dinge - Netz aus dem Weltraum
IoT bedeutet Internet der Dinge (Internet of Things). Das sind Tracker, Sensoren und Maschinen, die ihre Messwerte mit einer Zentrale oder anderen Maschinen austauschen. Hier werden viel geringere Datenraten als bei "normaler" Telefonie oder Datenübertragung benötigt, weswegen die größere Entfernung zwischen Endgerät und Satellit keine Probleme darstellt. Mit der Satelliten-Lösung kann das regionale oder lokale "Funkloch"-Problem gelöst werden, das viele o2-Kunden aus dem Alltag kennen und fürchten.
Kompliziertes Einbuchen
Das Einbuchen des NB-IoT Endgerätes über die Satelliten-Basis ist offenbar nicht so ganz trivial. Es handelt sich um eine "zweistufige Authentifizierungsmethode, die von Sateliot entwickelt und patentiert wurde", um Standard-Roaming mit einem Mobilfunkbetreiber zu unterstützen und die an das nicht-terrestrische Netzwerk im niedrigen Erdorbit (NTN LEO = Erdnaher Satellit für nicht terrestrische Netze) angepasst werden musste.
Die Daten werden dabei nämlich im Store-&-Forward-Modus (Speichern und weitergeben) übertragen, d.h. die Verbindung steht gar nicht immer in Echtzeit zur Verfügung, sondern die Datenpakete werden zwischengespeichert und bei erfolgreicher Verbindung weitergeleitet.
Satellit nutzt 5G
Für diesen Test wurde am Boden ein 5G-Funknetz verwendet. "Die erfolgreiche zweistufige Authentifizierung in ein 5G-Mobilfunknetz ist bedeutend", betont Antonio Franchi von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA): "Das ist ein "bahnbrechender Fortschritt im Bereich der Standard-Satelliten-IoT-Dienste." Künftig können Satellitenkapazitäten für globale Konnektivität und Kommunikation eingesetzt werden."
IoT-Geräte dann "weltweit" erreichbar
Die Store-&-Forward-Technologie ist Teil eines Sateliot-5G-Netzes mit Satellitenzugang, das Daten speichert, wenn der Satellit nicht in der Lage ist, eine Verbindung zu einer Bodenstation herzustellen. Die Informationen werden weitergeleitet, sobald er (wieder) in den Versorgungsbereich kommt. Dies ist besonders wichtig für verzögerungstolerante IoT-Dienste von Sateliot, gerade im Anfangsstadium, wo die Anzahl der dafür nutzbaren Satelliten noch begrenzt ist.
Die positiven Ergebnisse der Tests bestätigen, dass 5G-IoT-Geräte in der Lage sind, Daten über eine Standard-Roaming-Schnittstelle unter Verwendung der zweistufigen Store-&-Forward-Authentifizierungsmethode zu übertragen, wodurch sichergestellt wird, dass Sateliot im kommenden Jahr seinen kommerziellen Betrieb aufnehmen kann.
Interessant für die Landwirtschaft
Einige Fallstudien, wo Sateliot Bedeutung haben könnte, unterstützen etwa 43 Millionen Amerikaner, die auf private Wasserbrunnen angewiesen sind oder Einsparungen in Höhe von einigen Millionen Dollar bei Wartungs- und Reparaturkosten für Schifffahrtsunternehmen, ferner die Unterstützung südafrikanischer Viehzüchter bei ihrem Kampf gegen Wilderei oder die Verbesserung der Herdenkontrolle sowie die Bereitstellung eines viel präziseren Systems zur Überwachung von Ernten für Landwirte weltweit.
Telefónica ab 2024 mit dabei
Ab 2024 will Telefonica der erste Mobilfunknetzbetreiber sein, der seinen Kunden durch eine nahtlose Kombination von NB-IoT-Mobilfunk- und Satellitennetzwerken sowie preiswerten NB-IoT-Geräten eine flächendeckende NB-IoT-Konnektivität anbieten kann.
Marco Guadalupi, CTO von Sateliot, sieht das als "Höhepunkt jahrelanger Studien und Entwicklungen". Und weiter: "Wir stehen vor einem Wendepunkt in den zukünftigen 3GPP-Netzwerken, welche die Kosten senken wird, weil am Boden wesentlich weniger Sendestationen gebraucht werden. Auch im All müssen nicht soviele Satelliten fliegen, weil bei IoT wesentlich weniger Daten übertragen werden und die direkte Verbindung nicht jederzeit bestehen muss. LEO-Satelliten sind nicht geostationär, sondern permanent auf Umlaufbahnen unterwegs."
Carlos Carazo, bei Telefónicatech für die Themen IoT und Big Data zuständig, sieht das als wichtigen Meilenstein für die Branche.
Wer ist Sateliot?
Sateliot ist seit 2018 aktiv und hat seinen Sitz in San Diego (USA). Es will die erste LEO-Satellitenkonstellation auf den Weg bringen, die auf dem 5G-Standard basiert und es ermöglicht, unveränderte bereits vorhandene kommerzielle zellulare NB-IoT NTN-Geräte aus dem Weltraum zu verbinden.
Solche Geräte sind kostengünstig (unter fünf US-Dollar) und die Branche verspricht sich davon einen "unendlichen und unerschlossenen Markt" speziell in abgelegenen Gebieten.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Ein weltweiter flächendeckender Ausbau von Mobilfunknetzen ist kaum realisier- oder bezahlbar. Hier können Satelliten helfen. Wenn aber hohe Datenmengen in Echtzeit übertragen werden sollen (einschließlich Sprache), braucht man viele Satelliten und der Platz im Orbit wird langsam knapp.
Bei dem IoT-Projekt von Telefónica (o2) werden Sensoren und Messgeräte ihre Daten auch in der Einsamkeit weitergeben können. Klassische Sprachtelefonie oder Surfen im Netz wird darüber nicht möglich sein. Aber beispielsweise in delikaten Notsituationen kann es schon hilfreich sein, die eigenen Koordinaten und einen kurzen Hilfetext zeitversetzt zu übermitteln.
Und mit zunehmend besserer Technik und besseren Satelliten wird eines Tages auch das mobile Telefonieren in entlegenen Regionen bezahlbar möglich sein.
Ein ganz "irdisches Problem" ist die Auszahlung von o2-Prepaid-Guthaben, wenn kein registrierter Inhaber greifbar ist.