Meinung

US-Medienkonzerne in der Krise

Alle US-Medi­enkon­zerne stehen vor glei­chen Heraus­for­derungen: Zuneh­mende Konkur­renz und ökono­mische Krisen. Das gefährdet sowohl SVoD als auch AVoD-Geschäfts­modelle. Doch wer ist wirk­lich vorbe­reitet?
Ein Kommentar von Björn König

Eigent­lich könnte die Strea­ming-Welt nicht rosiger aussehen. Zumin­dest, wenn man den Unter­neh­mens­bera­tern von Deloitte glaubt. Im Schnitt hat jeder Haus­halt 1,5 Abos, in jedem zehnten Haus­halt gibt es bereits sogar vier oder mehr Abos. Und das ist längst nicht alles: So schauten vor allem die Deut­schen seit der Pandemie noch mehr Netflix, Prime Video und Disney+. Für alle großen US-Streamer war gerade diese Krise noch­mals ein Umsatz­beschleu­niger, während parallel lineares Fern­sehen bei Zuschauern an Akzep­tanz verliert. Foto: Matt Grace/Prime Video Mega-Produktionen wie Amazons "Herr der Ringe"-Adaption sind kaum noch finanzierbar
Foto: Matt Grace/Prime Video
Der Erfolg beruhte vor allem darauf, dass Konsu­menten mehr Zeit in den eigenen vier Wänden vor dem heimi­schen Fern­seher verbrachten. Dennoch sollten diese Zahlen nicht darüber hinweg­täu­schen: Alle US-Medi­enkon­zerne stehen vor struk­turellen Heraus­for­derungen, denn das toxi­sche Gemisch aus ökono­mischen Krisen und zuneh­mendem Wett­bewerb ist keine Eintags­fliege. Bleibt die Frage, wer mit seinem Geschäfts­modell wirk­lich lang­fristig auf der sicheren Seite steht.

Halb­her­zige Konzepte

Dass Abon­nenten in Zukunft deut­lich weniger Geld für Strea­ming-Dienste locker machen, ist so sicher wie das sprich­wört­liche Amen in der Kirche. Steuert die Infla­tion in Rich­tung zehn Prozent, haben Haus­halte schlicht andere Sorgen und mit Sicher­heit gehören Disney+ und Netflix viel­fach zu den ersten Posten im Monats­budget, die letzt­end­lich weichen müssen. Etwas anders verhält sich wohl mit dem Amazon Prime Abo, denn auf den kosten­losen Versand wird so mancher Haus­halt auch in Krisen­zeiten nicht verzichten wollen.

Es ist nahe­lie­gend, dass US-Medi­enkon­zerne wegbre­chende Einnahmen aus dem Subscrip­tion-Busi­ness nun mit Werbe­ein­nahmen kompen­sieren wollen. Fast alle Unter­nehmen haben bereits ange­kün­digt, derar­tige Modelle zu starten. Vieles davon wirkt aber halb­herzig und unaus­gegoren. Beispiel Netflix: Zwar schaltet man einer­seits Werbung, will sich aber ande­rer­seits auch dort nicht wirk­lich von Aboein­nahmen verab­schieden.

Werbe­umsätze rück­läufig

Aber selbst voll­ständig auf Werbung zu setzen, kann schlicht keine lang­fristig erfolg­reiche Stra­tegie sein. Einer­seits wird das Werbe­budget von Kunden durch mehr Wett­bewerb nicht größer, ganz im Gegen­teil. Noch mehr Strea­ming-Dienste kämpfen um den vorhan­denen Kuchen. In Phasen der Rezes­sion werden selbst Groß­kunden ihre Werbe­etats zuneh­mend zurück­fahren. Heißt konkret: Lang­fristig können sich nur Medi­enkon­zerne am Markt behaupten, die dezi­diert auf sichere Einnahmen außer­halb von Strea­ming zurück­greifen.

Disney zum Beispiel verdient ebenso mit Reisen, Merchan­dising und Themen­parks. Aber auch hier bleibt die Frage: Wird in der Rezes­sion mehr gereist oder Zeit in Vergnü­gungs­parks verbracht? Sehr wahr­schein­lich ist auch das nicht. Vor allem Disney steckt beson­ders in der Bredouille: Der Mickey Mouse-Konzern hat das mitunter höchste Produk­tions­budget aller US-Medi­enkon­zerne.

Anti­zykli­sche Geschäfts­modelle

Kurzum: Selbst für einen Medi­enkon­zern wie Disney ist es zuneh­mend schwierig, durch anhal­tende Krisen zu steuern. Umso wich­tiger wird es, anti­zykli­sche Geschäfts­modelle zu entwi­ckeln. Medi­enkon­zerne müssen abseits von Unter­hal­tung in neue Geschäfts­bereiche inves­tieren, die selbst in Krisen­zeiten sichere Umsätze garan­tieren und für Konsu­menten unver­zichtbar sind.

Das könnten zum Beispiel Sektoren wie Lebens­mittel, Tele­kom­muni­kation oder Medizin sein. Ein Beispiel ist Amazon: So wurde berichtet, dass der Konzern in die Erfor­schung von Krebs-Impf­stoffen einsteigt. Das mag zunächst völlig abwegig klingen, ist aber ein durchaus logi­scher Schritt. Sollten sich hier Erfolge zeigen, wären Patente daraus eine nahezu endlos spru­delnde Geld­quelle. Amazon-Chef Jeff Bezos setzte mit seiner Stra­tegie übri­gens schon von Anfang an auf ein diver­sifi­ziertes Geschäfts­modell. Noch ist für die Konkur­renz Zeit, hier aufzu­schließen.

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