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Zukunftsrat: Neue Rundfunkanstalt anstelle der ARD

Ein neuer Experten-Bericht erhöht den Reform­druck auf den öffent­lich-recht­lichen Rund­funk. Unter anderem soll eine neue Rund­funk­anstalt anstelle der ARD entstehen. Werden die Bundes­länder den Ideen für ARD, ZDF und Deutsch­land­radio folgen?
Von mit Material von dpa

Ein Exper­tenrat schlägt einen Umbau der Orga­nisa­tions­struktur im öffent­lich-recht­lichen Rund­funk vor. Das soll Kosten einsparen, effi­zien­teres Arbeiten ermög­lichen, klarere Zustän­dig­keiten schaffen und die Akzep­tanz der Häuser in der Bevöl­kerung fördern, wie aus dem am Donnerstag in Berlin vorge­stellten Bericht hervor­geht. Das unab­hän­gige Gremium arbei­tete seit März 2023 im Auftrag der Bundes­länder an dem Zukunfts­bild. Bindend sind die Empfeh­lungen nicht. Der Bericht erhöht jetzt den Druck auf Medi­enpo­litiker, Rund­funk­reformen voran­zutreiben.

Neue Anstalt soll ARD ersetzen

Reformvorschläge für ARD und ZDF Reformvorschläge für ARD und ZDF
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An der bishe­rigen Struktur von drei eigenen Berei­chen mit ARD, ZDF und Deutsch­land­radio hält der Rat fest. Eine Fusion der Häuser hält er für falsch, auch zur Struktur von neun ARD-Häusern bekennt sich das Gremium. Der Rund­funk­bei­trag, den Haus­halte und Firmen zahlen, soll für die Finan­zie­rung der Häuser auch bestehen bleiben.

Der Zukunftsrat empfiehlt jedoch die Errich­tung einer ganz neuen Rund­funk-Anstalt mit zentraler Leitung, welche die bishe­rige Arbeits­gemein­schaft ersetzt. Diese Anstalt soll Dach­orga­nisa­tion der Landes­rund­funk­anstalten sein. Sie hat die allei­nige Stra­tegie-, Steue­rungs-, Finanz- und Orga­nisa­tions­kom­petenz für die bundes­weiten Ange­bote der ARD und für alle zentralen Aufgaben und Dienst­leis­tungen. Die Landes­rund­funk­anstalten, von zentralem Abstim­mungs­auf­wand befreit, können sich stärker auf ihre Aufgabe konzen­trieren: die regio­nale Grund­ver­sor­gung und Perspek­tive. Das Modell folgt dem Gedanken der orga­nisierten Regio­nalität: Zentrales zentral, Regio­nales regional.

Finan­zie­rungs­system soll umge­baut werden

Das Finan­zie­rungs­system mit Rund­funk­bei­trag soll bestehen bleiben. Aber es soll so umge­baut werden, dass Häuser stärker darauf achten müssen, ob sie ihren Auftrag erfüllen. Sank­tionen sollen dabei möglich sein. Auch eine Inde­xie­rung des Rund­funk­bei­trags bringt der Rat ins Spiel. Dieser Vorschlag bedeute zugleich nicht, dass der Rund­funk­bei­trag konti­nuier­lich steigt. Die unab­hän­gige Finanz­kom­mis­sion KEF, die den Finanz­bedarf regel­mäßig über­prüft und die Höhe des Rund­funk­bei­trags vorschlägt, soll bestehen bleiben, aber weiter­ent­wickelt werden. Jede Anstalt erhält demnach aus einem Global­haus­halt Geld.

Ob es künftig nur eine einzige Media­thek geben sollte, bewertet der Rat nicht. Vorrangig sei es, die Technik zu verein­heit­lichen. Dazu soll eine gemein­same Gesell­schaft von ARD, ZDF und Deutsch­land­radio gegründet werden.

Auch die opera­tive Leitung der Medi­enhäuser soll sich verän­dern. Bislang hat der Inten­dant oder die Inten­dantin an der Spitze großen Einfluss. Der Rat schlägt für eine mögliche ARD-Dach­orga­nisa­tion sowie für ZDF und Deutsch­land­radio jeweils eine kolle­giale Geschäfts­lei­tung vor, um eine "zeit­gemäße Manage­ment­kultur" zu fördern. Auch in der Sender-Kontrolle will der Rat neue Gremien etablieren und bishe­rige Organe ersetzen. Ein Umbau nach diesem Modell könne auch für die einzelnen ARD-Landes­rund­funk­anstalten sinn­voll sein.

Nun trifft sich die Rund­funk­kom­mis­sion der Länder

Die Vorsit­zende des Rats für die zukünf­tige Entwick­lung des öffent­lich-recht­lichen Rund­funks (Zukunftsrat), Julia Jäkel, sprach von einem "Kraftakt" der Länder, der erfor­der­lich sei. Histo­risch gewach­sene Struk­turen müssten ange­passt werden. Auf die Frage, wann die Ideen aus Sicht des Rats umge­setzt werden müssten, sagte Jäkel: "Es eilt, schnellst­mög­lich". Sie sagte auch: "Derzeit stecken die Öffent­lich-Recht­lichen in einer Abwärts­spi­rale. Alles geschieht in gewohnten Struk­turen."

Die Bundes­länder sind jetzt am Zug. In der nächsten Woche wird sich die Rund­funk­kom­mis­sion der Länder in Bingen zu einer Klausur treffen. Die Koor­dina­torin der Kommis­sion und rhein­land-pfäl­zische Medi­enstaats­sekre­tärin, Heike Raab (SPD), sprach von einem "Wurf", der vom Rat vorge­stellt worden sei. Bei der Klausur werde man die Über­legungen mit denen der Länder über­ein­ander­legen. Die Finanz­kom­mis­sion KEF soll dann ein Sonder­gut­achten erstellen, um heraus­zufinden, welche genauen Einspa­rungen der Exper­ten­bericht bringen könnte.

Ihr Rund­funk­kom­mis­sions-Kollege und säch­sischer Medi­enmi­nister Oliver Schenk (CDU) sagte, der öffent­lich-recht­liche Rund­funk müsse digi­taler und effi­zienter werden. Die Vorschläge des Zukunfts­rats seien eine sehr gute Grund­lage. "Ich halte sie in Teilen für sehr mutig." Sein Wunsch sei, dass man in der zweiten Jahres­hälfte den Entwurf eines neuen Staats­ver­trags auf den Weg bringen könnte. In Staats­ver­trägen beschreiben Bundes­länder den Auftrag und die Struktur des öffent­lich-recht­lichen Rund­funks.

Bran­den­burgs Staats­sekretär Benjamin Grimm (SPD), der für Medi­enpo­litik zuständig ist, teilte mit: "Die Vorschläge gehen in die rich­tige Rich­tung." Er verwies auch auf die jüngste Reform des Staats­ver­trags für den ARD-Sender Rund­funk Berlin-Bran­den­burg (RBB), in dem zum Beispiel eine neue kolle­giale Leitungs­struktur bereits etabliert worden sei.

APR begrüßt die Vorschläge des Zukunfts­rates

Auch aus dem Lager des Privat­funks kommt Zustim­mung. "Nur eine Schär­fung des Auftrags der Öffent­lich-Recht­lichen für eine stär­kere Orien­tie­rung am Gemein­wohl und an der Demo­kratie, sorgen für dauer­hafte Akzep­tanz in der Bevöl­kerung und für Formate, die auch der privaten Seite im Medi­ensystem Gestal­tungs­spiel­räume und Viel­falts­zuwachs ermög­lichen", so der Vorsit­zende der Arbeits­gemein­schaft Privater Rund­funk, Felix Kovac.

Bei dieser und allen anderen notwen­digen und rich­tigen Fragen, die der Zukunftsrat für den öffent­lich-recht­lichen Rund­funk aufge­schrieben hat, müsse die Medi­enpo­litik daher immer auch die Wech­sel­wir­kungen auf die privat­wirt­schaft­lich orga­nisierten Rund­funk­anbieter im Blick haben und zugleich die offen gelas­senen Fragen zu Werbung und Betei­ligungs­firmen klären. Ohne die Einbe­zie­hung der privaten Seite sei keine Verän­derung zugunsten einer gesell­schaft­lichen Viel­falts­meh­rung und -sicher­heit möglich, so Kovac. Daher bedeute Regio­nalität auch nicht Flucht in die Region. Beson­ders im Hörfunk ist im Lokalen eine große Viel­falt mit Ange­boten vorhanden, die es zu bewahren gilt.

Die APR vertritt bundes­weit die Inter­essen von 300 privaten Radio- und Fern­seh­sen­dern aus Deutsch­land und setzt sich insbe­son­dere für die Förde­rung der Viel­falt, Qualität und der wirt­schaft­lichen Inter­essen des privaten Rund­funks ein. Damit ist der APR der mitglie­der­stärkste Hörfunk­ver­band in Deutsch­land.

CSU-Chef Markus Söder verlangt einen strikten Spar­kurs von ARD und ZDF. 20 Sender sollen weg.

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