Berichterstattung

Google Street View: Das steckt hinter dem Mitlesen von E-Mails

Aufzeichnung von E-Mails durch lange bekannten Fehler beim WLAN-Scannen
Von Thorsten Neuhetzki

Kurz nachdem Google bekannt gegeben hat, wie viele Deutsche ihre Häuser nicht im für Ende des Jahres geplanten Projekt Google Street View sehen möchten (2,89 Prozent), kursieren an diesem Wochenende vermeintlich neue Informationen zu diesem Dienst in den Medien. Dort heißt es beipielsweise in einer Meldung der größten deutschen Nachrichtenagentur dpa in der Überschrift "Street-View-Autos schnappten auch E-Mails auf". Was das aber wirklich für den Bürger bedeutet und ob nun jeder Angst haben muss, seine E-Mails künftig über Google wieder zu finden, wird nur unzureichend erklärt. Google Street View: Die Autos haben E-Mails in WLAN-Netzen mitgeschnitten Google Street View: Die Autos haben E-Mails in WLAN-Netzen mitgeschnitten
Foto: teltarif.de

Fakt ist: Die Street-View-Autos haben nicht nur Fotos gemacht, sondern viele weitere Funktionen ausgeführt. So wurden beispielsweise gleichzeitig GPS-Daten aufgezeichnet und auch WLAN-Netze gescannt. Was genau diese Autos, die seit Frühjahr vorerst nicht mehr in Deutschland unterwegs sind, gemacht haben, haben wir in einem ausführlichen Hintergrund für Sie zusammengestellt.

Beim Scannen der WLAN-Netze gab es einen Fehler, der bereits im Mai bekannt wurde. Eigentlich hätte der Scanner nach Angaben von Google nur die Namen und eindeutigen IDs der WLAN-Router aufzeichnen sollen. Ziel dieser Aktion: Sie sollen das Orten eines Smartphones bzw. eines Nutzers im Allgemeinen erleichtern. Wenn bekannt ist, dass sich ein Google-Handy in der Reichweite eines bestimmten Routers befindet, da kann sich der Nutzer nur im Umkreis von 100 Metern befinden. Zur Bestimmung ist dann kein GPS oder Mobilfunknetz-Ortung notwendung. Durch die Panne aber hat Google - nach eigenen Angaben durch einen Programmierfehler - auch Daten mitgeschnitten.

1/5 Sekunde in unverschlüsselten WLAN-Netzen betroffen

Dieses Mitschneiden von WLAN-Daten betrifft jedoch nur jene WLAN-Netze, die unverschlüsselt sind und von jedermann genutzt werden können. Zudem betrifft es nur den Moment, in dem sich das Google-Street-View-Auto in der Reichweite dieses WLAN-Netzes befunden hat. Weiter reduziert wird dieser Mitschnitt dadurch, dass der Scanner von Google fünf Mal pro Sekunde die Frequenz wechselte.

Um genau diesen fraglichen Zeitraum, in dem der Scanner in einem unverschlüsselten Netz zu dem Zeitpunkt, in dem eine E-Mail gesendet wurde genau die richtige Frequenz aktiviert hatte geht es nun bei der aktuellen Berichterstattung. Die Wahrscheinlichkeit, dass die eigene E-Mail davon betroffen ist, ist also extrem gering. Zudem bezieht sich die Berichterstattung aktuell auf ausländische Behörden, die auf den von Google ausgehändigten Festplatten entsprechende Feststellungen gemacht hätten. Ob Deutschland betroffen ist, sei unbekannt, heißt es dort. Neu ist die aktuelle Nachricht also nur, nur ein Detail, das man auch noch mit anderen Daten wie persönlichen Fotos oder änlichem erwarten könnte. Zurückzuführen wäre aber alles auf die im Mai bekannt gewordene Panne.

Keine WLAN-Aufzeichnung mehr durch Street-View-Autos

Google hat indes in der vergangenen Woche bekannt gegeben, bei weiteren Fahrten mit den Autos gar keine WLAN-Daten mehr sammeln zu wollen. Damit sei die WLAN-Ortung aber nicht vom Tisch. Vielmehr würden nun die Daten von Nutzern, die ortsbezogene Dienste von Google nutzen, ausgewertet. Fraglich ist, wie lange es dauert, bis hier der Aufschrei in der Öffentlichkeit erfolgt, dass persönliche Daten von Nutzern ausgewertet werden. Informationen bekommt ein Google-Android-Nutzer über die Verwendung der Daten jedoch nicht hinreichend.

Aktualisierung: Statements von Google und Aigner

Angeregt durch die aktuellen Medienberichten hat sich auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner über ihren Sprecher zu Wort gemeldet. Aigner warnte Google davor, mit Street View illegal E-Mails aufzuzeichnen, heißt es. Sollten neben E-Mail-Fetzen auch Passwörter für Mail-Konten und Online-Banking aufgefangen worden sein, wäre das ein klarer Verstoß gegen deutsches Recht.

Google zeigt sich indessen in offiziellen Statements zerknirscht. "Wir sind beschämt darüber, was passiert ist", schrieb Google-Manager Alan Eustace in dem Blogeintrag. "Wir wollen diese Daten so schnell wie möglich löschen und ich möchte mich erneut dafür entschuldigen, dass wir sie überhaupt aufgezeichnet haben."

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