Vodafone-Chef: "Vier Millionen Leute bald im Funkloch?"
Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter
Foto: Picture Alliance / dpa
Die deutschen Mobilfunk-Netzbetreiber haben in der Vergangenheit viel Geld für Frequenzen ausgegeben. Dafür sorgten teure Auktionen, bei denen sich die Unternehmen gegenseitig überboten haben, um das begehrte Spektrum für die Handynetze zu bekommen. In zwei oder drei Jahren stehen weitere Mobilfunk-Frequenzen zur Neuvergabe an. Dann wird es um die Spektren im Bereich von 800, 1800 und 2600 MHz gehen, die bereits - vornehmlich für die LTE-Netze - genutzt werden.
In einem Interview mit dem Redaktions-Netzwerk Deutschland (RND) warnte Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter davor, diese Frequenzbereiche erneut in einem Auktionsverfahren zu vergeben. Die aktuellen Lizenzen laufen 2025 aus. Die Gefahr, die der Vodafone-CEO sieht, heißt 1&1. Dieses Unternehmen will vom Provider zum eigenständigen Netzbetreiber aufsteigen und in rund eineinhalb Jahren das vierte deutsche Handynetz an den Start bringen. Dafür stehen 1&1 aber vorerst nur Frequenzen zur Verfügung, die sich nur bedingt für eine Flächenversorgung eignen.
Realistisch ist, dass sich der Neueinsteiger unter den Mobilfunk-Netzbetreibern auch um die zur Vergabe anstehenden Frequenzspektren bemühen wird. Das würde bei einer Auktion die Preise in die Höhe treiben. Schlimmer noch: "Die momentan verfügbaren Flächenfrequenzen reichen nur, um drei Netze zu bauen. Es gäbe aber vier Unternehmen, die bieten", so Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter. "Zieht einer der jetzigen Betreiber dabei den Kürzeren, dann könnten bis zu vier Millionen Kunden in diesem Netz plötzlich in einem LTE-Funkloch leben. Die Menschen auf dem Land drohen digital abgehängt zu werden."
Ametsreiter: "1&1 hat ja bereits Frequenzen"
Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter
Foto: Picture Alliance / dpa
Der Vodafone-CEO spricht sich im RND-Interview dafür aus, die aktuellen Frequenzen "um fünf Jahre zu entsprechenden Bedingungen" zu verlängern. Wenn hier keine neuen, größeren finanziellen Belastungen für die Netzbetreiber drohen, sei das die Chance, um mehr Geld in den Netzausbau zu investieren. Ametsreiter: "Durch die Anpassungen im Telekommunikationsgesetz haben wir eine Chance, die man nur einmal in Jahrzehnten hat. Wir können beim Mobilfunk den Aufstieg vom Mittelfeld in die Champions League schaffen. Deshalb unser Vorschlag: Verlängerung der Frequenzlizenzen um fünf Jahre."
Ein "New Deal" müsse verbindlich festlegen, dass die eingesparten Gelder in den Netzausbau fließen. Mit neuen Basisstationen müssten Funklöcher geschlossen werden. Bei für die Netzbetreiber realistischen Regeln seien auch Bußgelder fair, wenn die festgelegten Versorgungsziele nicht erreicht werden.
Einen Nachteil für 1&1 sieht der Vodafone-Chef in der Verlängerung der Lizenzen für Telekom, Vodafone und Telefónica nicht. Der neue Netzbetreiber verfüge bereits über derzeit noch brachliegende Frequenzen und ein National-Roaming-Abkommen mit Telefónica. Hier vergleicht Ametsreiter allerdings Äpfel und Birnen, wenn er einerseits um "Flächenfrequenzen" im 800 MHz-Bereich kämpft, andererseits aber darauf verweist, dass 1&1 bereits Spektrum auf deutlich höheren Frequenzen nutzen kann.
In einer weiteren Meldung haben wir darüber berichtet, dass 1&1 nach erfolgtem Netzstart Bestandskunden in sein eigenes Netz überführen will.