Hintergrund

Eine Mobilfunk-Sendeanlage für vier Tage Straßenfest

Für den Karneval der Kulturen in Berlin lässt Vodafone eine komplette Mobilfunk-Basisstation installieren. Sie stellt zusätzliche Kapazitäten für GSM, UMTS und LTE bereit. Nach vier Tagen wird sie wieder abgebaut. Wir blicken hinter die Kulissen.
Aus Berlin berichtet Thorsten Neuhetzki

Karneval der Kulturen in Berlin Karneval der Kulturen in Berlin
Foto: dpa
Am Pfingstwochenende findet im Berliner Stadtteil Kreuzberg traditionell der Karneval der Kulturen statt. Tanz, Gesang und Essen aus zahlreichen Ländern der Welt steht auf dem Programm und zieht Jahr für Jahr fast 1,5 Millionen Besucher an. Dabei kommen die Mobilfunknetze an ihre Belastungsgrenze. Vodafone hat sein Netz in diesem Jahr an einem der Hotspots des Festes verstärkt. Wir blicken hinter die Kulissen.

Aufbau schon Wochen vor dem Fest

Karneval der Kulturen in Berlin Karneval der Kulturen in Berlin
Foto: dpa
Es ist Ende April. Wir sind im Berliner Stadtteil Kreuzberg - der Landwehrkanal ist nur wenige Meter entfernt - an der Kreuzung Zossener Straße, Ecke Blücherstraße. Noch läuft hier der ganz normale Autoverkehr, doch am Pfingstwochenende wird hier gefeiert. Hunderte Verkaufsbuden locken die Besucher genau so an wie umliegende Parks und Bühnen mit Livebands. Doch an diesem Donnerstag zwei Wochen vor Pfingsten steht an der Heilig-Kreuz-Kirche, die an der Straßenkreuzung steht, kein LKW eines Schaustellers, sondern der des Netzwerkausrüsters EQOS Energie Deutschland. Eqos hat von Vodafone den Auftrag bekommen, eine temporäre Sendeanlage zum Karneval der Kulturen zu installieren.

"Wir realisieren die temporäre Anlage nicht mit einer mobilen Sendestation auf einem Anhänger oder LKW, sondern bauen die komplette Systemtechnik in der Kuppel der Heilig-Kreuz-Kirche auf", erklärt uns Armin Prinz, Projektleiter bei Eqos. Die Anlage mit drei Basistationen und vier Antennen per Richtfunk angebunden. Die Arbeiten dafür sind langwierig und ziehen sich über mehrere Tage hin - von Absprachen mit der Kirche im Vorfeld ganz abgesehen. Systemtechnik für das Sondernetz. Hier zu sehen Remote Radio Units. Systemtechnik für das Sondernetz. Hier zu sehen Remote Radio Units.
Foto: Armin Prinz, Equos Energie

Im Fall der Heilig-Kreuz-Kirche kommt den Technikern entgegen, dass die Kuppel gut begehbar und in Teilen sogar ein Fahrstuhl vorhanden ist. Doch es gilt vorsichtig zu sein: Unterhalb der Balustrade unterhalb der Kuppel, deren Geländer zur Befestigung der Systemtechnik genutzt wird, ist eine Glasfront, die die Kuppel von darunter liegenden Loft-Büros direkt unter der Kirchturmkuppel abschirmt. Schon ein herunterfallender Schraubenschlüssel würde hier für Scherben sorgen. Doch die Techniker, die gleichzeitig Höhenkletterer sind, sind vorsichtig. Und installieren umsichtig die Technik für Vodafone.

Dass man sich gegen die Variante des mobilen Anhängers und für eine feste Installation entschieden hat, hat übrigens vor allem technische Gründe. So muss auch der Anhänger natürlich eine Netzanbindung haben. Richtfunk ist hier jedoch aufgrund der Gebäude im Umfeld schwer und eine Glasfaserstrecke nicht überall vorhanden und anfällig für Vandalismus. Zudem stellt sich gerade bei einem Straßenfest die Frage des freien Standortes, an dem es oft mangelt.

Antennen sind durch schwarze Farbe getarnt

Die Kirche von außen. Eine der Antennen befindet sich kaum sichtbar im mittleren Fenster unterhalb der Turmuhr. Die Kirche von außen. Eine der Antennen befindet sich kaum sichtbar im mittleren Fenster unterhalb der Turmuhr.
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Die Antennensegmente hängen außerhalb der Kirche und fallen von unten auf der Straße nur auf, wenn man weiß, wonach man ausschauen muss. Statt im üblichen Antennen-Grau verwendet EQOS für seinen Kunden Vodafone hier schwarze Antennen, die vor der dunklen Kirchenwand und den dunklen Fenstern nicht so leicht zu erkennen sind.

Die vier Antennen sind in alle vier Himmelsrichtungen ausgerichtet - jeweils entlang der Straßenschluchten, die von der Kreuzung ausgehen. Auf drei der Straßen findet das Fest statt, eine Straße dient den Besuchern als Zu- und Ablauf. Diese hat von den Technikern zwar eine eigene Antenne, aber keine eigene Systemtechnik erhalten. Die teilt sich die Kapazität mit einer der anderen Antennen.

Bestückt ist die Anlage, die nur für das Pfingstwochenende in Betrieb genommen wird, sowohl mit klassischem GSM, aber auch mit UMTS/HSPA sowie mit LTE. LTE wird jedoch nur im Bereich um 2600 MHz, einer klassischen Hotspot-Frequenz eingesetzt. Die 800-MHz-Frequenzen bieten sich für solche Lösungen nicht an.

Mehrere Tage Aufbau

Weitere Remote Radio Units. Unterhalb dieser Ebene befindet sich die Glas-Abtrennung. Weitere Remote Radio Units. Unterhalb dieser Ebene befindet sich die Glas-Abtrennung.
Foto: teltarif.de / Thorsten Neuhetzki
Der Aufbau einer solchen temporären Anlage dauert inklusive Anlieferung der Technik, des eigentlichen Aufbaus und der Integration ins tatsächliche Netz vier bis fünf Tage. Schließlich müssen auch die Nachbarschaften im Netz hinterlegt werden. Diese garantieren, dass ein Gespräch, das über die Antennen in der Kirche geführt wird, auch dann noch über andere Sendemasten im Umkreis weitergeführt werden kann, wenn der Handynutzer den Sendebereich der temporären Anlage verlässt. Auch muss Vodafone mit Messfahrzeugen sicherstellen, dass die neuen Sender mit den von ihnen genutzten Frequenzen nicht das übrige Netz im direkten Umfeld stören.

Wenn das Fest am Dienstag vorbei ist, werden die Techniker von EQOS auch wieder in der Kirch-Kuppel sein - zum Abbau der Anlage. Diese geht erfahrungsgemäß etwas schneller - doch in diesem Fall wird es wohl einige Stunden mehr brauchen als sonst, weil die Techniker besonders umsichtig sein müssen, damit es nicht beim Abbau der Anlage noch zu defekten Scheiben kommt.

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