o2: Vom Mobilfunk- zum Komplettanbieter
Dr. Verena Grundke leitet das B2C Customer Marketing bei Telefónica Deutschland
Bild: Telefónica Germany (o2)
Zum 20. Markengeburtstag von o2 haben wir uns mit Dr. Verena Grundke unterhalten. Sie ist "Director Customer Marketing" bei o2 Telefónica Deutschland und hier für das Neu- und Bestandskunde-Marketing sowie "Customer Experience" (auf Deutsch: Kundenzufriedenheit) der Marken o2 und Blau zuständig. Sie hat über das Thema "Produktübergreifende Budgetsubstitution: Eine empirische Analyse am Beispiel von Mobilfunkdiensten" promoviert. Auf 262 Seiten ihrer Dissertationsschrift beschreibt sie das Grundproblem von Mobilfunkanbietern: Wie kann durch Innovationen zusätzliche Nachfrage bei Kunden geweckt und bei den Wettbewerbern Marktanteile streitig gemacht werden?
Verfügbares Einkommen wächst kaum
Dr. Verena Grundke leitet das B2C Customer Marketing bei Telefónica Deutschland
Bild: Telefónica Germany (o2)
Da kaum darauf gesetzt werden kann, dass das verfügbare Einkommen der Konsumenten spürbar wächst, können Innovationen nur dann erfolgreich am Markt etabliert werden, wenn das Budget der Kunden, was bisher für andere Dinge verwendet wurde, für den Mobilfunkanbieter gewonnen werden kann.
Das bedeutet, das Unternehmen wissen müssen, welche eigenen Produkte dafür am ehesten geeignet sind und wie die Kunden "ticken", sprich, nach welchen Kriterien die Kunden ihre Entscheidung für einen Mobilfunk- oder Festnetzvertrag treffen.
Von der Theorie in die Praxis
Was Dr. Grundke schon 2006 in ihrer Arbeit an der Universität Hohenheim in Stuttgart wissenschaftlich untersucht hat, konnte sie in mehr als 20 Jahren im Bereich Telekommunikation einsetzen, auf Unternehmens- wie auch auf Beratungsseite. Seit vier Jahren ist sie bei Telefónica (o2), wo sie als B2C-Managerin nicht nur für die Marke "o2", sondern auch für "Blau" zuständig ist. Obwohl sie bei weitem nicht die ganze o2-Zeit dabei war, hat sie erkannt, dass "o2 am besten ist und war, wenn wir Dinge ein bisschen anders gemacht haben und auf Kundenbedürfnisse eingegangen sind."
Mit o2 Grow will sie "einen innovativen Tarif vorstellen, einen Tarif, der den Kunden oder die Kundin über die Jahre begleitet, da er mit ihrem zunehmenden Bedarf an Daten mitwächst".
Kundenzufriedenheit und Bedarf
Im Blick hat sie dabei Kundenzufriedenheit und Bedarf des Kunden. "Es gibt bei den Kunden ein permanent wachsendes Datenvolumen, womit sie zwangsläufig aus statischen Tarifen rauswachsen".
Der neue Tarif, der mit 40 GB startet und jährlich um 10 GB bis auf maximal 240 GB wächst, sollte nicht unlimited sein, denn "nicht jeder will das, wenn er es nicht braucht". Außerdem hat o2 auch bereits Tarife, die unlimited in puncto Datenmenge sind, und sich dabei in der Geschwindigkeit unterscheiden, je nachdem welche tatsächlich benötigt wird. Das ist im Festnetz gelernte Praxis, im Mobilfunk kurioserweise nicht.
Geburtstagskracher
"Wir wollen zum Geburtstag etwas Besonderes, etwas Innovatives und Zukunftsfähiges bringen. Denn Mobilfunkkunden werden auch künftig zunehmend mehr Datenvolumen über mehr Endgeräte nutzen. Deswegen haben wir einen Tarif kreiert, der automatisch entlang der zunehmenden Datennutzung mitwächst und bei dem das gesamte Datenvolumen für bis zu 10 nutzbare Geräte zur Verfügung steht." Schließlich wisse der Kunde ja jetzt noch nicht, was er vielleicht in fünf Jahren - auch mit dem wachsenden o2-5G-Netz - an Datenvolumen brauchen und an Endgeräten haben wird. Er solle "für alles gerüstet sein".
Grundke betonte, dass im o2 Grow inklusive 5G "zukunftssichere 300 MBit/s" im Download möglich sind.
Prepaid vs. Postpaid?
Es habe sich herausgestellt, dass Prepaid eher von jüngeren oder vorsichtigen Kunden genommen wird. Die eindeutige Mehrheit entscheide sich aber für Laufzeitverträge, und seit vielen Jahren wechselten Kunden vermehrt von Prepaid zu Postpaid, weil die ursprünglichen Vorteile wie Flexibilität oder Kostensicherheit "mittlerweile auch über komfortablere Postpaid-Verträge angeboten werden."
Mehr Festnetz
Neben dem Mobilfunk ist der Festnetzmarkt "immer noch wachsend", nicht zuletzt durch Corona und Homeoffice. Die Mehrzahl möchte einen guten Festnetzanschluss, und der soll schnell funktionieren. Festnetz gehöre "zur Telekommunikations-Grundausstattung eines Haushalts". Festnetz sei in die Marke deutlich integrierter als noch vor fünf Jahren.
o2 ist stolz, die "größte Internetverfügbarkeit" in Deutschland zu haben. Das bedeutet, o2 kann in viel mehr Regionen und Gebieten Festnetzangebote machen, wobei o2 kein eigenes Festnetz mehr betreibt, sondern Produkte von Telekom, Vodafone oder Tele Columbus ("Pyur") wie auch von regionalen Betreibern wie EWE Tel, wilhelm.tel, Unsere Grüne Glasfaser oder Westenergie-Breitband im Angebot hat. Sie betont die "große Gigabit Festnetzabdeckung bei 1000 MBit/s-Anschlüssen".
o2 hat Vodafone Wholesale erweitert
o2 hat seinen "Wholesale" Vertrag mit Vodafone erweitert. "Bisher waren nur maximal 300 MBit/s im Download möglich, ab Mai gibt es Gigabit".
Für Festnetzkunden, die auch darüber TV schauen möchten, bleibt o2 TV im Angebot, das von waipu.tv (Freenet Group) zugeliefert wird. Es wird bei Kabelkunden, die von Vodafone/Kabeldeutschland zu o2 direkt wechseln, eine große Rolle spielen. "Live-TV ist weiter notwendig und die öffentlich rechtlichen haben ein unglaubliches Angebot in ihren Mediatheken", betont Grundke.
Weiter bleiben Angebote wie Antivirus-Software oder Cloud-Speicher im Angebot, mit Strom-Verträgen (was Freenet in seinen Shops probiert, die Telekom ist aus dem Stromgeschäft wieder ausgestiegen) beschäftigt sich das Unternehmen nicht.
Wohin gehen die Preise?
Grundke glaubt nicht, dass die TK-Preise weiter mit großer Geschwindigkeit sinken werden. Sie sieht eher die Tendenz, dass mehr Gigabyte bzw. mehr Bandbreite inklusive sein werden, weil die Kunden mehr brauchen. Das bedeutet, "die Preise werden sich stabilisieren, evtl. perspektivisch auch wieder steigen".
Bei Vertragsverlängerungen wird o2 am Prinzip festhalten, dass sich der neue Vertrag ab dem Verlängerungs-Termin um 24 Monate verlängert und diese Verlängerung nicht, wie bei anderen Marktteilnehmern an einen noch laufenden Vertrag dran gehängt wird, was dann schnell 26-27 Monate Laufzeit insgesamt bedeuten könnte.
Betonung auf Komplettangebot
„Vor 20 Jahren war o2 reiner Mobilfunkanbieter,“ betont Verena Grundke. „Heute sind wir ein integrierter Komplettanbieter: Wir versorgen unseren Kunden mit allem, was sie in ihren Haushalten für ihren digitalen Alltag brauchen, von der Konnektivität für das Homeoffice bis zum Entertainment mit o2 TV. Attraktive Festnetzangebote sind ein wesentlicher Baustein davon.“
Es bleibt weiter spannend.