Netzkosten

US-Dienste: Europas Netzbetreiber wollen Geld sehen

Strea­ming ist im Digi­tal­zeit­alter fest veran­kert, ob YouTube oder Netflix. US-Konzerne verdienen damit gutes Geld. Europas Netz­betreiber, deren Netze die Daten über­tragen, wollen ein Teil vom Kuchen.
Von dpa /

In der Debatte über die Betei­ligung ameri­kani­scher Tech­nolo­gie­riesen an den Kosten der euro­päi­schen Internet-Infra­struktur lassen heimi­sche Tele­kom­muni­kati­ons­anbieter nicht locker. Bei der Mobil­funk­messe Mobile World Congress in Barce­lona tritt Telekom-Chef Tim Höttges am Montag an der Seite seiner Pendants von Voda­fone (Groß­bri­tan­nien), Telefónica (Spanien) und Orange (Frank­reich) auf. Sie setzen sich für andere poli­tische Rahmen­bedin­gungen ein, um Europa als Digi­tal­standort zu stärken. Ein Aspekt ihres Forde­rungs­pakets an die Politik dürfte sein, US-Konzerne künftig in die Pflicht zu nehmen. Netzbetreiber fordern "fair share" auf dem MWC Netzbetreiber fordern "fair share" auf dem MWC
picture alliance/dpa/EUROPA PRESS
Es sei "eine Frage der Fair­ness", dass die US-Konzerne "einen Beitrag leisten für die Infra­struktur, die sie so massiv nutzen", sagte Höttges kürz­lich. Gemeint waren Firmen wie Meta (Face­book, Insta­gram), Netflix und Google mit der Video­platt­form YouTube.

Großer Teil des Daten­ver­kehrs von US-Firmen

Die Telekom-Branche betont, dass ein großer Teil des Daten­ver­kehrs in Europas Handy­netzen und im Fest­netz auf Online-Ange­bote besagter US-Firmen zurück­gehe. Für die Nutzung der Infra­struktur zahlten sie aber nichts. Die Internet-Unter­nehmen kontern, dass ihre Ange­bote es für Verbrau­cher über­haupt erst inter­essant machten, Tele­kom­muni­kations-Dienste zu nutzen. Außerdem seien die Kosten der Netz­betreiber mit stei­gendem Daten­ver­kehr weit­gehend gleich geblieben.

Die Netz­betreiber zeigen sich aber schon lange frus­triert. Jedes Jahr steige der Daten­ver­kehr im Fest­netz und Mobil­funk um 30 bis 50 Prozent, sagte Höttges unlängst zu dem "fair share"-Thema (faire Betei­ligung). Während die großen Online-Dienste bei diesem Daten­ver­kehr mit Werbung viel Geld verdienten, bekomme der Netz­betreiber, der die ruck­elfreie Über­tra­gung ermög­liche, nichts, sagte der Magenta-Manager. Das solle sich ändern - die Tele­kom­muni­kati­ons­firma sollte diese Netz­nut­zung "ein Stück weit mone­tari­sieren" können.

Bisher finan­zieren sich Netz­betreiber nur über Einnahmen von ihren Endkunden, die einen Fest­netz- oder Mobil­funk-Vertrag haben. Höttges bekräf­tigte aber­mals, es sei an der Zeit für eine "faire Betei­ligung" besagter US-Konzerne. Vor einem Jahr hieß es in Barce­lona, die fünf größten Online-Dienste verur­sachten rund 55 Prozent des Daten­ver­kehrs und das koste euro­päi­sche Netz­betreiber etwa 15 Milli­arden Dollar jähr­lich.

Bessere Rahmen­bedin­gungen gefor­dert

Der Telekom-Chef mahnte an, dass Europas Netz­betreiber bessere Rahmen­bedin­gungen bräuchten. Schließ­lich seien Inves­titionen in die Infra­struktur nötig. "Ich möchte, dass Europa und dass die nächste Gene­ration die beste digi­tale Infra­struktur hat", sagte Höttges Ende vergan­gener Woche mit Blick auf den Bran­chen­auf­tritt beim MWC. Hierfür seien aber Inves­titionen nötig. Europa müsse tech­nolo­gische Souve­ränität haben und "nicht zum Konsu­menten werden in allen Belangen", etwa bei Clouds und Apps, die man von den Ameri­kanern kaufe.

"Wir müssen wieder ein Stück weit unab­hängig werden, dafür müssen die Unter­nehmen aber ein Stück weit Geld verdienen können in Europa." Diese Haltung dürfte auch heute in Barce­lona zur Geltung kommen.

Die Tele­kom­muni­kati­ons­manager treten für andere EU-Regeln ein, damit sich der nach ihrer Darstel­lung sehr harte Wett­bewerb in Europa abschwächt und die Unter­nehmen mehr Geld für Inves­titionen haben. Telekom-Chef Höttges spricht von einem euro­päi­schen "Über­wett­bewerb" von 45 Unter­nehmen, der Inves­titionen bremse. Er hofft auf eine Markt­kon­zen­tra­tion und einen echten Binnen­markt, der nicht durch unter­schied­liche natio­nale Kartell­regeln frag­men­tiert ist.

Bis jetzt kein Gesetz­gebungs­vor­schlag der EU

Während die vier Netz­betreiber-Bosse am Montag­nach­mittag reden sollen, tritt EU-Binnen­markt­kom­missar Thierry Breton schon am Vormittag ans Redner­pult. Der Fran­zose hatte sich vergan­genes Jahr für ein "faires" Modell stark­gemacht, um die großen Ausbau­kosten für Europas Netze stemmen zu können. Damit schien es zum ersten Mal tatsäch­lich möglich, dass das jahre­lange Klagen der Telekom-Konzerne zu poli­tischen Schritten führt. Passiert ist seither aller­dings wenig, einen Gesetz­gebungs­vor­schlag dazu hat Breton nicht auf den Tisch gelegt.

Unlängst veröf­fent­lichte die EU-Kommis­sion ein Stra­tegie­papier zur digi­talen Infra­struktur, in dem das "fair share"-Thema großer Inter­net­kon­zerne keine zentrale Rolle spielt. Höttges betonte aber, dass das Thema in dem Papier durchaus vorkomme. "Da sind durchaus Ansätze drin, dass man sagt, man muss die Unter­nehmen, die den Daten­ver­kehr produ­zieren, auch an den Infra­struktur-Ausbau­kosten betei­ligen", sagte er. "Die Diskus­sion geht weiter." Im Juni sind Euro­pawahlen, Ende Oktober läuft die Amts­zeit der aktu­ellen EU-Kommis­sion aus. Danach werde das Thema sicher­lich "wieder auf die Tages­ord­nung gesetzt", sagte Höttges.

Alle Meldungen von der Messe in Barce­lona lesen Sie auf unserer Über­sichts­seite zum Mobile World Congress.

Mehr zum Thema Breitband-Internet