Navi-Trends

PND und Bus-System verdrängen Navi-Nachrüstlösungen

MOST-Bus-Systeme kommen auch in günstigeren Fahrzeugklassen
Von Marc Thorwartl

Bereits frühzeitig machte sich die Autoindustrie daran, unnötigen Ballast im Fahrzeug zu verringern. Um die bis zu zwei Kilometer langen - und in der Produktion zweitaufwändigen - Kabelbäume wenigstens teilweise abzuspecken, wurde der CAN-Bus (Controller-Area-Network) entwickelt. Dieser steuerte Operationen und Funktionen innerhalb eines räumlich begrenzten Bereiches über ein Netzwerk. Im Falle des KFZ heißt das, dass Steuergeräte Informationen über ein Bus-System innerhalb des Fahrzeuges austauschen, um bestimmte Funktionen zu erfüllen.

1998 gründete sich dann die MOST-Coorperation, ein Zusammenschluss führender Automobilhersteller. Treibende Kräfte waren hierbei vor allem BMW und Daimler. Diese machten es sich zur Aufgabe, die Entwicklung der Telematik im Auto zu fördern und voranzutreiben. Synergieeffekte wurden durch die Zusammenarbeit gefördert, Normen erstellt, was somit den problemlosen Anschluss neuer Devices via Plug and Play gewährleistet. Darunter fallen Kommunikations-, Navigations- und Unterhaltungsfunktionen wie satellitenbasierte Navigation, Zugriff auf das Web oder Emails aus dem Fahrzeug, die Einbindung des Mobiltelefons, sowie DVD, Fernsehen und Videospiele.

Dies ermöglicht der MOST-Bus (Media Oriented Systems Transport). Er ist ein optisches Bus-System, welches eine Übertragungsrate von 21,2 MBit/s realisiert. Diese hohe Übertragungsrate scheint plausibel wenn man sich vor Augen hält, dass allein die Übertragung eines Video-Signals mit Stereo-Ton bereits eine Datenübertragungsrate von 6 MBit/s beansprucht. Analogleitungen, wie beispielsweise beim CAN-Bus noch zur Übertragung des Tones, werden nicht mehr benötigt. Bis zu 64 MOST-Geräte können in die Ringtopologie integriert werden.

Doch genau dieses BUS-System erschwert jetzt den nachträglichen Anschluss von Fremdhersteller-Devices, wie beispielsweise einer Radio-Navigations-Kombination. Es sind schlicht und einfach keine Leitungen oder Kabel mehr vorhanden, an die man das Gerät anschließen könnte. Stromversorgung- oder Lautsprecherkabel bei den Autos der Ober- und gehobenen Mittelklasse? Fehlanzeige! Abhilfe versprechen diverse Elektronikspezialisten wie die Audiotechnik Dietz in Grünstadt, die sich auf die Herstellung von CAN- und MOST-BUS-Adaptern spezialisiert haben. Doch diese Anschlüsse belasten das Budget, da sie meist nur in Kleinauflagen hergestellt werden. Zudem muss der Einbau zwangsläufig in der Fachwerkstatt erfolgen, da neue Peripheriegeräte über die Software ins Bus-System integriert werden müssen.

Weiteres Hindernis: Nur ganz bestimmte Geräte erhalten vom Automobilbauer eine Freigabe, das Schnäppchen vom Discounter fällt somit bereits weg. Dadurch werden nachträgliche Einbauten dermaßen zeit- und kostenintensiv, dass sie sich nicht mehr lohnen. Aus eigener, leidvoller Erfahrung kann ich von einem 16-monatigen Martyrium berichten, um eine Freisprecheinrichtung von Funkwerk Dabendorf, die die Freigabe von Daimler für das Fahrzeug hatte, endlich fehlerfrei mit der Lenkradfernbedienung zum Laufen zu bringen. Um die Anrufannahme oder das Beenden über die Lenkradfernbedienung zu bewerkstelligen, musste sogar ein spezieller Adapter angefertigt werden. Wohl gemerkt, hier ging es lediglich um eine Freisprecheinrichtung, eine Radio-Navigations-Lösung ist da noch mal eine ganz andere Dimension.

Kassenfüller bei den Automobilbauern

Diese Problematik bei der Integration externer Festeinbauten ist von den Autobauern zumindest teilweise gewollt. Dem Käufer bleibt zwangsläufig nichts anderes übrig, als auf die teuren Werkseinbauten zurückzugreifen. Dies sind OEM-Lösungen, die in Zusammenarbeit mit den Navigations-Herstellern entwickelt wurden. Wer sich also bei Daimler, Porsche, Audi, BMW, Ferrari oder Peugeot für die Werkslösung entscheidet, hat ein Harman-Becker-Erzeugnis nachher in seinem Fahrzeug. Seat, Ford, Nissan, Opel, Skoda oder Volkswagen verlassen sich auf die Produkte von Bosch, ehemals Blaupunkt. Die Crux bei der Geschichte: Nicht gebrandet sind diese Radio-Navigations-Kombinationen erheblich günstiger erhältlich. Doch was bringt das, wenn sie nicht verwendet werden können?

Trend zu MOST-Bus-Systemen bald auch bei günstigeren Autoklassen

Bisher blieben MOST-Bus-Systeme vorwiegend der Ober- und Mittelklasse vorbehalten. Doch der Trend wird sich in den kommenden Jahren auch bei den anderen Fahrzeugklassen fortsetzen. Sehr zur Freude der Radio-Navigations-Hersteller: Sie haben prall gefüllte Auftragsbücher und können große Stückzahlen als OEM-Hersteller für die Automobilindustrie produzieren. Deshalb werden die Festeinbauten auch weiterhin eine tragende Rolle spielen. Doch der Nachrüstmarkt bricht in sich zusammen.

Bosch hat sich aus dem "freien" Radio-Navigations-Markt vor knapp einem Jahr gänzlich zurückgezogen. Siemens-VDO ist nach der Übernahme von Continental komplett verschwunden. Hoffnung macht die Kooperation von PND-Herstellern mit der Autoindustrie. Wer einen Kleinwagen kauft, hat nicht unbedingt zwangsläufig weitere 3 000 Euro für ein Infotainment-System ab Werk übrig. Deshalb offerieren einige Hersteller jetzt Fahrzeuge, die einen in das Cockpit integrierten, jedoch jederzeit herausnehmbaren PND besitzen. Der kostet dann zwar immer noch mehr, als wenn man ihn in der freien Wirtschaft kauft, aber bedeutend weniger als die Werksfesteinbauten. Sozusagen die Navi-Werks-Lösung für den kleinen Geldbeutel.

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