Datenschützer alarmiert

Bericht: Telefónica will Bewegungsdaten von o2-Kunden nutzen

Neue Tochtergesellschaft will Daten auch an Werbeindustrie liefern
Von Marc Kessler

o2-Netz Telefónica will die Bewegungs­daten seiner Kunden nutzen
Foto: teltarif.de
Der Telekom­munikations­konzern Telefónica will die Bewegungsdaten seiner Kunden - kombiniert mit weiteren Merkmalen wie Alter und Geschlecht - künftig zu Geld machen, indem er sie unter anderem an die (Werbe-) Industrie verkauft. Dazu hat das Unternehmen eine eigene Tochter­gesellschaft namens Telefónica Dynamic Insights [Link entfernt] mit Sitz in London gegründet. Wie das Online-Portal [Link entfernt] der Tagesschau berichtet, will der Konzern mit seinem neuen Dienst namens "Smart Steps" zunächst in Großbritannien starten, Deutschland - hierzulande operiert Telefónica ebenfalls unter der Marke o2 - solle im Anschluss folgen.

Datenschützer reagieren alarmiert auf die Telefónica-Pläne

o2-Netz Telefónica will die Bewegungs­daten seiner Kunden nutzen
Foto: teltarif.de
Zwar wolle sich Telefónica "grundsätzlich an die gesetzlich vorgegebenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen" halten und alle Kundendaten vor einer Weitergabe anonymisieren, heißt es in dem Bericht. Dennoch stoßen sich Datenschützer an dem möglichen Missbrauchs­potenzial durch die Nutzung solcher Daten - erst Recht in Verknüpfung mit anderen Merkmalen des Kunden.

"Standortdaten sind hochsensibel, weil eben über sie eindeutig erkennbar ist, wo sich jemand aufhält. Insofern sehe ich es mit großen Bauchschmerzen, dass jetzt offensichtlich Telekom­munikations­unternehmen beginnen, diese Daten in die Welt zu streuen", wird der Datenschutz­beauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, zitiert. Und weiter: "Eine Auswertung der Ortsdaten von Mobilfunkteilnehmern setzt entweder eine Einwilligung des Kunden oder eine vollständige Anonymisierung der Daten voraus."

Abwahl bestimmter Zustimmungs-Klauseln bei Vertragsschluss nicht möglich

Hier liegt indes eines der Probleme. Denn standardmäßig stimmt der Kunde bei Online-Abschluss eines Vertrages erst einmal folgendem Passus zu: "o2 wird Ihre für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung des Vertragsverhältnisses erhobenen personenbezogenen Daten (Bestandsdaten) sowie erhobene Verkehrsdaten (Nummer der beteiligten Anschlüsse, genutzte Telekom­munikationsdienste, Datenvolumen, Standorte) im Rahmen des Erforderlichen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen auch für die Vermarktung und bedarfsgerechte Gestaltung von Telekommunikations- und Telemediendiensten von o2 sowie für Marktforschung verwenden und um Ihnen Produkte von o2 per E-Mail, SMS/MMS und Brief zu empfehlen, die Ihrem Vertragsprodukt ähnlich sind."

Diese Zustimmung kann im Verlauf des Vertragsschlusses nicht vollständig abgewählt werden. Im letzten Schritt des Bestellprozesses kann lediglich ausgeschlossen werden, "dass o2 meine Bestands- und Verkehrsdaten auch verwendet, um mich per E-Mail und SMS/MMS [Ankreuzfeld], Post [Ankreuzfeld], Telefon [Ankreuzfeld] über Produktangebote von o2 Partnern (z.B. Einkaufsgutscheine) zu informieren." In punkto Nutzung von Standortdaten oder von Daten für die Marktforschung muss der Nutzer die Einwilligung aktiv gegenüber o2 widerrufen.

Strategische Zusammenarbeit von Telefónica mit der GfK

Für die Realisierung von Smart Steps arbeitet die neue Telefónica-Tochter Dynamic Insights mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zusammen. Seitens Telefónica heißt es zum Start der neuen Tochter unter anderem: "Telefónica Dynamic Insights liefert Fast-Realtime-Daten, gesammelt 24 Stunden am Tag, sieben Tage pro Woche, 365 Tage im Jahr und stellt sie auf simplen Web-Interfaces visualisiert und verständlich dar. Wir verschmelzen diese Daten mit den Vorlieben der Kunden, ihrer Einstellung und ihrem Verhalten durch unsere globale Partnerschaft mit der GfK."

Und weiter: "Unser erstes Produkt, 'Smart Steps', wird komplett anonymisierte und aggregierte Mobilfunk-Netz-Daten nutzen, um es Unternehmen und der öffentlichen Hand zu ermöglichen, zu messen, vergleichen und zu verstehen, welche Faktoren Menschen beeinflussen, einen bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit aufzusuchen. Diese Einblicke werden Händlern helfen, maßgeschneiderte Angebote in bestehenden Läden zu unterbreiten und zu entscheiden, welches die besten Orte und ansprechendsten Formate für neue Geschäfte sind."

Erster Widerstand formiert sich

Nachdem verschiedene ARD-Anstalten am Morgen über das Vorhaben von Telefónica berichteten, regt sich schon jetzt Widerstand bei vielen Kunden. So sammeln sich auf dem Facebook-Account der deutschen Marke o2 bereits zahlreiche Postings mit Fragen und Beschwerden zur angedachten Datennutzung durch den Konzern.

o2: Einführung in Deutschland steht noch nicht fest

o2-Sprecher Albert Fetsch erklärte auf Anfrage von teltarif.de, es gebe "derzeit keine konkreten Pläne, ob und wann das Produkt nach Deutschland kommt". Bei Smart Steps handele es sich um ein Projekt, das zunächst einmal - in Großbritannien - evaluiert werde. Fetsch betonte indes: "Der Datenschutz muss 100-prozentig gewährleistet sein. Das wäre auch bei einer Einführung dieses Produkts in Deutschland so."

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