Themenspezial: Verbraucher & Service Neue Kamerafahrten

Google Street View: So legen Sie Widerspruch ein

Google lässt wieder Kamera-Fahr­zeuge durch Deutsch­land rollen. Die inzwi­schen bis zu 15 Jahre alten Bilder des Street-View-Dienstes sollen erneuert werden. Wollen Bürger ihre Haus­fas­sade nicht im Netz sehen, können sie wider­spre­chen.
Von dpa /

Eine virtu­elle Fahrt mit Google Street View durch deut­sche Groß­städte gleicht einer Zeit­reise. Auf den Panorama-Fotos des Internet-Riesen sind zum Beispiel noch die Filialen der Droge­rie­kette Schle­cker zu sehen, die nach der Pleite im Jahr 2012 längst aus der Öffent­lich­keit verschwunden sind. Während welt­weit für die Karten-Anwen­dung Google Maps die Bilder von Häusern, Straßen und Fassaden stets aktua­lisiert wurden, hat sich in Deutsch­land seit 2010 nichts mehr getan.

Doch nun sind die Kamera-Autos von Google auch hier­zulande wieder unter­wegs. Der Konzern kündigte an, dass die Fahr­zeuge von diesem Donnerstag an bis in den Oktober durch Stadt und Land fahren, um neue Fotos aufzu­nehmen. Um bestimmte Sehens­wür­dig­keiten gut zu erfassen, sind auch Beschäf­tigte mit einem Kame­raruck­sack zu Fuß unter­wegs. Die frischen Fotos wie auch Bilder aus dem vergan­genen Jahr sollen dann von Mitte Juli an schritt­weise veröf­fent­licht werden.

Was genau nimmt Google auf? Sind das Videos oder Fotos?

Neue Aufnahmen für Google Street View Neue Aufnahmen für Google Street View
Screenshot: teltarif.de, Quelle: google.com, Logo: Google, Montage: teltarif.de
Die Google-Autos filmen keine Videos, sondern erstellen alle paar Meter hoch auflö­sende 3D-Panora­mabilder. Diese werden später mit einer Soft­ware digital mitein­ander verknüpft, so dass sich die Anwen­derinnen und Anwender virtuell in dem Stra­ßen­bild auf dem Smart­phone oder PC bewegen können. Die insge­samt neun Kameras befinden sich in 2,9 Metern Höhe und erfassen auch Stra­ßen­schilder und Schrift­züge von Geschäften. Auto-Kenn­zei­chen und die Gesichter von Passanten werden auto­matisch verpi­xelt.

Wird ganz Deutsch­land erfasst?

Im Prinzip ja. Google hat Kame­rafahrten für sämt­liche größeren Städte sowie fast alle Land­kreise in Deutsch­land ange­kün­digt. Zunächst sollen aber die 20 größten Städte schritt­weise aktua­lisiert werden, bei denen der Dienst bisher verfügbar war (Berlin, Biele­feld, Bochum, Bonn, Bremen, Dort­mund, Dresden, Duis­burg, Düssel­dorf, Essen, Frank­furt am Main, Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, Mann­heim, München, Nürn­berg, Stutt­gart und Wuppertal).

Warum hat Google nicht wie in anderen Ländern die Aufnahmen aktua­lisiert?

Im Gegen­satz zu den meisten anderen Ländern in der west­lichen Welt traf Google 2010 bei der Einfüh­rung von Street View in Deutsch­land auf zum Teil starken Wider­stand in der Politik, bei Haus­eigen­tümern und bei Daten­schüt­zern. Fast eine Vier­tel­mil­lion Menschen legten Wider­spruch gegen die Aufnahmen ein und zwangen Google, die Abbil­dung ihrer Häuser zu verpi­xeln, was die Qualität des Dienstes insge­samt beein­träch­tigte. 2011 kündigte der Konzern daraufhin an, keine weiteren Kame­rafahrten zu unter­nehmen. Erst zwölf Jahre später reifte der Entschluss, einen neuen Anlauf zu unter­nehmen.

Warum gab es damals so eine große Aufre­gung?

2010 hatten nur wenige Menschen in Deutsch­land ein Smart­phone und konnten sich kaum vorstellen, wie prak­tisch es sein kann, sich im Vorfeld einer Reise oder unter­wegs ein Stra­ßen­pan­orama anzu­schauen, um beispiels­weise zu über­prüfen, wie die Umge­bung einer Feri­enwoh­nung aussieht. Google gelang es damals nicht, die vielen Daten­schutz­vor­behalte oder Sicher­heits­bedenken in der Bevöl­kerung auszu­räumen, auch weil die dama­lige Bundes­ver­brau­cher­schutz­minis­terin Ilse Aigner (CSU) Stim­mung gegen den Dienst machte.

Die Vorbe­halte gegen Street View gingen sogar so weit, dass viele Menschen in Deutsch­land einen sati­rischen TV-Beitrag für bare Münze nahmen, in dem vermeint­lich ange­kün­digt wurde, dass Google mit seinen Kameras auch in Privat­woh­nungen foto­gra­fieren wird. Portables Kamerasystem Portables Kamerasystem
Bild: Google

Was muss ich tun, wenn ich mein Haus nicht bei Google Street View sehen will?

Google muss wie im Jahr 2010 jede Wohnung und jedes Haus vor der Veröf­fent­lichung der neuen Bilder unkennt­lich machen, wenn Mieter oder Eigen­tümer dies wollen. Aller­dings gelten die alten Anträge von damals nicht mehr, sie müssen neu gestellt werden. Bürge­rinnen und Bürger müssten alle Möglich­keiten haben, ihr Recht auf Privat­heit zur Geltung bringen zu können, sagt der zustän­dige Hambur­gische Daten­schutz­beauf­tragte Thomas Fuchs. Wurde die Verpi­xelung vor der Veröf­fent­lichung des Bildes bean­tragt, so wird das Haus im Dienst Street View von Beginn an nur verpi­xelt darge­stellt. Geht der Wider­spruch erst nach Veröf­fent­lichung bei Google ein, erfolgt die Verpi­xelung nach­träg­lich.

Fuchs hat sich noch nicht entschieden, wie er sich verhalten wird. "Ich persön­lich werde mir zunächst die neuen Aufnahmen auf Google Street View nach der Veröf­fent­lichung ansehen und dann entscheiden, was ich tue."

Fuchs ist für Google zuständig, weil die Deutsch­land­zen­trale des Konzerns ihren Sitz in Hamburg hat.

So legen Sie Wider­spruch ein

Der Wider­spruch kann per Mail (street­view_deutsch­land@google.com), per Formular oder per Post erfolgen:

  • Google LLC
  • Betr.: Street View
  • PO Box 111607
  • 20416 Hamburg
Für den Fall, dass die Bilder bereits veröf­fent­licht sind, biete der Google-Dienst auf jeder der ange­zeigten Aufnahmen bei der Stand­ort­anzeige den Menü­punkt "Problem melden".

Zum Start der Kamera-Fahrten am Donnerstag sagte eine Google-Spre­cherin: "Wir können noch nicht sagen, wann und wo wir genau unter­wegs sein werden, weil sich Routen oft aufgrund von Faktoren wie Wetter, Fahr­bedin­gungen, Dauer der Aufnahmen und so weiter ändern können."

Was macht eigent­lich Apple?

Die Akti­vitäten von Apple dürften ein wich­tiger Grund sein, warum Google seinen Dienst Street View in Deutsch­land nicht verrotten lassen will und statt­dessen frische Aufnahmen besorgt. Der iPhone-Konzern hat 2019 auf seiner Entwick­ler­kon­ferenz WWDC den virtuell begeh­baren Stra­ßen­plan Lock Around ange­kün­digt und inzwi­schen auch in Deutsch­land fast flächen­deckend einge­führt.

Ähnlich wie Google bietet Apple den Haus­eigen­tümern und Mietern an, uner­wünschte Aufnahmen von ihren Häuser­fas­saden auf Antrag hin zu verpi­xeln. Doch bislang haben weniger als Hundert Menschen davon Gebrauch gemacht. Look Around kann zwar nur auf Apple-Geräten (iPhone, iPad, Mac) genutzt werden, lässt aber insbe­son­dere auf dem Smart­phone den Karten­dienst von Google im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen.

In einer weiteren Meldung geht es um: Google Maps: Mehr Immersive View und weitere Features.

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