Politik

Bundestag: Automatisiertes Fahren wird gesetzlich geregelt

Wir sind bereit, signalisieren die Autobauer seit Jahren. Bereit für neue Technologien, die Autofahrern das Selberfahren abnehmen können. Nun schafft die Politik einen rechtlichen Rahmen. Kritik wird schon laut.
Von dpa / Ulrike Michel

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) testet einen selbstfahrenden Audi A7 (Archivbild) Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) testet einen selbstfahrenden Audi A7 (Archivbild)
Foto: dpa
Wenn es um computergesteuerte Autos und ihre neuen Möglichkeiten geht, sind für Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die Vorteile klar: Weniger Unfälle, weniger Staus, weniger nerviges Parkplatz-Suchen. Das sei nichts Geringeres als "die größte Mobilitätsrevolution seit der Erfindung des Automobils". Und das Autoland Deutschland solle dabei vorweg fahren. Nötig sind aber auch neue rechtliche Leitplanken, die der Bundestag morgen verabschieden will. Manche sensiblen Fragen bleiben aber noch offen.

Was regelt das Gesetz?

"In der Zukunft darf der Computer ans Steuer", lautet eine zentrale Neuerung, wie Dobrindt sagt. "Wenn der Computer fährt, dann haftet am Schluss der Hersteller", eine andere. Gesetzlich geregelt werden nun die Voraussetzungen. So muss das System durch den Fahrer jederzeit per Hand übersteuerbar oder deaktivierbar sein - und "rechtzeitig" mit Ton- oder Lichtsignalen anzeigen, wenn das nötig wird. Fahrer müssen also wieder eingreifen können, wenn etwa aufgewirbelter Regen auf der Fahrbahn die Sensoren stört. Ist eine Computerfunktion nur für Autobahnen gedacht, darf man sie nicht auf Landstraßen nutzen.

Was gibt es schon an Automatisierungen?

Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) testet einen selbstfahrenden Audi A7 (Archivbild) Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) testet einen selbstfahrenden Audi A7 (Archivbild)
Foto: dpa
Möglich ist bereits eine ganze Menge. So werden Notbremsassistenten in immer mehr Autos eingebaut. Futuristisch muten Park­hilfen an, die Autos mit einer Smartphone-Steuerung in die eigene Garage lenken. Der Fahrer muss nur zur Sicherheit einen Finger auf dem Bildschirm haben - unterbricht der Kontakt, bremst der Wagen. Das Auto findet den Weg aber allein. Auf der Autobahn sollen Fahrer sich entspannen und die Hände vom Steuer nehmen können, wenn das Auto selbst Abstand zum Vordermann hält und eigenständig Spuren wechselt.

Was verspricht sich die Autoindustrie davon?

Für die Autohersteller sind die kleinen Helfer ein Zusatzgeschäft. Nicht zufällig wird die Technologie meist zuerst in den Flaggschiffen eingebaut. Insbesondere Oberklasse-Hersteller wie BMW, Daimler und Audi wollen sich damit abheben. Stecken Kameras, Sensoren, Radar und dazugehörige Steuerung auf Bremsen und Lenkung einmal im Auto drin, werden zusätzliche Anwendungen für die Hersteller nur wenig teurer. "Jedes Mal wenn wir einen neuen Legobaustein haben, können wir ihn einbauen", sagt Daimler-Entwicklungsvorstand Ola Källenius.

Kaufen die Leute sowas?

Befragung von DEKRA und Ipsos zu Fahrerassistenzsystemen Befragung von DEKRA und Ipsos zum Wunsch nach Fahrerassistenzsystemen bei Neuwagenkunden
Grafik: Ipsos
Das Interesse ist bei Neuwagenkäufern laut einer Umfrage der Prüforganisation DEKRA zumindest da. Vor allem offensichtliche Helfer wie Notbremsassistenten hätten viele Menschen gern in ihren Autos. Die sollen im letzten Moment verhindern, dass der Wagen Fußgänger erfasst. Weniger dringend werden dagegen relativ neue Technologien wie Spurhalteassistent oder eine Verkehrs­zeichen­erkennung bewertet.

Wie geht es weiter?

An den neuen Regelungen wird schon Kritik laut, vor allem bei der Haftung. Der "schwarze Peter" bleibe beim Autofahrer, kritisiert der Deutsche Anwaltverein. "Bei einer immer stärkeren Automatisierung des Straßenverkehrs wäre eine stärkere Einbeziehung der Hersteller in die Haftung nur konsequent", fordert Präsident Ulrich Schellenberg. Der Autofahrerclub ADAC mahnte verbindliche Vorgaben dazu an, dass eine "Übernahmeaufforderung" an den Fahrer nicht zu kurz im Voraus kommt. Über ethische Regeln für die Programme berät eine Expertenkommission. Geklärt sehen will Dobrindt auch den Umgang mit den Fahrzeugdaten.

Was ist noch Zukunftsmusik?

Alles was bislang auf der Straße ist, läuft unter Level 2. Darunter versteht die Branche teilautomatisiertes Fahren - der Mensch kann jederzeit eingreifen und überwacht die Systeme. Unter Level 3 versteht man schon hochautomatisiertes Fahren, bei dem der Fahrer sich zeitweise anderen Tätigkeiten zuwenden kann. Autohersteller rechnen mit einer Einführung nicht vor 2020. Die Vollautomatisierung, bei der Fahrer nur noch im Notfall eingreifen, sehen Hersteller im kommerziellen Betrieb dagegen danach. Und Roboterautos mit reinen Passagieren auf der Rückbank sind echte Zukunftsmusik.

Erst kürzlich haben wir berichtet, welche Forderungen Verkehrsminister Alexander Dobrindt zum Umgang mit digitalen Fahrzeugdaten erhebt.

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