Streaming: Welche Dienste haben Überlebens-Chancen?
Noch ist der Streaming-Markt in Deutschland recht überschaubar. Auf der einen Seite finden sich TVNOW, Joyn und Sky Ticket als nationale Anbieter, auf der anderen Seite stehen mit Netflix sowie Amazon Prime Video und Disney+ die großen US-Dienste. Das wird natürlich nicht so bleiben, denn auf Dauer ist vor allem mit Paramount+ und HBO Max weiterer Wettbewerb zu erwarten. Zwangsläufig werden Anbieter auf der Strecke bleiben, denn das Budget der Abonnenten ist begrenzt. Wer hat nun also wirklich gute Chancen, die "Streaming-Kriege" zu überleben und wo sieht es eher schlecht aus?
Studio-Streamer
Dank Star Wars klingelt bei Disney+ auch in Zukunft die Kasse
Foto: Lucasfilm
Die besten Marktchancen in Deutschland können sich auf Dauer nach unserer Einschätzung US-Studiodienste ausrechnen. Zu nennen sind hier Disney+ sowie HBO Max und möglicherweise Paramount+. Auch gegenüber Netflix und Amazon Prime Video werden die drei genannten Anbieter ganz sicher die Nase vorn haben. Dafür gibt es auch einen einfachen Grund: Sie können langfristig sowohl in Sachen qualitativer Lizenzkatalog als auch künftig eigenen Blockbuster-Produktionen mehr als alle Wettbewerber liefern. Wir würden vermuten, dass Disney die "Streaming-Krone" in Deutschland holt, während die WarnerMedia-Tochter HBO Max nach einem Start in Deutschland auf Platz 2 landet.
Paramount+ verfügt zwar ebenfalls über einen sehr attraktiven Katalog, viele Inhalte der Muttergesellschaft ViacomCBS werden aber hierzulande bereits auf eigenen Free-TV-Sendern wie Comedy Central, Nick oder MTV verbreitet. Darüber hinaus betreiben die Amerikaner mit Pluto TV auch noch einen Gratis-Streamer in Deutschland. Für diesen Content werden Zuschauer kaum nochmals extra zahlen wollen, weshalb wir die Chancen von Paramount+ eher skeptisch sehen.
Ebenso stehen die Chancen für Netflix und Prime Video eher schlecht, denn es fehlt einfach an eigenem attraktiven Lizenzkatalog und Produktionskapazitäten. Nicht zuletzt verschlechtert sich bei Netflix zunehmend das Preis-Leistungsverhältnis. Prime Video hingegen hat aber trotzdem eine Sonderstellung, da der Dienst für Prime-Kunden ohnehin inklusive ist.
Nationale Anbieter
Zwischen Joyn, TVNOW und Sky Ticket ist der Fall aus unserer Sicht relativ klar. Die besten Chancen können sich hier Sky Ticket und Joyn ausrechnen. Sky gehört mittlerweile zum US-Medienkonzern Comcast und hat deshalb ebenfalls Zugriff auf ein großes Content-Portfolio. In den kommenden Jahren wird man sich außerdem mit Sky Studios vor allem auf europäische Eigenproduktionen fokussieren, um den Verlust an Inhalten von HBO auszugleichen.
Gut stehen dürften die Chancen auch für Joyn, denn das Konzept aus SVoD und Live-TV ist für Abonnenten attraktiv (vorausgesetzt man kann auf Dauer einen interessanten US-Lizenzkatalog beibehalten).
Schlecht sieht es hingegen aus unserer Sicht für TVNOW von RTL aus. Der Streamer wirkt auf uns eher wie eine Verwertungsplattform von eher dürftigen RTL-Inhalten. Für Zuschauer gibt es insgesamt wenig gute Argumente, den "Bachelor" oder das "Dschungelcamp" im Streaming extra zu bezahlen. Live TV bietet TVNOW darüber hinaus prinzipiell nur mit Sendern der RTL-Gruppe.
Fazit
Langfristig dürften sich Disney+, HBO Max, Joyn und Sky Ticket auf dem deutschen Markt behaupten. Die vier Dienste können sich vor allem aufgrund ihres Contents die besten Chancen ausrechnen. Vor allem Disney wird mit seinem zusätzlichen Erwachsenen-Angebot "Star" nochmal einen kräftigen Schub bekommen und in den nächsten Monaten neue Abonnenten anziehen.
Zwar gilt Netflix nach wie vor als Marktführer, für den Streamer aus Los Gatos sieht die Zukunft allerdings weniger rosig aus. Schon jetzt kann man die Preiserhöhungen eigentlich nicht mehr mit dem Angebot begründen. Immer wieder werden diese Steigerungen mit dem Aufwand für mehr Inhalte gerechtfertigt. Fakt ist aber, die wirklich interessanten Inhalte sind in den vergangenen Monaten aus dem Netflix-Katalog verschwunden und beispielsweise zu Disney+ abgewandert. Dass darüber hinaus Abonnenten SD-Qualität zum Preis von Ultra-HD bei der Konkurrenz geboten wird, kann man im Jahr 2021 und besonders mit Blick auf den harten Wettbewerb schon als dreist bezeichnen.
Aktuelle Preiserhöhungen bei Streaming-Diensten haben wir in einem weiteren Artikel diskutiert.