6G-Takeoff: "Dreidimensionale" Mobilfunknetze
Die Deutsche Telekom übernimmt im Rahmen der Fördermaßnahme „6G-Industrieprojekte zur Erforschung von ganzheitlichen Systemen und Teiltechnologien für den Mobilfunk der 6. Generation“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) die Leitung für das Forschungsprojekt „6G-TakeOff“. Das wurde im Rahmen des Projekt-Auftakts in Darmstadt bekannt gegeben. Gemeinsam mit insgesamt 22 Partnern aus Forschung und Wirtschaft bildet die Telekom ein Konsortium mit dem Ziel, eine einheitliche 6G-Architektur für Kommunikationsnetze aus Bodenstationen, fliegenden Infrastrukturplattformen und Satelliten zu entwickeln.
Auf dem Weg zu 6G ist noch viel Forschung notwendig (z.B. bei Fraunhofer)
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Durch die geschickte Kombination und das Zusammenspiel („Orchestrierung“) verschiedener Zugangstechnologien können die jeweiligen Vorteile bedarfsgerecht genutzt werden. Für jede Anwendung soll so ein optimaler Zugang zur Konnektivität gewährleistet werden.
„Orchestrierung“ von Satelliten- und Bodenstationen
Basisstationen können an Bord von Satelliten oder fliegenden Plattformen sein. Sie sollen so die verbleibenden Versorgungslücken von klassischen am Boden gebundenen Basisstationen schließen. Damit besteht die Möglichkeit, je nach Bedarf zeitweise oder auf bestimmte Orte begrenzt zusätzliche Netzkapazität zur Verfügung zu stellen, beispielsweise bei Naturkatastrophen, größeren Unglücksfällen oder Großveranstaltungen wie einem Musikkonzert (z.B. Wacken, Rock am Ring, Southside, etc.), das oft abseits der dicht besiedelten Orte nur für kurze Zeit stattfindet.
Mobilfunk dreidimensional
6G-Takeoff will dazu eine dreidimensionale Architektur für Mobilfunknetze entwickeln, in der terrestrische (am Boden) und nicht-terrestrische (in der Luft) Basisstationen in einheitlicher Weise betrachtet und genutzt werden. Hauptthemen sind dabei das vollautomatische Management von Netzen, in denen sich die Strukturen dynamisch verändern, sowie flexibel konfigurierbare Hardware-Plattformen und Antennensysteme. Hierbei soll auch „Künstliche Intelligenz (KI)“ verwendet werden, um optimale Verbindungen für die in Zukunft anfallenden und weiter steigenden Datenströme zu finden.
Mithilfe der eingesetzten „KI“ sollen zudem automatisch Störungen vorausgesagt und die Resilienz (Stabilität gegen unerwartete Störungen) des Kommunikationsnetzwerks insgesamt deutlich verbessert werden. Zudem werden Sicherheitsaspekte in diesem Projekt untersucht und neuartige Authentifizierungsprotokolle (wer ist da eigentlich wirklich im Netz unterwegs und was darf das Gerät oder der Nutzer) entwickelt.
Satellitenkonstellationen und Kommunikationsnetze können nur im internationalen Rahmen realisiert werden. 6G-TakeOff soll dazu mit europäischen Institutionen und Forschungsprojekten zusammenarbeiten und zukünftige 6G-Standards mit gestalten.
Telekom will 6G koordinieren
Die Telekom will sich als Koordinator eines nationalen Förderprojekts auch in der nationalen 6G-Plattform engagieren und den wissenschaftlichen Austausch mit weiteren 6G-Forschungsprojekten sicherstellen.
„Früh gemeinsam forschen ist entscheidend, um den Boden für die 6. Generation der Kommunikationstechnologie zu bereiten", betont Alex Jinsung Choi, Leiter der T-Labs der Deutschen Telekom. "Wir freuen uns, das Projekt 6G-TakeOff zu leiten und mit Partnern aus Industrie, Hochschulen und Wissenschaft zusammenzuarbeiten. Wir werden wichtige Konzepte zur 6G-Netzarchitektur erforschen und prüfen. Sie werden die künftige 6G-Landschaft prägen.“
Was will die 6G-Forschungsinitiative?
Das BMBF hat im letzten Jahr die Fördermaßnahme “6G-Industrieprojekte zur Erforschung von ganzheitlichen Systemen und Teiltechnologien für den Mobilfunk der 6. Generation“ im Rahmen der deutschen 6G-Forschungsinitiative ins Leben gerufen. Die 6G-Initiative ist wesentlicher Teil des neuen Forschungsprogramms zu Kommunikationssystemen unter den Schlagworten „Souverän. Digital. Vernetzt.“
Zur 6G-Initiative gehören neben den 6G-Industrieprojekten die vier 6G-Forschungs-Hubs bestehend aus Forschungsverbünden herausragender Forschungsinstitute und Hochschulen und das Dachprojekt „6G-Plattform“. Weitere Projekte zur Resilienz digitaler Systeme sind in Planung.
Das Ziel der Maßnahmen der 6G-Initiative des BMBF ist es, durch eine frühzeitige Entwicklung und Mitgestaltung von 6G die digitale und technologische Souveränität Deutschlands und Europas zu stärken. Mit dieser Schlüsseltechnologie soll auch die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas gesichert werden.
Das Projekt soll bis zum Sommer 2025 laufen und der Erforschung des neuen, noch zu definierenden Kommunikationsstandards 6G dienen. Der Beginn der Standardisierung durch die Organisation 3GPP (3rd Generation Partnership Project) wird ebenfalls für das Jahr 2025 erwartet. Erste 6G-Netze werden voraussichtlich im Jahr 2030 an den Start gehen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wenn man jetzt schon von 6G liest und dann die verschwindenden Balken auf seinem Handy sieht, würde man sich erst einmal eine wirklich flächendeckende Netzversorgung mit 4G wünschen, auch da, wo selbst 2G nicht hinkommt. Doch das 6G-Projekt ist eher langfristig zu sehen. Und acht Jahre sind in unserer schnelllebigen Zeit nicht so lange, denn bereits 2030 soll 6G in den Wirkbetrieb gehen - "7G" wird dann vermutlich im Jahre 2040 folgen.
Die Deutsche Telekom ist - egal ob man nun Fan des Unternehmens ist oder nicht - beim 5G-Ausbau führend und sie wird es aller Wahrscheinlichkeit auch bei 6G sein. Wobei es im Moment weniger um Wettbewerb oder Konkurrenz geht, sondern um das Erstellen von Standards und Regeln, wie 6G genau aussehen und funktionieren soll. Eine volle Flächendeckung wird sich mit klassischen Basisstationen auf Gebäuden oder Türmen bzw. Masten nicht realisieren lassen. Also muss auch das Thema „Fliegende Basisstationen“ weiter erforscht und erprobt werden, ob sich realistische und bezahlbare Lösungen finden lassen.
Für nur an günstigen Preisen orientierten und auf Rendite verdonnerte Unternehmen sind Zukunftsthemen wie 6G zunächst ein lästiger Kostenfaktor. Wer aber die Zukunft verschläft, hat am Ende nichts mehr davon. Wichtig ist, die Nutzer von vornherein mitzunehmen, damit sie wissen, was 6G sein kann und was nicht. Frühe Information vermeidet spätere Frustration.
Der Netzwerkausrüster Ericsson hat von 6G schon konkrete Vorstellungen.