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Handmade by Amazon: Händler will Selbst­gemachtes anbieten

Edles Kunsthandwerk und profitorientierter Versandriese - auf den ersten Blick scheinen beim neuen Amazon-Store für Handgemachtes zwei Welten aufeinanderzuprallen. Viele Kleinunternehmen, die zum Start dabei mitmachen, erhoffen sich vor allem mehr Sichtbarkeit im Netz.
Von Rita Deutschbein / dpa

Handmade by Amazon: Online-Händler will Selbst­gemachtes anbieten Handmade by Amazon: Online-Händler will Selbst­gemachtes anbieten
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Handgemachte Einzelstücke für ein Millionen-Publikum - das kennen Online-Einkäufer in Deutschland bisher vor allem von Plattformen wie Dawanda oder dem US-Konkurrenten Etsy. Dass jetzt auch Amazon mitmischt und nach den USA auch seine Verkaufs­kanäle in Europa für Kunsthand­werker und ihre selbst­gefer­tigten Produkte öffnet, könnte Bewegung in das Geschäft bringen. Handgefertigte Ledertaschen, ausgefallener Schmuck, selbstgenähte Baby-Bettwäsche - der Versandriese will sich damit auch seinen deutschen Kunden von einer neuen Seite zeigen.

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In dem neuen Store sollen sie große Fotos der angebotenen Waren, ausführliche Anbieter-Profile und Möglichkeiten zu persönlichen Kontakten mit den Kunsthand­werkern finden. "Hier geht's nicht um Same Day Delivery", also die Auslieferung noch am Tag der Bestellung, wie Markus Schöberl sagt, der bei Amazon das deutsche Geschäft mit der Händler-Plattform Marketplace verantwortet. Die Kunden könnten mit ihrem Einkauf die Arbeit lokaler Kunsthand­werker unterstützen und die Geschichte hinter den Produkten entdecken.

Anbieter der Waren sparen sich teure Ladenmieten

Dazu passt das Kuschel-Ambiente bei der Vorstellung des neuen Angebots: Auf einer Art Weihnachts­basar präsentieren etwa ein Dutzend Klein- und Kleinst­unternehmer ihre Waren in einem Münchner Hinterhof-Lokal. Dazu gehören auch Angelina Erhorn und Stine Paeper aus Hamburg. Die beiden jungen Frauen haben sich auf Möbel- und Wohn­accessoires spezialisiert und vertreiben ihre Produkte schon immer nur online und auch über andere Internet­plattformen, die auf Selbstgemachtes spezialisiert sind. Ein stationäres Geschäft haben sie nicht - so sparen sie sich auch teure Ladenmieten.

Dank Amazon wollen sie und rund 1000 andere Kunsthand­werker, die zum Europa-Start dabei sind, künftig besser gefunden werden im grenzenlosen Meer der Online-Anbieter. Wie viele Kunden es aber tatsächlich werden, bleibe abzuwarten, sagt Erhorn. "Wir haben wirklich keinerlei Vorstellung, was da kommt." Ein regelrechter Ansturm allerdings könnte gerade kleinere Anbieter vor große Heraus­forderungen stellen, weiß man bei Amazon. Viele fertigen ihre Produkte nur mit einer Handvoll Mitarbeitern und haben kaum größere Lagerkapazitäten. Die Internet-Shopper müssen sich also vielleicht auch einmal auf etwas Wartezeit einstellen, bis wieder Nachschub gefertigt ist.

Ähnliches Konzept bereits in den USA am Start

Bereits vor knapp einem Jahr hatte Amazon einen ähnlichen Store in den USA gestartet - mit großem Erfolg, wie Schöberl sagt. Umsatzzahlen und -Erwartungen nennt der Versandriese, der sich in Deutschland immer wieder auch mit Gewerk­schafts­kritik wegen seiner Arbeits­bedingungen auseinander­setzen muss, jedoch traditionell nicht. Konkurrenten wie die Plattform Etsy, die im vergangenen Jahr an die Börse ging, könnten den Wettbewerb deutlich zu spüren bekommen.

Aber auch bei Amazon selbst ist die Konkurrenz riesig: Rund zwei Millionen Marketplace-Händler sind über die Amazon-Seiten aktiv und buhlen um die weltweit gut 300 Millionen Kunden des Versand­händlers. Kommen Verkäufe zustande, verdient der Konzern über Gebühren mit. Für die Kunsthand­werker liegen sie zum Start erst einmal bei zwölf und ab 2018 bei 15 Prozent, wie Schöberl sagt. Ob sich das angesichts des harten Preiskampfs im Netz für die Kleinunter­nehmer rechnet, wird abzuwarten bleiben. Auch wenn handge­fertigte Qualität wieder höher im Kurs steht, ist nämlich die Ausgaben­bereitschaft der Verbraucher nicht unbedingt massiv gestiegen, wie eine junge Unternehmerin bei der Veranstaltung deutlich macht: "Jeder will Nachhaltig­keit, aber keiner will dafür bezahlen."

Der Kampf um Kunden bei den Online-Händlern wird immer härter. Auch der Versand­händler Otto möchte neue Vertriebswege erschließen und wird in wenigen Wochen mit Otto Now starten. Über die Plattform können Kunden Elektrogeräte mieten, statt sie zu kaufen.

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