Streaming: Düstere Prognose für US-Medienkonzerne
Für die Investmentbank Macquarie hat sich Analyst Tim Nollen das Geschäft von US-Medienkonzernen näher angeschaut und kommt dabei zu einem ernüchternden Ergebnis. Er prognostiziert einen Wertverlust bei praktisch allen wichtigen Branchengrößen von ViacomCBS bis Comcast. Vor allem der zunehmend härtere und globale Wettbewerb unter Streaming-Diensten setze den Konzernen zu. Der Analyst würde nach eigenem Bekunden eher in andere Branchen investieren.
Indikatoren zeigen nach Süden
Comcast-CEO Brian Roberts steht im globalen Kampf der Streaming-Dienste besonders unter Druck
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Nollen verweist bei seiner Bewertung auf die wichtigsten Namen der Medienbranche: ViacomCBS, Fox Corp, AMC Networks und Comcast wurden auf "Neutral" herabgestuft und erhalten somit keine explizite Kaufempfehlung mehr. Lediglich Disney darf immerhin noch das Prädikat "Outperform" behalten. Medienkonzerne kämpfen derzeit an verschiedenen Fronten, wobei sich der zunehmende Wettbewerb in einem ungünstigen Zeitpunkt einstellt.
Während sich das gesamtwirtschaftliche Umfeld durch Faktoren wie Inflation und die Corona-Pandemie eintrübt, sind aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs höhere Investitionen in Streaming bei gleichzeitig wegbrechenden Umsätzen erforderlich. Nollen sieht die Medienbranche insgesamt eher kritisch und würde nach eigenem Bekunden eher in die Werbeindustrie investieren, denn dieser Markt zeige sich weiterhin stark.
Besondere Situation bei Comcast
Während sich die meisten US-Medienkonzerne "nur" mit Pandemie und Streaming auseinandersetzen müssen, ist es für Comcast sogar noch weitaus schwieriger. Deren Rückgrat ist nämlich nach wie vor das Kabelfernsehen-Geschäft in den Vereinigten Staaten. Seit jeher bildet dieses den eigentlichen Kern des Unternehmens, während das Medien- und Contentgeschäft sozusagen um das Kabelfernsehen herum aufgebaut wurde. Doch ausgerechnet dieser Geschäftsbereich steht massiv unter Druck.
Während dort ebenfalls sogenannte "Cord Cutter" zu Streaming wechseln und Umsatz abfließt, befände sich das eigene SVoD-Business laut Nollen im "Investment-Modus". Will heißen: Comcast nimmt gerade erst erheblich Geld in die Hand, um seinen Streamer Peacock aufzubauen und global im Kampf gegen Netflix, Disney & Co. auszurollen. Es ist offensichtlich, dass sich die Frage nach einem zukunftssicheren Geschäftsmodell bei Comcast noch dringender als bei Mitbewerbern stellt.
2022 wird Bewährungsprobe
Im neuen Jahr 2022 wird sich vor allem im Streaming die Spreu vom Weizen trennen. Mit Peacock, HBO Max sowie Paramount+ steht in den meisten europäischen Ländern eine letzte große SVoD-Welle der US-Studios bevor. Auch in Deutschland kommt voraussichtlich schon Anfang des Jahres mit Paramount+ ein weiterer Dienst hinzu. Klar ist dabei allerdings schon jetzt: Der Kuchen wird für alle Beteiligten nicht größer und bei den Zuschauern gibt es schon jetzt eine offenkundige Tendenz, sich den einen oder anderen Blockbuster wieder illegal im Netz abzuholen.
Das bekam jüngst erst Disney mit der Marvel-Produktion "Black Widow" zu spüren. Zudem nähren sich Zweifel, ob parallele Auswertungen von Kino-Blockbustern im Streaming für US-Medienkonzerne wirklich ein nachhaltiges Geschäftsmodell sind. Trotz des Abgesangs auf die Leinwand wird ein Großteil des Umsatzes nach wie vor in Kinosälen generiert. Ohne die Corona-Pandemie hätte sich daran bis heute wohl auch nichts geändert. In den Chefetagen von Disney, Warner & Co. wird man diese unbestreitbare Tatsache wohl kaum aus den Augen verlieren.