Ausprobiert

SIMSme im Test: Startschwierigkeiten beim Post-Messenger (Update)

SIMSme von der Deutschen Post hat einen schlechten Start hingelegt: Versand- und Verbindungsprobleme sind häufig. Wir haben den verschlüsselten Messenger ausprobiert und stoßen auf interessante Features, aber auch einige Bugs und problematische Design-Entscheidungen.
Von Hans-Georg Kluge / Thorsten Neuhetzki

SIMSme mit PIN-Sperre. SIMSme mit PIN-Sperre.
Screenshot: teltarif.de
Die Deutsche Post steigt in ihr ureigenstes Geschäft ein: Persönliche Nachrichten verschicken. SIMSme heißt der Versuch, mit dem die Post erstmals die analoge Welt verlässt und ins Messenger-Geschäft einsteigt. Wir haben den Messenger ausprobiert. Und ohne zu viel zu verraten: Der App ist anzumerken, dass es die ersten Gehversuche der Post im Messenger-Sektor sind.

Einrichtung und erste Kontakte

SIMSme mit PIN-Sperre. SIMSme mit PIN-Sperre.
Screenshot: teltarif.de
Wir haben SIMSme auf einem iPhone 5C, einem LG G3 und einem Samsung Galaxy S4 ausprobiert. Die Installation erfolgte über Apples Appstore oder Google Play - der App-Download war kostenlos. Nach dem ersten Start mussten wir unsere Rufnummer angeben, damit der Account verifiziert werden konnte. Dies geschieht ganz klassisch über das Zuschicken einer SMS mit einem Code, der anschließend in die App eingegeben werden muss. Auch der Zugriff auf das Adressbuch war nötig, denn sonst fand die App keine Kontakte.

In unserem Test klappte die Einrichtung ohne Probleme. Auf einem Smart­phone kam es dagegen zu Problemen nach dem ersten Start. Außerdem war die Oberfläche extrem langsam und die App schien sogar abzustürzen. Ein Update am Abend des Marktstarts behob aber einige Fehler - nach der Aktualisierung funktionierte SIMSme besser. Wir testeten SIMSme mit diesem Update.

Über die Be­nutzer­ober­fläche lässt sich streiten. Auf iOS und Android setzt die Deutsche Post auf das gleiche Design - plattformspezifische Anpassungen finden sich kaum und betreffen nur Details wie die Navigation.

Transparente Oberfläche nur für iPhone-Nutzer

Läuft: Wer gehen und dabei chatten möchte, kann die transparente UI einschalten. Läuft: Wer gehen und dabei chatten möchte, kann die transparente UI einschalten.
Screenshot: teltarif.de
Ein interessantes Feature ist nur auf dem iPhone verfügbar - die transparente Be­nutzer­ober­fläche. Diese zeigt auf der Chatseite statt einem Hintergrund das aktuelle Bild der Kamera an. Wer im Gehen chattet sieht also die Straße bzw. den Weg vor sich. In unserem Test konnten wir damit tatsächlich auch kleinere Hindernisse frühzeitig erkennen und stolperten nicht, während wir eine Nachricht eintippten.

Die Oberfläche war im Test mit einer verwirrenden Animation ausgestattet. Während wir durch die App navigierten, zeigte und die Anwendung beim Bildschirmwechsel eine Animation an. Dabei erschien von der Bildschirmmitte ausgehend der Zielbildschirm. Der Effekt war ziemlich schnell, nicht einmal eine halbe Sekunde lang. Auf uns wirkte die Animation deplatziert und raubte uns den Eindruck einer durchdachten und strukturierten Navigation.

Nachrichten verschicken führt zunächst zu Fehlermeldungen

Wer mit WhatsApp oder anderen Messengern zurecht kommt, dürfte mit SIMSme keine zu großen Schwierigkeiten haben. Einzel- und Gruppen-Chats sind verfügbar. In der Kontakteverwaltung können wir über einen Barcode die Identität unseres Chatpartners bestätigen - Threema-Nutzer kennen solche Barcode-Austausch-Partys.

Ein treuer Begleiter in unserem Test: Eine Fehlermeldung. Ein treuer Begleiter in unserem Test: Eine Fehlermeldung.
Screenshot: teltarif.de
In unserem Test erlebten wir einige Probleme, die darauf hindeuten, dass die Deutsche Post mit dem ersten Ansturm nicht gerechnet hat. Beim Versand einer Nachricht erhielten wir fast immer die Fehlermeldung, dass die Nachricht nicht verschickt werden konnte. Nach einigen Sekunden erfolgte die Zustellung dann doch. Der Versender bekam davon aber nichts mit. In unserem Testszenario war das nicht weiter schlimm, denn wir waren nur wenige Meter voneinander entfernt. In der Praxis wäre ein solches Verhalten nicht akzeptabel. Da wir unsere erfolglos zugestellte Nachricht erneut verschicken konnten, erhielt der Empfänger diese mehrfach. Stets erhielt der Versender eine Fehlermeldung. Die Verzögerung bei der Zustellung betrug in unserem Test rund 5 Sekunden - das kann die Konkurrenz besser.

Enttäuschend war in unserem Test die Tatsache, dass Benachrichtigungen nicht richtig funktionierten. Weder auf dem iPhone noch auf unseren beiden Android-Smartphones erhielten wir eine System-Benachrichtigung, wenn wir über SIMSme eine Botschaft erhielten. Erst, als wir die App öffneten, sahen wir, dass inzwischen neue Nachrichten eingetroffen waren. Analog entspricht das einem Briefkasten, in den man erst schauen muss. Update, 16:12 Uhr: Inzwischen funktioniert SIMSme besser. Nachrichten lassen sich jetzt ohne Fehlermeldung verschicken und Benachrichtigungen erscheinen, wenn eine Nachricht eingetroffen ist. (Ende des Updates. Wir haben im Fazit weitere Ergänzungen vorgenommen.)

Verwirrung um die Selbstzerstörungsfunktion

Auch mit Android stolperten wir immer wieder über Fehler wie diesen. Auch mit Android stolperten wir immer wieder über Fehler wie diesen.
Screenshot: teltarif.de
SIMSme verfügt über eine Selbstzerstörungsfunktion für Nachrichten und Bilder. Wir konnten einstellen, dass eine Nachricht nur zum Beispiel 30 Sekunden zu sehen sein soll. Der Empfänger erhielt daraufhin die Nachricht und wird aufgefordert, diese zu öffnen. Dann erst beginnt der Countdown, an dessen Ende eine hübsche, aber ruckelige Animation die Nachricht explodieren lässt. Screenshots verhindert die App im Gegensatz zu einigen Konkurrenten nicht. Zumindest Android-Apps können Screenshots unterbinden.

Zur Vorstellung des Messengers hieß es noch, die Selbstzerstörungsfunktion solle künftig für 89 Cent freizuschalten sein. Die erste Million Nutzer sollten die Funktion mit einem Gutschein kostenlos erhalten. Das funktionierte mit der ersten Version auch. Nach der schon erwähnten Aktualisierung ist der entsprechende Menüpunkt verschwunden. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, das Feature freizuschalten.

Die Folgen: Wer zu den ersten Nutzern gehört, konnte das Feature freischalten und es auch nach dem Update nutzen. Wir nutzten die Gelegenheit bei einem Nutzeraccount zunächst nicht. Das Resultat: Mit der neuen Version der App konnten wir mit keine selbstzerstörenden Nachrichten verschicken, denn dieses Feature sei nicht freigeschaltet. Immerhin versendet SIMSme die Nachricht nach der Meldung nicht. Denkbar wäre ja gewesen, dass die eigentlich zeitlich limitierte Botschaft ohne Selbstzerstörung verschickt wird.

Senden fehlgeschlagen, heißt es. Dennoch kommt die Nachricht an. "Senden fehlgeschlagen", heißt es. Dennoch kommt die Nachricht an.
Screenshot: teltarif.de
Kurios: Wir meldeten einen dritten Account an. Dieser startete von Beginn an mit der neuen Version von SIMSme. Und siehe da, die Selbstzerstörungsfunktion ist ohne weiteres aktiv und benutzbar. Diesen Account eröffneten wir auf einem iPhone - denkbar ist, dass iOS-Nutzer von Anfang an die Freischaltung erhielten.

Eine Anfrage an die Deutsche Post zur Zukunft der Selbstzerstörungsfunktion blieb bis zur Veröffentlichung unseres Artikels unbeantwortet. Wir fragten auch wegen der Fehlerberichte nach und baten um Informationen zur eingesetzten Verschlüsselungstechnik. Sobald uns eine Antwort erreicht, tragen wir diese nach.

Erstes Fazit: SIMSme braucht Zeit

SIMSme hat Startprobleme, das ist in unserem Test deutlich geworden. Die Deutsche Post dürfte diese aber nach und nach in den Griff bekommen. Die eingesetzte Übertragungstechnik hat aber Verbesserungspotenzial: Es darf nicht sein, dass der Sender eine Fehlermeldung erhält, die Botschaft aber zugestellt wird. In einem solchen Fall muss eine Rückmeldung an den Sender erfolgen.

Abseits dessen kämpft auch SIMSme mit dem Problem, dass die Nutzerbasis fehlt. Private Kontakte fanden wir in unserem Test nicht, immerhin einige befreundete IT-Journalisten waren zum Chat verfügbar. Die technische Umsetzung der Verschlüsselung können wir ohne weitergehende Informationen nicht einschätzen, die zum Einsatz kommende AES-256-Methode gilt aber als sicher. Dennoch können Fehler in der Implementierung des Übertragungsprotokolls die Vertraulichkeit gefährden. Die Idee, mit SIMSme ein Angebot für die Kundenkommunikation von Unternehmen zu schaffen, klingt auf den ersten Blick vielversprechend. Ob das klappt, wird sich noch erweisen müssen.

Update, 16:12 Uhr: Die technischen Probleme hat die Deutsche Post jetzt offenbar gelöst. Jetzt funktioniert der Nachrichten-Versand schnell und zuverlässig. Was fehlt? Noch immer die Nutzer. (Ende des Updates) Derzeit sind andere sicher verschlüsselnde Messenger wie Threema oder Sicher der Lösung der Deutschen Post überlegen. Weitere Messenger mit starker Ende-zu-Ende-Verschlüsselung haben wir in einer Übersicht zusammengestellt.

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