Angetestet

Ausprobiert: Erste Erfahrungen im Netz von 1&1

Der Anbieter 1&1 verwan­delt sich gerade vom Service-Provider zum Netz­betreiber. Das geht nicht auf einen Schlag, sondern schritt­weise. Wir haben es auspro­biert.
Von

Am Freitag ist das neue eigene mobile Netz von 1&1 gestartet. teltarif.de-Redak­teur Henning Gajek berichtet über seine Eindrücke.

Test­karte zum Netz­start

Beim Netz­start des neuen eigenen Netzes von 1&1 konnten die (gela­denen) Teil­nehmer eine Test­karte mit Handy buchen. Wir haben das Angebot ange­nommen. Die Rufnummer stammt bereits aus dem ersten eigenen Rufnum­mern­bereich, welche schon dem Vorgänger Dril­lisch Online zuge­wiesen worden war. Die Bundes­netz­agentur erklärt dazu, dass sie die Vorwahlen 015560 bis 015569 zuge­wiesen hat. 1&1 beginnt aktuell mit der "015566". Einige Handys erkennen nur die "0155" als "Vorwahl", aber das sind Fein­heiten, weil eine Mobil­funk-Nummer gene­rell immer komplett mit Vorwahl(en) gewählt werden muss. Das Testgerät für das 1&1 O-RAN Netz. Das Testgerät für das 1&1 O-RAN Netz.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de

Verfügbar ab 17 Uhr

Auf der Schachtel des an die gela­denen Teil­nehmer leih­weise ausge­gebenen iPhone 15 (128 GB) ein Aufkleber: Neues O-RAN Netz aktiv ab 17 Uhr. Fünf Minuten vor fünf haben wir das Gerät in Monta­baur in der Bahn­allee einge­schaltet und es buchte sich ... bei o2 ein. Dort blieb es aber nur kurz, dann sprang es auf "1&1", verbunden mit der Anzeige 5G. Eine Kontrolle im Netz­monitor des iPhones ergab Klar­heit: Wir sind im Netz 262-23 einge­bucht und verwenden Band n78 (3600 MHz). (Wer den Netz­monitor nicht kennt, wählt Stern 3001 Raute 12345 Raute Stern und "abheben", der Rest ist selbst­erklä­rend, sofern man sich ein wenig mit der Technik auskennt.)

SMS-Nach­richten - im Ausland könnten Umlaute "verun­glü­cken"

SMS-Nach­richten nach Spanien (zu einer spani­schen Rufnummer) zeigten eine Beson­der­heit: Umlaute wie ä, ö oder ü wurden in falsche ASCII-Werte über­setzt, wie man es aus den Anfängen der Compu­ter­welt kennt. Wenn man das weiß, ist das verschmerzbar.

Es wurden SMS-Nach­richten kreuz und quer über die deut­schen Netze geschickt, diese kamen alle an. MMS-Nach­richten sind möglich, sofern das eigene Gerät richtig konfi­guriert ist, in der Regel geht das voll­auto­matisch.

Erste Tele­fonate - störungs­freies Handover

Kunden des neuen 1&1-Netzes roamen aktuell unterbrechungsfrei bei o2. Kunden des neuen 1&1-Netzes roamen aktuell unterbrechungsfrei bei o2.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Erste Tele­fonate von 1&1 in andere Netze und zurück: Mancher Gesprächs­partner wunderte sich über die unge­wohnte Vorwahl. Anrufe im In- und Ausland - einwand­frei. Eine Verbin­dung zu einer o2-Rufnummer, die aktuell in Spanien "roamt": Hier passierte scheinbar nichts. Im zweiten Versuch extra lange gewartet, und dann klin­gelte es in Spanien.

Die Probe­fahrt begann tele­fonie­render Weise mit Frei­sprech­ein­rich­tung - das Ziel: Ein Anschluss im T-Fest­netz. Die Fahrt star­tete noch in Monta­baur im Original-Netz von 1&1, führte schnell auf die Auto­bahn Rich­tung Frank­furt/Main. Es gab keinen Abbruch, keinen Aussetzer, die Verbin­dung blieb durch­gehend stabil. Erst bei Diez (A3) ein kurzer Aussetzer (wohl von o2 bedingt), aber auch hier keinen Abbruch.

Glas­klare Sprache

Alle Gesprächs­teil­nehmer lobten die glas­klare Sprach­über­tra­gung, wie im Neben­zimmer. Manche Anrufe schal­teten den Sprachweg schon durch, bevor ein Frei­zei­chen zu hören war.

Anrufe zu Sonder­ruf­num­mern: Problemlos

Ein Anruf zu e*Cityruf mit der wenig bekannten Vorwahl 0164 schal­tete störungs­frei durch. Der City­ruf­emp­fänger über­trug nach etwa einer Minute die "015566xxxxxx"-Rufnummer des Test­anschlusses. Ein Anruf zur persön­lichen Rufnummer mit der Vorwahl 0700, gehostet beim Anbieter Tele­flash: Problemlos erreichbar.

Andere Sonder­num­mern wie 0137, 0900 oder 0180 haben wir nicht getestet, bei der Vorwahl 0180 kann unsere Seite www.0180.info weiter­helfen.

Klappt WhatsApp?

Um den beliebten Messenger WhatsApp einzu­richten, muss man eine SMS empfangen, die von unter­schied­lichen Rufnum­mern irgendwo auf der Welt her stammen kann. Diese wich­tige SMS kam jedoch nicht an.

Nach etwa zwei Minuten Warte­zeit forderten wir einen Tele­fon­anruf an. Der kam aus +44 (Groß­bri­tan­nien) und forderte uns auf, eine Nummern­taste zu drücken. Dazu muss das WhatsApp-Programm verlassen und das Tele­fon­pro­gramm aufge­rufen werden, um die Tonwahl zu über­mit­teln. Ist man nicht schnell genug, muss der Versuch nach 1-2 Minuten wieder­holt werden. Die zu drückende Zahl ist bei jedem Anruf eine andere.

Nun zurück zu WhatsApp und den über­mit­telten Code eingeben - und das klappt.

SMS für Zwei­faktor-Anmel­dung?

Wer regel­mäßig TAN-SMS für E-Mail-Accounts, Bank­konten oder andere Login-Proze­duren braucht, sollte eine Karte im Netz eines etablierten Anbie­ters in Reserve haben. Wenn der Anbieter mehrere Rufnum­mern zur Authen­tifi­zie­rung zulässt, sollte die Chance genutzt werden. Im Laufe der Zeit müsste sich das mit dem Vorwahl­bereich 0155 dann herum­gespro­chen haben.

Handy konfi­gurieren?

Das Test-iPhone war auto­matisch vorkon­figu­riert. Die Einstel­lungen für den Daten-APN waren beispiels­weise gar nicht sichtbar. Sollte das eigene Smart­phone keine auto­mati­sche Konfi­gura­tion empfangen, der APN lautet "internet" ohne Login­namen oder Pass­wort. Das iPhone hat das Benut­zer­profil "1&1 56.0", die gleiche Versi­ons­nummer wie bei Telekom, Voda­fone oder o2.

Je nach Handy muss WLAN-Call oder VoWiFi im Gerät einge­schaltet werden und ist dann wie gewohnt nutzbar.

Wie sieht es mit den Daten aus?

Auf dem Display erschien häufig 5G. Ob das immer "echtes" 5G war oder eher die Option, dass es hier 5G geben könnte, haben wir während der Fahrt nicht testen können.

Am Zielort gibt es nur o2-Versor­gung. Dazu haben wir in einem weiteren iPhone 15 parallel dazu eine Original-o2-Telefónica-SIM-Karte mit der 1&1-SIM-Karte im O-RAN-iPhone 15 vergli­chen. Das Ergebnis war verblüf­fend: Die mit Ookla Speed­test erziel­baren Daten­raten lagen bei 1&1 durchweg um 2 bis 5 MBit/s höher als bei Original o2. Ob das von irgend­wel­chen zufäl­ligen Faktoren abhängt oder im Netz bewusst so einge­stellt wurde, kann hier nicht gesagt werden. Hänger oder Ruckler gab es im Daten­betrieb nicht.

Verwal­tung über das 1&1 Control-Center

Die 1&1 Control-Center-App ist unter Android oder iOS verfügbar und erlaubt die Admi­nis­tra­tion des eigenen Kunden­kontos. Sie wird über eine Code-SMS einge­richtet, es braucht eine E-Mail-Adresse und ein selbst­gewähltes Pass­wort dafür. In der App sieht man seine Rech­nungen und - falls einge­richtet - auch den Einzel­ver­bin­dungs­nach­weis und kann auch seinen Vertrag kündigen, den Tarif wech­seln oder weitere Optionen buchen oder abbe­stellen.

Besseres Netz?

Zur Netz­qua­lität kann zu diesem Zeit­punkt noch wenig gesagt werden. Der Kunde sieht im Alltag nicht, ob er im Original-Netz von 1&1 oder als Roaming­kunde bei o2 (ab 2024 bei Voda­fone) einge­bucht ist. Somit kann der Kunde auf die ihm viel­leicht bereits bekannte Netz­qua­lität von o2 (oder künftig Voda­fone) setzen. Die neuen zusätz­lichen 1&1-Sende­sta­tionen sind somit ein nettes Bonbon, das sicher gerne genutzt wird, zumal die Zahl der Stationen bald spürbar ansteigen dürfte. Fach­leute spre­chen von der Skalie­rung, der Aufbau kann jetzt einfa­cher und schneller erfolgen, da die Abläufe immer klarer werden und auftre­tende Probleme vorher bekannt sind.

Kein Netz?

Wo aber weder 1&1 noch o2 (oder Voda­fone) versorgen, bleibt der Kunde genauso im Funk­loch, wie vorher auch. Sollte an dieser Stelle nur die Telekom versorgen, muss der Kunde sich entscheiden, ob er wech­selt oder sich wenigs­tens eine Zweit­karte aus dem Netz der Telekom zulegt.

Ein Fazit

Das neue Netz funk­tio­niert bislang erfreu­lich reibungslos.

Kunden, die bereits bei 1&1 direkt oder einer Dril­lisch-Marke sind, brau­chen jetzt noch ein bis zwei Jahre Geduld, bis sie alle umge­stellt sind. Vertrags­ver­län­gerungen um 24 Monate sollte man aktuell besser vermeiden. 1&1 bietet seine Tarife auch mit monat­licher Lauf­zeit an. Sollte es also jetzt oder in Zukunft Versor­gungs­pro­bleme geben, ist ein Netz­wechsel relativ unkom­pli­ziert möglich. In vielen Fällen wird er wohl gar nicht notwendig sein.

Wer auf die neue Vorwahl 015566 erpicht ist, müsste einen neuen (zusätz­lichen) Vertrag abschließen. Wenn die 015566 "voll" ist, werden die anderen Blöcke 0155-60...69 ange­bro­chen. Bei Portie­rungen der eigenen Rufnummer zu 1&1 bleibt die bishe­rige Rufnummer erhalten, wie bei anderen Ziel­anbie­tern auch.

Anbieter wech­seln?

Wer aktuell schon bei o2 Kunde ist, sollte die Ange­bote von 1&1 genau prüfen, ob sie wirk­lich güns­tiger sind. Wer aktuell Kunde bei Voda­fone ist, für den gilt das gleiche, wobei ab 2024 sukzes­sive die 1&1-Kunden im Voda­fone Netz funken werden. Wer aktuell Kunde bei der Telekom ist, sollte sich einen Wechsel gut über­legen.

Viel­leicht ist eine SIM-Karte im 1&1-Netz eine gute Option für den zweiten SIM-Karten­schacht des Smart­phones.

teltarif.de war beim Netz­start live vor Ort.