100 Jahre Radio: So feiern die Sender das Jubiläum
"Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin!" - mit diesen Worten bricht in Deutschland am 29. Oktober 1923 das Zeitalter der elektronischen Massenmedien an. Das Radio geht "on air". Schnell werden die Radio-Macher gute "Bekannte", die sich im Leben einnisten, vom Aufstehen bis zum Schlafengehen.
Das Radio holt die großen Ereignisse ins Wohnzimmer, ans Ohr, in den Kopf. Doch als Massenmedium ist es auch Machtinstrument. Für die Nazis wird es das "allerwichtigste Massenbeeinflussungsmittel". Joseph Goebbels verkündet 1933: "Den Rundfunk werden wir in den Dienst unserer Idee stellen, und keine andere Idee soll hier zu Wort kommen". Und der "Volksempfänger" wird hinter vorgehaltener Hand auch "Goebbels Schnauze" genannt.
Denkwürdige Momente
Das Radio sorgte in seiner Geschichte auch für Irritationen. Unvergessen das Hörspiel zu Orson Welles' Roman "Krieg der Welten", der am 30. Oktober 1938 eine Massenpanik in den USA auslöste. Ein vermeintliches Musikprogramm wurde von Eilmeldungen, Augenzeugenberichten und Experten-Interviews zu einer Invasion vom Mars unterbrochen, was dem Hörspiel so große Glaubwürdigkeit verlieh, dass mancher Hörer tatsächlich meinte, die Aliens stünden an der Freiheitsstatue.
Nach dem Krieg erlebt das Radio seine Stunde Null. Die West-Alliierten geben Starthilfe für den Neuanfang des staatsfernen Rundfunks: Re-Education mit Jazzmusik. In der sowjetisch besetzten Zone wird nach Moskauer Vorbild ein staatlich gelenkter Rundfunk etabliert. Schon bald konkurrieren die unterschiedlichen Rundfunksysteme in Ost und West: Kalten Krieg im Äther. Am 17. Juni 1953 sind die RIAS-Reporter aus dem Westen ganz nah an den Straßenschlachten, berichten live über den Protestzug der Ost-Berliner und über die Niederschlagung des Aufstands mit Panzern. Stimmen, Geräusche, Schreie - die Hörer hören was geschieht.
Das Radio war bei allen historischen Ereignissen mit dabei
100 Jahre Radio in der ARD Mediathek
Quelle: ARD, Screenshot: Michael Fuhr/teltarif.de
Das Radio ist bei allen wichtigen und bewegenden Momenten dabei: Wenn Deutschland 1954 Fußballweltmeister wird und sich die Stimme des Reporters vor Freude überschlägt oder wenn Bergleute nach dem Grubenunglück in Lengede nach Tagen aus dem Schacht befreit werden. Das Wunder von Lengede erleben 1963 Millionen Hörer live im Radio.
"Video killed the radiostar"? - Nein! Das Radio lebt, wird jung, erfindet sich neu: "Kofferheule" oder "Ghettoblaster", statt Radiotruhe im Wohnzimmer. Popmusik und Jugendsendungen mischen die Radiolandschaft in den 70ern auf. In der DDR wird die Jugendsendung DT64 zu einem Hörer-Hit. Der Rundfunk überwindet Grenzen und noch vor dem Mauerfall gibt es auch im DDR-Radio mutige Sendungen.
Heute hören über 50 Millionen Menschen jeden Tag Radio. Radio ist heute verbindendes Kommunikationsmittel, unsere moderne "Stammestrommel" auf allen möglichen Ausspielwegen und Geräten: UKW, DAB+, PC, Smart Speaker, Smart TV, Smartphone, Tablet und viele mehr. Radio ist heute auch viel mehr als nur das lineare Programm, es ist überall präsent: bei TikTok, auf Facebook, in Audiotheken und Podcast-Portalen. Neben dem Ton auch immer mehr mit begleitenden Bildern und Videos. Und das Radio sorgt immer noch für emotionale Momente: Am 20. März 2020 spielen etwa über hundert Radiosender aus ganz Europa um 8.45 Uhr gleichzeitig den Song "You'll never walk alone" der englischen Band Gerry and the Pacemakers. Ein Zeichen der Solidarität in der Coronakrise.
"100 Jahre Radio – Hört. Nie. Auf." - in der ARD Mediathek und -Audiothek
Zahlreiche Radio- und auch Fernsehsender würdigen dieses Jubiläum direkt am 29. Oktober oder in den Tagen davor und danach.
Im Fernsehen etwa strahlt die ARD (Das Erste) die rbb-Dokumentation "100 Jahre Radio - Deutschland on Air" aus. Im rbb Fernsehen ist sie am 31. Oktober 2023 um 20.15 Uhr zu sehen. Ab sofort ist der Film in der ARD Mediathek abrufbar.
Als historische Einbettung erzählt die Doku "100 Jahre Radio – Eine Liebeserklärung" (BR) das Auf und Ab des Radios im Freistaat Bayern: den glorreichen Anfang in den Goldenen 1920ern als "Deutsche Stunde in Bayern", die Gleichschaltung und den Missbrauch unter dem NS-Regime als "Reichssender München", die Stunde Null im Zweiten Weltkrieg, den US-amerikanischen Neuanfang als "Radio Munich" und schließlich die Umwandlung in den Bayerischen Rundfunk als öffentlich-rechtliche Sendeanstalt. Die Doku gibt es unter anderem auf einer zentralen Seite zu 100 Jahren Radio im Web-Angebot des Bayerischen Rundfunks
"100 Jahre Radio – Hört. Nie. Auf.": Unter diesem Motto feiern die ARD-Sendern und das Deutschlandradio allgemein den 100. Geburtstag des Mediums Radio. Alle Angebote wie historische Sendungen und Dokus werden in der ARD Mediathek und in der ARD Audiothek sowie auf ARD Kultur gebündelt.
Podcast "Radio Macht Geschichte"
Von der ARD gibt es zudem "Radio Macht Geschichte". Die Podcast-Reihe, produziert von MDR Kultur und Jugend, SWR Wissen und rbbKultur, erzählt, wie das Radio seit 100 Jahren Geschichte mitgeschrieben hat. Zum Beispiel die Musikgeschichte, denn Jazz, Swing und Pop wären ohne das Massenmedium wohl kaum so erfolgreich geworden. Und noch eine grandiose Erfindung, die in die Kulturgeschichte eingegangen ist, hat das Radio hervorgebracht: das Hörspiel. In den Anfängen lautete der Name dafür noch "Funkdrama", wie in einer der Podcast-Folgen zu erfahren ist.
Dabei lebt der Podcast "Radio Macht Geschichte" von den vielen historischen und teils dramatischen O-Tönen, die die Autoren Tomas Fitzel (rbb), Sven Hecker (MDR) und Max Knieriemen (SWR) aus dem ARD-Archiv gefischt haben. Darunter die vielleicht berühmteste Reportage der Radiogeschichte über den Absturz des Luftschiffes "Hindenburg" 1937 in Lakehurst. Oder einen Livebericht vom 17. Juni 1953, als am Potsdamer Platz in Berlin die sowjetischen Panzer auffuhren und dem Volksaufstand der Ostdeutschen für Freiheit und Einheit ein Ende bereiteten. Der Podcast erzählt aber auch, wie dank des Radios eine Revolution gelingen konnte: Als am 24. April 1974 der portugiesische Rundfunk das Lied "E Depois do Adeus" spielte, war dies das Signal zum Sturz der Militärjunta. Die Podcast-Reihe gibt es ebenfalls in der ARD Audiothek.
Schwarzwaldradio holt legendäre Radiostimmen zurück ans Mikrofon
Auch viele Privatsender feiern 100 Jahre Radio. Hier ist vor allem der bundesweite Sender Schwarzwaldradio (UKW, DAB+ und Internet) zu erwähnen. An diesem Sonntag um 9 Uhr startet Moderator Uwe Carsten eine große Sondersendung - mit Radiolegenden aus ganz Deutschland, historischen und kuriosen O-Tönen und jeder Menge Musik. Hörer können sich auf Studio-Talks unter anderem mit Frank Elstner (Radio Luxemburg), Thomas Gottschalk (BR, Radio Luxemburg), Frank Laufenberg (SWF, SWR, SR), Werner Reinke (hr), Carlo von Tiedemann (NDR), Gregor Rottschalk (RIAS), Matthias Matuschik (BR, SWF, WDR) und Rik DeLisle (RIAS) freuen.
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