Android O

Google arbeitet an OEM-unabhängigen Updates

Es ist ein Ärgernis, welches von den billigsten bis hin zu den teuersten Smartphones reicht: Langsame Updates für Android. Nun scheint Google die größte Schwäche des Betriebssystems mit Android O endlich wirksam in Angriff zu nehmen.
Von Stefan Kirchner

Project Treble für Android O Die vielleicht größte Änderung von Android seit Beginn
Logo/Foto: Google, Montage: teltarif.de
Project Treble wird mit der Veröffentlichung von Android O erstmals zum Einsatz kommen und den Update-Prozess für Smartphones und Tablets mit Android als Betriebssystem grundlegend verändern. Leider werden davon nur diejenigen Geräte auch profitieren können, auf denen ab Werk Android O vorinstalliert ist. Sprich, es werden keine Smartphones Project Treble nutzen können, die Android O per Update erhalten.

Vorgestellt wird Project Treble mit großer Wahrscheinlichkeit auf Googles Entwicklerkonferenz Google I/O 2017, welche vom 17. bis 19. Mai im Shoreline Amphitheatre in Mountain View stattfindet. Dort wird auch die formale Vorstellung von Android O sämtlichen neuen Funktionen erwartet. Eine erste Übersicht dieser geplanten Neuerungen finden Sie in unserer Bildstrecke.

Die Lösung schleppender Android-Updates?

Project Treble für Android O Die vielleicht größte Änderung von Android seit Beginn
Logo/Foto: Google, Montage: teltarif.de
Doch worum handelt es sich bei Project Treble eigentlich? Vereinfacht gesagt wird das eigentliche Android-Betriebssystem von dem Hardware-spezifischen Code der Prozessor-Entwickler getrennt. Hersteller von Smartphones und Tablets müssen derzeit noch sehr viel Quellcode des Android Framework manuell anpassen, damit die Hersteller-eigene Software mit der neuen Version von Android überhaupt läuft. Mit Project Treble wird genau dieser Teil abgetrennt, sodass Android unabhängig von Prozessoren und deren Treibern aktualisiert werden kann.

Entwickelt hat Google nach eigenen Angaben die "größte Änderung der Low-Level-Systemarchitektur bis heute" in Zusammenarbeit mit Sony und Qualcomm. Über das sogenannte Vendor Interface und der zugehörigen Vendor Test Suite (VTS) lässt sich die Kompatibilität sicherstellen. Es ist in etwa das, was die Compatibility Test Suite (CTS) für Apps ist, nur eben für Hardware.

Project Treble soll somit sicherstellen, dass ein Android-Update, egal ob größeres Update oder monatliches Sicherheitsupdate, mit jedem Chip auf dem Markt funktioniert. Wie Google ins einem Blogpost mitteilt, ist in der aktuellen Android O Developer Preview für die beiden Google-Pixel-Modelle Project Treble bereits enthalten. Project Treble für Android O Vereinfachte Vorher/Nachher-Darstellung für Android-Updates
Foto: Google

Offene Probleme

Trotzdem ist auch diese Entwicklung nicht die perfekte Lösung. Zwar existiert mit dem Hardware Abstraction Layer (HAL) bereits eine allgemeine Schnittstelle zwischen Hardware und Software. Aber wie Hersteller diese in ihrer Firmware einbinden, ist nicht vorgeschrieben. Daher wird das Problem mit speziellen Kernel-Versionen und Hardware-Treibern auch damit nicht aus der Welt geschafft.

Treiber für die verbauten Prozessoren sind in der Regel für eine bestimmte Version des Linux-Kernel geschrieben, was auch auf einem Desktop-System zu Problemen führen kann, wenn die richtige Kernel-Version bei Treibern und Spezial-Software nicht beachtet wird. Vor allem ist ein nicht unerheblicher Teil von Kernel-Treibern sogenannte Closed Source und damit proprietärer Code, der nicht frei veröffentlicht werden kann. Diesen Aspekt berücksichtigt Project Treble auch nur bedingt.

Letzten Endes ist Project Treble trotz allem ein enormer Schritt nach vorn, um die allgemeine Wartung von Android stark zu vereinfachen. Unterm Strich müssen sich Geräte-Hersteller künftig weniger mit der eigentlichen Anpassung von Android auseinandersetzen. Das wiederum könnte dazu führen, dass der Kernel an sich stärker in den Fokus rückt, was auf lange Sicht dann auch die Treiber-Situation positiv verändern könnte.

Meinung des Autors

In der Theorie klingt die Ankündigung von Google wie der sprichwörtlich "Heilige Gral der Android-Updates". Erst bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass das Vorhaben trotzdem nach hinten losgehen könnte. Denn Google überlässt die Teilnahme an Project Treble den Herstellern, es ist keine verpflichtende Funktion. Genau das könnte die Achillesferse werden, wenn sich Hersteller nicht auf diese Sache einlassen wollen.

Gerade Samsung nimmt erhebliche Veränderungen an Android vor, um seine Software in Android zu integrieren. Die Änderungen an der ART-Laufzeitumgebung sind dermaßen umfangreich, dass Xposed-Nutzer eine spezielle TouchWiz-optimierte Version des Framework installieren müssen, damit Xposed überhaupt funktioniert.

Daher muss Project Treble erst noch beweisen, ob sich die Sache mit der langsamen Verteilung eines Updates effektiv angehen lässt. Insbesondere kleinere oder hierzulande unbekanntere Hersteller aus China werden sich kaum darauf einlassen, da ihnen ohnehin der Zugang zu den Google-Play-Diensten offiziell verwehrt ist. Inwieweit Project Treble bei den günstigen China-Phones zum Zuge kommt, ist nicht abzusehen.

Wirklich große Auswirkungen könnte Googles Versuch immerhin für Aftermarket-Firmwares wie Lineage OS haben. Dessen Wartung würde sich auf Geräten, die mit Android O ausgeliefert werden, ebenfalls erheblich vereinfachen. Eine langfristige Unterstützung würde damit noch realistischer werden. Letzten Endes bleibt uns ohnehin nichts anderes übrig als abzuwarten, wie sich Project Treble entwickelt und welche Hersteller tatsächlich davon Gebrauch machen.

Vielleicht wird sich ja der ein oder andere Hersteller dazu durchringen, sich mit schnellen Updates von der Konkurrenz abheben zu wollen. BlackBerry ist ja schon jetzt ein beispielhaftes Vorbild in dieser Richtung, wenn das BlackBerry Priv und die DTEK-Modelle zeitgleich oder kurz nach den Nexus- und Pixel-Modellen den monatlichen Sicherheitspatch erhalten.

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