Umstieg

Verwirrung um Interconnection-Aufschlag

Call-by-Call-Nutzer müssen keinen Aufpreis zahlen
Von Björn Brodersen

Zahlreiche Nachfragen und Beschwerden erreichten in den vergangenen Wochen die teltarif-Redaktion: Leser wollten wissen, ob die Deutsche Telekom demnächst tatsächlich einen preislichen Aufschlag bei Nutzung der Call-by-Call-Tarife der Wettbewerber einführen wolle. Das sei den Lesern an Werbeständen von Festnetzanbietern auf der Straße oder in Kaufhäusern so erzählt worden.

So berichtet ein Leser per E-Mail, ihm sei an einem Tele2-Werbestand eine Pre-Selection des Düsseldorfer Anbieters empfohlen worden, da die Telekom ab Mai ein zusätzliches Verbindungsentgelt für die Sparvorwahlen berechnen wolle. Als Pre-Selection-Kunde dagegen würde der Leser diesen Aufpreis nicht zahlen müssen, da er seine Telefonrechnung direkt von Tele2 erhalten würde.

Telekom gibt die neuen Interconnection-Gebühren an den Kunden weiter

Richtig ist, dass ab Mai das Telefonieren von Festnetzanschlüssen der T-Com zu Anschlüssen von Stadtnetzbetreibern teurer wird, denn der Bonner Konzern verlangt dann bei Verbindungen zu City-Carriern wie Ewe Tel, M"net oder DOKOM einen Aufschlag von 0,2 Cent pro Minute. Damit reicht die Telekom einen von der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) genehmigten Aufschlag an die Kunden weiter, den Stadtnetzbetreiber mit eigener Infrastruktur für in ihrem eigenen Netz ankommende Telefonate verlangen können. Der Preisaufschlag geht also nicht auf eine Initiative der Deutschen Telekom zurück, sondern auf eine der alternativen Netzbetreiber. Die erhöhten Interconnectionentgelte darf jeder alternative Anbieter erheben, der die höheren Durchleitungsentgelte beantragt und vom Regulierer auch genehmigt bekommt.

Ein Beispiel: Wenn ein Telekom-Kunde einen Anschluss bei M"net anruft, muss die Telekom für diesen Anruf so genannte Interconnectionentgelte an den Münchener Carrier bezahlen, da das Gespräch ja zumindest teilweise über das Leitungsnetz von M"net läuft. Umgekehrt zahlt M"net an den ehemaligen Monopolisten, wenn ein M"net-Kunde einen Telekom-Anschluss anruft. Waren diese Interconnectionentgelte zuvor der Höhe nach gleich, darf M"net jetzt einen Zuschlag von 0,17 Cent pro Minute kassieren. Diesen Aufschlag für Verbindungen zur Konkurrenz will die Telekom nicht nur an Unternehmen, die ihre Leitungen anmieten, sondern auch an die Privatkunden weitergeben - und zwar plus Steuern. Erlauben kann sie sich das, denn sie steht nicht unter Druck, viele Neukunden hinzugewinnen zu müssen.

Für die Telekom-Kunden bedeutet die neue Abrechnungsmethode weniger Preistransparenz, zumal die Telekom in diesen Fällen auf einen automatischen Warnhinweis vor dem Gespräch verzichten will. Die Kunden können sich allerdings ab Mai über eine kostenlose Service-Rufnummer (0800 33 09576) darüber informieren, ob ihr Gesprächspartner Kunde eines Stadtnetzes ist. Das dürften allerdings nur die wenigsten Telefonkunden tun.

Werden die Call-by-Call-Preise in Zukunft steigen?

Auf Nutzer von Call-by-Call- und Pre-Selection-Angeboten dagegen werden aller Voraussicht nach keine großen Änderungen zukommen. Pre-Selection-Anbieter werden es sich überlegen, ob sie die Vertragsbestandteile zum Nachteil der Kunden ändern, denn das würde ein Sonderkündigungsrecht nach sich ziehen. Die höheren Interconnectiongebühren werden sicherlich in die Kalkulation zukünftiger Pre-Selection-Produkte oder neuer Call-by-Call-Tarife einfließen, aber unserer Einschätzung nach werden die Anbieter in der Regel nicht dem schlechten Beispiel der 01071 nacheifern und zwischen Verbindungen zu Telekom-Anschlüssen und Anschlüssen der Stadtnetzbetreiber unterscheiden. Wie bereits mehrfach berichtet, berechnet die 01071 Telecom für Verbindungen zu City-Carriern einen erhöhten Minutenpreis von 3,8 Cent. Tele2 will nach Aussage der Pressevertretung nicht eine solche Unterscheidung bei der Nuztzung der Netzkennzahl 01013 einführen.

Von daher: Auch ab Mai kommt auf Telekom-Kunden keine Kostenlawine zu, wenn sie weiterhin Gebrauch der Sparvorwahlen machen. Call-by-Call-Nutzer, die ohnehin ein Auf und Ab der Preise gewohnt sind, werden die neuen Konditionen der Telekom wahrscheinlich nicht mal bemerken. Ein Grund für einen voreiligen Wechsel zu einem der aktuellen Pre-Selection-Angebote, mit denen sich schon im Vergleich zu den Telekom-Preisen die Telefonkosten senken lassen, gibt es damit nicht. Mit welcher Sparvorwahl sie zurzeit am günstigsten telefonieren, verrät Ihnen wie immer unser Tarifrechner.