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Editorial: Die TK-Branche nach der Wahl

Gefährliche Blockadepolitik droht
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Am Montag warnte der Branchenverband BITKOM vor schlechten Zahlen: Dieses Jahr werde der ITK-Markt um 1,3 Prozent schrumpfen. Die Zahl der Beschäftigten werde gar um gut 3 Prozent zurückgehen. Einzelne Sektoren - beispielsweise die Investitionen in Mobilfunknetze - gingen gar um 40% zurück.

Kein Wunder, dass der Branchenverband VATM schon am Montag nach der Wahl forderte, die SPD sollte aktiv handeln, und beispielsweise die Position der Regulierungsbehörde stärken.

Doch die Situation ist verfahren. Denn rot-grün hat zwar die Mehrheit im Parlament, doch im Bundesrat dominiert schwarz-gelb. Änderungen am Telekommunikationsgesetz müssen aber in der Regel durch beide Gremien. Siehe Call-by-Call im Ortsnetz: Zunächst kassierte der Bundesrat die entsprechende Gesetzesänderung, dann entstand im Vermittlungsausschuss ein eher lauer Kompromiss, der es nur wenigen Wettbewerbern ermöglichen dürfte, Call-by-Call im Ortsnetz wirklich flächendeckend anzubieten.

Künasts Vorstoß bezüglich besserem Verbraucherschutz bei 0190-Nummern ist inzwischen ebenfalls massiv verwässert worden. Statt deutlicher Änderungen an den Inkasso-Regeln, gab es lediglich eine geringfügige Modifikation der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung, die Experten als "Mogelpackung" einstufen.

Vieles spricht dafür, dass diese Blockadepolitik anhält. Stoiber hat eine harte Opposition angekündigt, sein Ziel ist, dass die rot-grüne Koalition sich binnen Jahresfrist auflöst. Dabei wäre viel zu tun: Je schlechter der Verbraucherschutz ist, und je mehr Horrormeldungen über Abzocke sich in den Medien finden, um so weniger Verbraucher werden sich bereit finden, neue Dienste zu nutzen. Dann wird eben die 0190-Sperre installiert, und das Handy bleibt im Ausland aus.

Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Tk-Unternehmen zu Boomzeiten einem Investitions-Wahnsinn verfallen, der sich nie und nimmer rechnen kann. So buhlten zu Spitzenzeiten alleine in Berlin über ein Dutzend Unternehmen darum, Firmenkunden jeweils direkt an "ihr" Netz anzuschließen. Neben diversen Glasfaser-Stadtnetzen waren noch mehrere Varianten des Zugangs per Funk (Point-to-Multipoint, Point-to-Point-Richtfunk, sowie modifizierte WLAN-Technik) im Angebot. Andere Firmen setzten hingegen auf den Zugang per von der Telekom gemieteter Kupferleitung oder das TV-Breitbandkabel. So sinnvoll jede dieser Techniken für sich genommen ist: Bei so vielen Wettbewerbern bleibt dem einzelnen Unternehmen im Durchschnitt ein Marktanteil von nicht einmal 10%. Das kann nicht reichen, um die hohen Infrastrukturkosten zu refinanzieren. Ähnliche Überlegungen gelten auch für die UMTS-Lizenzen.

Hier ist der Gesetzgeber gefragt, um durch eine behutsame Regulierung des Infrastruktur-Marktes die Teilnehmer zu mehr Miteinander beim Netzaufbau zu zwingen. Denn das senkt die Kosten für alle beteiligten Unternehmen, und damit auch für den Verbraucher.

Doch auch hier ist zu befürchten, dass ein Mehr der Regulierung des Gesamtmarktes (und nicht nur ein Mehr der Regulierung der Telekom) wie so vieles andere an den unterschiedlichen politischen Polaritäten in Bundestag und Bundesrat scheitert.