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Netflix: Pläne für Werbefinanzierung laufen an

Es gab bereits Speku­lationen, dass künftig eine werbe­finan­zierte Version von Netflix startet. Laut Medi­enbe­richten werden die Pläne im Hinter­grund bereits konkret, profi­tieren könnten vor allem zwei US-Konzerne.
Von Björn König

Bislang war Werbung für Netflix stets ein rotes Tuch. Die Beto­nung liegt auf "bislang", denn aktu­elle Zahlen zwingen CEO Reed Hastings zum Para­dig­men­wechsel. Der Plan hat aller­dings einige Tücken, denn ähnlich wie Netflix Studio­kapa­zität für Eigen­pro­duk­tionen fehlt, mangelt es im Hinter­grund auch an einer notwen­digen internen Infra­struktur, um über­haupt Werbung zu vermarkten. Wie das "Wall Street Journal" (Paid) berichtet, steht Netflix nun aber offenbar in konkreten Verhand­lungen mit externen Part­nern.

NBCUniversal oder Google im Geschäft

Foto: Comcast Für Comcast-CEO Brian Roberts könnte sich der Einstieg von Netflix ins Werbegeschäft lohnen
Foto: Comcast
Laut Berichten befindet sich Netflix aktuell sowohl mit NBCUniversal als auch Google in entspre­chenden Verhand­lungen. Für beide Unter­nehmen erscheint der Einstieg von Netflix ins Werbe­geschäft viel­ver­spre­chend, denn es steht sogar eine Umsatz­betei­ligung im Raum. Vor allem bei Google sind Video-Ads elemen­tarer Bestand­teil des Geschäfts­modells, auch der US-Medi­enkon­zern Comcast ist dort über seine Video-Ad-Unit "FreeWheel" aktiv. Dort vermarktet man unter anderem bereits den eigenen Strea­ming-Dienst "Peacock".

Vom Ergebnis interner Verhand­lungen dürfte aller­dings auch kartell­recht­lich viel abhängen. Vor allem Google verfügt global bereits über eine markt­beherr­schende Stel­lung im Bereich Inter­net­wer­bung, so könnte eine Part­ner­schaft mit Netflix diese Situa­tion noch weiter verschärfen. Schließ­lich gilt der Streamer aus Los Gatos selbst als globaler Markt­führer in seinem Segment.

Werbe­finan­zierte Modelle im Aufwind

Aktu­elle Markt­for­schungs­ergeb­nisse bestä­tigen einen klaren Aufwind werbe­finan­zierter Geschäfts­modelle im Strea­ming. So zeigen sich Verbrau­cher insbe­son­dere aufgrund von Infla­tion und wirt­schaft­lichen Unsi­cher­heiten zuneh­mend preis­sen­sibler. Auch in Deutsch­land ist ein Trend in Rich­tung AVoD erkennbar, Amazon lanciert mit "Freevee" noch in diesem Jahr einen werbe­finan­zierten Strea­ming-Dienst, welchen man unab­hängig von einer kosten­pflich­tigen Prime-Mitglied­schaft nutzen kann.

Auch deut­sche Medi­enma­nager hegen zuneh­mend Zweifel an SVoD-Geschäfts­modellen. ProSiebenSat.1-CEO Rainer Beau­jean deutete schon mehr­fach an, dass das Wachs­tums­poten­zial für kosten­pflich­tiges Strea­ming aus seiner Sicht begrenzt sei, so stünden Haus­halten nur ein begrenztes Budget für Abos zur Verfü­gung. In Konse­quenz setzt ProSiebenSat.1 bei seinem eigenen Produkt "Joyn" ebenso vor allem auf Werbung.

Welche Chancen hat Netflix?

Span­nend bleibt die Frage, wie der Markt ein werbe­finan­ziertes Netflix annimmt. Während viele Abon­nenten Werbung kate­gorisch ablehnen, dürften vor allem aktu­elle Preis­erhö­hungen bei Bestands­kunden zum Nach­denken bewegen. Mitt­ler­weile ruft Netflix im teuersten Abomo­dell fast 20 Euro im Monat ab, damit liegt man preis­lich teils mehr als 100 Prozent über Disney, Prime Video oder Para­mount+.

Wenn künftig zusätz­lich weitere Lizenz­inhalte bei Netflix wegfallen, macht dies eine Akzep­tanz für künf­tige Preis­anpas­sungen noch unwahr­schein­licher. Tatsache ist, dass die voll­stän­dige Abhän­gig­keit von Abon­nements für den Markt­führer aus Los Gatos zuneh­mend proble­matisch wird, prak­tisch alle Mitbe­werber verfügen außerdem über ein diver­sifi­ziertes Geschäfts­modell. Aus aktu­eller Perspek­tive führt somit für Netflix kaum ein Weg an Werbung vorbei.

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