Antenne Deutschland: Reichweite ist unsere Währung
Antenne Deutschland-CEO Mirko Drenger
Foto: Tomas Rodriguez/freenet AG
Antenne Deutschland gilt als Motor der nationalen DAB+-Plattform. Wir sprechen mit CEO Mirko Drenger über Formatradio, den Stellenwert von analogem UKW-Radio für die privaten Rundfunkveranstalter sowie weiteren Zukunftsaussichten.
teltarif.de: Herr Drenger, gerade die Programme von Absolut Radio profitieren in besonderem Maße von DAB+. Dies macht deutlich, dass der digitale Rundfunk durchaus ein funktionierendes Geschäftsmodell für Radiosender sein kann. Dennoch sind es vor allem private Rundfunkveranstalter, die auf UKW nicht verzichten wollen. Warum vollzieht sich der Wandel in Deutschland aus Ihrer Sicht derart zäh?
Mirko Drenger: Die Zurückhaltung kann ich absolut verstehen. Wenn ein Radiosender heute beide Verbreitungswege nutzt, was bei den meisten Sendern ja mittlerweile so ist, braucht man eine gute Strategie für die Migration der Reichweite von UKW auf DAB+, um beim UKW-Aus möglichst keine Reichweite zu verlieren. Denn die Reichweite ist wiederum die Währung, mit der wir unser Geld verdienen. Ab einem gewissen Punkt kippt das aber, denn die doppelten Verbreitungskosten sind nicht unerheblich. Es würde zudem helfen und den Umstieg vereinfachen, wenn die Länder sich auf einen gemeinsamen Zeitpunkt zum Umstieg einigen würden. Die Sorgen einiger Programmanbieter bezüglich der unterschiedlichen UKW-Abschaltzeitpunkte und der damit verbundenen möglichen Reichweitenabwanderungen kann ich grundsätzlich schon verstehen.
teltarif.de: Trotz deutlich höheren Frequenzkapazitäten bei DAB+ bleiben bestimmte Programme dem Webradio vorbehalten. Das wird auch bei Absolut Radio deutlich. Wer unbegrenzte Radiovielfalt genießen möchte, kommt somit nicht um das Internet herum. Sehen sie die unterschiedlichen Technologien eher als Ergänzung oder bleibt DAB+ unweigerlich eine Übergangstechnologie?
Antenne Deutschland-CEO Mirko Drenger
Foto: Tomas Rodriguez/freenet AG
Mirko Drenger: Die Verbreitung über DAB+ ist technologisch bedingt teurer als zum Beispiel die Verbreitung über das Internet. Das schränkt die Möglichkeiten der Vielfalt etwas ein. Ansonsten sehen wir die Verbreitungswege ergänzend. Der Hörer sucht sich den für sein aktuelles Nutzungsszenario passenden Verbreitungsweg. Wie TV- und Videostreaming Anbieter bieten wir hierfür per Simulcast und Multi-Device-Delivery unsere Inhalte an.
teltarif.de: Welche Kriterien muss ein Programm aus Ihrer Perspektive erfüllen, damit eine DAB+-Verbreitung nachhaltig ist?
Mirko Drenger: Das Potenzial der mit dem Programm adressierten Zielgruppe muss zum einen eine Refinanzierung zumindest theoretisch ermöglichen. Das bedeutet eine gewisse Massentauglichkeit. Kritiker kommen dann gerne mit "Dudelfunk". Wenn aber der Hörer überwiegend Musik hören will, aus unterschiedlichen Richtungen und Epochen, dann ist das halt der Bedarf, den man als Anbieter decken muss. Zum anderen sollte ein neues Format schon etwas Spezielles, Neues haben, um Hörer zu gewinnen. Das ist aber kein spezielles Radio-Thema. Wenn ich in einem etablierten und verteilten Markt ein neues Produkt launche, muss es einfach neu bzw. besonders sein.
teltarif.de: Gerade in Nordrhein-Westfalen zeigen sich regelmäßig Wechsel im landesweiten DAB+-Multiplex. Haben einige Veranstalter den Markt falsch eingeschätzt?
Mirko Drenger: Wir sind im NRW-Markt nicht engagiert und können daher dazu keine Einschätzung geben.
teltarif.de: Mit diversen Programmformaten tun sich vor allem private Programmveranstalter schwer. Man denke zum Beispiel an Talkradios, wie man sie aus den USA kennt. Auch die Etablierung eines Sportradios hatte offenbar keinen wirtschaftlichen Erfolg. Sehen Sie für derartige Projekte weiterhin Chancen auf dem deutschen Radiomarkt?
Mirko Drenger: Da braucht es in erster Linie einen Programmanbieter, der in diesen Inhalten zuhause ist und der so ein Programm auch mühelos zusammenstellen und inhaltlich durchhalten kann. Da gibt es einige in Deutschland, aber die stecken gerade ohnehin in der Digitalisierung ihres Kerngeschäfts. Es wird also spannend, wer da der erste sein wird. Woran genau es beim Sportradio gelegen hat, kann man nur vermuten, aber der Ansatz war mutig und spannend. Die Chancen für solche Talk- und Info-Formate müssten recht hoch sein, da der Wettbewerb überschaubar ist. Durch die Funktionsweise der Reichweitenmessung muss man da aber etwas Geduld mitbringen.
teltarif.de: Wäre ein weiteres Programm im NRW-Multiplex für Absolut Radio interessant?
Mirko Drenger: Im NRW-Mutliplex befindet sich kein Programm von Absolut Radio. Unsere primären Programme werden alle bundesweit ausgestrahlt. Die regionalen Multiplexe sind für uns daher zunächst nicht von Interesse.
teltarif.de: Die Verbreitung lokaler Radiosender spielte bislang bei DAB+ nur eine untergeordnete Rolle. Hat man die wirtschaftlichen Interessen dieser Sender insbesondere in NRW und Bayern zu sehr vernachlässigt?
Mirko Drenger: Dazu kann ich persönlich wenig sagen, da wir uns fast ausschließlich auf die nationale Verbreitung von DAB+ konzentrieren.
teltarif.de: Welche Erwartungen sollte die Medienpolitik mit Blick auf die Fortentwicklung digitaler Übertragungswege aus Sicht der Rundfunkveranstalter erfüllen?
Mirko Drenger: Ich höre immer wieder, dass eine länderübergreifend einheitliche und zeitlich abgestimmte Vorgehensweise helfen würde und viele Befürchtungen und Unsicherheiten abbauen würde.
teltarif.de: Stehen bei Absolut Radio weitere interessante Projekte auf der Roadmap, über die Sie schon sprechen können?
Mirko Drenger: Ja, wir haben eine digitale Agenda und arbeiten die ab. Wir haben bereits das Display vermarktet, klassisches Radio programmatisch buchbar gemacht, den ersten AI-generierten Radiosender gelauncht und wir arbeiten am nächsten Projekt, das sich aufdrängt, wenn man Radio digital denkt. Dazu später im Jahr gerne mehr.
teltarif.de: Zum Abschluss noch eine Frage zum Digitalradio im Kabelnetz: Diverse Programmveranstalter zweifeln an diesem Übertragungsweg. Wie ist Ihre Ansicht zu diesem Thema?
Mirko Drenger: Wir verbreiten die Programme der Absolut Gruppe bislang nicht über das Kabelnetz und haben dies auch in Zukunft nicht vor.
Zur Person: Mirko Drenger
Vor seinem Wechsel zu Antenne Deutschland war Mirko Drenger viele Jahre Geschäftsführer verschiedener Unternehmen innerhalb der freenet Group. Er bringt über 20 Jahre Erfahrung in verschiedenen digitalen Geschäftsmodellen, Vermarktung, Unternehmensaufbau und Führung mit.