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Google Chrome OS setzt alles auf die Karte "Internet"

Systeme mit ähnlichem Ansatz für Netbooks gibt es allerdings bereits
Von Steffen Herget

Der Suchmaschinengigant Google hat angekündigt, zur zweiten Jahreshälfte 2010 ein neues Betriebssystem für Netbooks und Desktop-Rechner auf den Markt bringen zu wollen. Das Open-Source-System Chrome OS soll den eigenen Webbrowser Google Chrome ins Zentrum rücken und auf einem Linux-Kern basieren. Im Unterschied zu etwa den Windows-Betriebssystemen sollen bei Chrome OS sowohl die persönlichen Daten als auch die Software nicht lokal auf dem Rechner, sondern überwiegend im Internet liegen. Der Computer wird damit auf ein Gerät zum Zugriff auf Daten und Software reduziert.

Anwendungen und Daten sollen ins Internet

Diese Ausrichtung auf Online-Speicherung macht Daten und Anwendungen flexibel verfügbar. Auch von einem anderen Rechner aus kann der Nutzer zugreifen. Lediglich Browser und Internetverbindung werden benötigt. Dies birgt aber auch Nachteile in sich: Um eine Datei lokal verfügbar zu machen, muss sie zuerst heruntergeladen werden. Dieses Problem könnte aber durch eine automatische Synchronisation zwischen Online- und Offline-Daten gemildert werden. Ob Google diese ermöglichen wird, ist noch nicht bekannt.

Kritisch ist auch der Datenhunger von Google. Schon jetzt versucht Google so viel wie möglich über die Nutzer zu erfahren, um etwa personalisierte Werbung zu verbreiten. Liegen erst einmal alle persönlichen Dokumente, Musikdateien und Videos im Google-Account, ist dem Profiling Tür und Tor geöffnet. Durch die angekündigte enge Verzahung des Betriebssystems mit Onlinediensten besteht zudem die Gefahr der Abhängigkeit des Nutzers. Was ist, wenn die Dienste künftig eingestellt oder nur noch kostenpflichtig weiterbetrieben werden?

Andererseits speichern Nutzer heute schon viele Daten im Web, teils privat, teils öffentlich zugänglich, wenn sie GMX für ihre E-Mails, StudiVZ oder Xing für ihre Kontakte, Pixum für ihre Fotos und einen Blog für ihre Erlebnisse verwenden. Diesen bringt ein auf Onlinenutzung optimiertes Betriebssystem direkten Zugriff auf ihre Lieblingssites, vereinfachten Video-Upload von der Speicherkarte direkt zu Youtube, direkte Nutzung der Koordinaten eines GPS-Sensors bei "Google Maps" und vergleichbare Annehmlichkeiten.

Das Konzept setzt allerdings voraus, dass für die Nutzung von Chrome OS stets eine Internet-Verbindung vorliegen muss, am besten mit einer hohen Bandbreite, um auch datenintensive Anwendungen vernünftig nutzen zu können. Google spricht in seinem Konzept entsprechend die Nutzer an, deren Computer-Tätigkeit größtenteils im Web angesiedelt ist. Wie die Architektur dann genau aussehen wird, werden erste Testversionen zeigen, Google hat weitere Neuigkeiten zu Chrome OS für diesen Herbst angekündigt.

Der Ansatz ist nicht unbedingt neu

Während Google davon spricht, das Wesen von Betriebssystemen völlig neu zu überdenken, gibt es bereits ähnlich konzipierte Systeme auf Linux-Basis, gerade für Netbooks. Das Betriebssystem Xenon etwa, welches der Techblog Netbux.de kürzlich vorgestellt hat, soll ebenfalls in einigen Sekunden booten und dann direkt einen Webbrowser starten. Anwendungen sollen nur im Internet nutzbar sein. Xenon ist allerdings noch in Arbeit, während etwa Jolicloud auf der Messe Computex in Taiwan immerhin als Alpha-Version vorgestellt wurde. Das System basiert auf der Linux-Distribution Ubuntu und soll lokalen und Online-Speicherplatz unterstützen und synchronisieren.

Bereits Ende 2007 wurde in den USA das gOS [Link entfernt] veröffentlicht, es basiert ebenfalls auf Ubuntu und ist deutlich auf die Nutzung von Google-Applikationen ausgerichtet. Auch das Netbook-System Moblin, in Zusammenarbeit mit Intel entwickelt, geht in diese Richtung. Welche Aspekte dieser Ansätze im Detail in das neue Google Chrome OS einfließen, bleibt abzuwarten. Google hat ja noch einige Zeit bis zur endgültigen Vorstellung, und war schon in der Vergangenheit immer wieder innovativ aufgefallen.

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