Mastercard: "Kontaktloszahlungen steigen rasant an"
In Deutschland haben Karten- und Kontaktloszahlungen einen schweren Stand. Verbraucher zahlen hierzulande gerne mit Cash. Doch die Corona-Pandemie hat dies grundlegend geändert. Mittlerweile sind Kontaktloszahlungen auch in kleinen Geschäften und selbstverständlicher geworden.
Doch verschwindet Bargeld nun dauerhaft aus den Geschäften? Juliane Schmitz-Engels von Mastercard Deutschland/Schweiz glaubt nicht daran.
Juliane Schmitz-Engels von Mastercard Deutschland/Schweiz
Foto: Mastercard Deutschland
teltarif.de: Frau Schmitz-Engels, wie hat sich das mobile Zahlen mit dem Smartphone und Wearables in der Corona-Pandemie entwickelt?
Juliane Schmitz-Engels: Das mobile Bezahlen findet immer größere Akzeptanz in Deutschland. So hatten sich schon im Mai 2020 die kontaktlosen Mastercard-Transaktionen mit Smartphones oder Wearables im Vergleich zum Vorjahr von sieben auf 14 Prozent verdoppelt. In einer aktuellen Bitkom-Umfrage gaben vier von zehn Befragten an, in den letzten drei Monaten mit dem Smartphone oder der Smartwatch gezahlt zu haben. Das Bezahlen mit mobilen Endgeräten ist besonders einfach und hygienisch. Zudem bietet die biometrische Authentifizierung auf dem Smartphone höchste Sicherheit für alle Transaktionen, ohne das Gerät bei der Zahlung aus der Hand zu geben oder eine PIN am Terminal eingeben zu müssen.
teltarif.de: Mastercard gilt insbesondere als Vorreiter bei der Zusammenarbeit mit Neobanken. Warum ist dieses Geschäftsfeld für Sie besonders relevant?
Juliane Schmitz-Engels: In den letzten Jahren haben europäische Start-ups weltweit den digitalen Wandel vorangetrieben. Das rasante Wachstum der neuen Technologien hat unser Leben auf vielfältige Weise beeinflusst. Egal ob es sich um Mobile Payment, den Zugang zu Finanzierungen oder E-Commerce handelt – Fintechs sind ein wichtiger Bestandteil unserer modernen Finanzbranche geworden und besetzen an einigen Stellen interessante Marktnischen. Mastercard hat sich dabei als bevorzugter Partner für Fintechs in ganz Europa etabliert und hilft ihnen, den digitalen Wandel erfolgreich mitzugestalten. Mit dem Programm "Fintech Express" nutzt Mastercard sein Netzwerk und stellt Start-ups sein Know-how und Technologien zur Verfügung, die einen effizienten Zugang zum Ökosystem, einen schnellen Markteintritt und eine globale Expansion ermöglichen.
teltarif.de: Immer mehr Banken wechseln von der Girocard zu den großen Payment-Schemes von Visa- und Mastercard. Zu nennen wäre hier beispielsweise die Debit Mastercard. Sehen Sie dies eher als Stand-Alone-Produkt oder als Co-Badge mit Girocard, wie sie beispielsweise bei Sparkassen angeboten wird?
Juliane Schmitz-Engels: Beim Bezahlen setzen Kunden inzwischen immer häufiger Karten oder mobile Bezahlverfahren ein. Auch vollintegrierte
In-App-Payments werden weitaus öfter genutzt, da sich der Konsum durch Corona noch stärker auf die Online-Kanäle verlagert hat. Daher wird es zunehmend wichtiger, dass auch Debitkarten E-Commerce-tauglich sind. Das haben viele Banken und Sparkassen erkannt und die Debit Mastercard in ihrem Kartenportfolio ergänzt: Sie ermöglicht Online-Shopping, kontaktloses Bezahlen im stationären Handel sowie mobiles Bezahlen mit Smartphone oder Smartwatch. Genau wie bei einer normalen Bankkarte werden die Zahlungen direkt vom Konto abgebucht. Ein weiterer Vorteil ist die weltweite Akzeptanz: So kann die Debit Mastercard auch auf Reisen im Ausland eingesetzt und für Geldabhebungen an Automaten im In- und Ausland genutzt werden. Gemeinsam mit den Kartenherausgebern entwickeln wir auch individuelle Produkte und Lösungen, die unseren Partnern helfen, Kunden zu binden und zu gewinnen. Ein Beispiel dafür ist die Sparkassen-Card, die mit zusätzlichen Funktionen der Debit Mastercard ausgestattet wurde. Das Wichtigste ist im Endeffekt, dass die Zahlverfahren zum digitalen Alltag der Verbraucher passen.
teltarif.de: Das Co-Branding mit Maestro für Auslandszahlungen war ein ausschlaggebender Grund für den Erfolg der Girocard. Es scheint aber aus vielen Gründen weitaus sinnvoller, hier auf eine Verknüpfung mit Mastercard zu setzen. Gibt es dazu neben den Sparkassen noch weitere Kooperationspartner?
Juliane Schmitz-Engels: Nein, bislang bieten das nur Sparkassen an.
teltarif.de: Manche Neo-Banken wie beispielsweise N26 geben mittlerweile standardmäßig überhaupt keine physischen Karten mehr aus und setzen auf eine virtuelle Debit-Card. Lässt sich ein solches Konzept auf dem deutschen Markt überhaupt umsetzen? Schließlich spielt die Bargeldabhebung und das bargeldlose Zahlen hierzulande nach wie vor eine wichtige Rolle.
Juliane Schmitz-Engels: N26 setzt bei seinem Girokonto exklusiv auf die Debit Mastercard. Dazu gehört auch eine physische Karte, mit der sich Bargeld an Automaten abheben lässt. In Deutschland setzen zum Beispiel die Deutsche Bank oder die Commerzbank zusätzlich zu physischen Kartenprodukten auf die virtuelle Debit Mastercard, aber auch Partner wie PayPal. Die virtuelle Debit Mastercard ist die erste Debitkarte, die rein virtuell in einer App generiert werden kann. Sie besitzt alle Vorteile der physischen Debit Mastercard und wird vor allem für mobile Bezahllösungen eingesetzt. Sie kann direkt in Banking-Apps integriert werden, aber auch zu Apple Pay oder Google Pay hinzugefügt werden. Zuletzt hat Eintracht Frankfurt zusammen mit der Deutschen Bank und uns die virtuelle Debit Mastercard in seine neue App "mainaqila" integriert, damit die Fans im Stadion und überall sonst schnell und sicher kontaktlos bezahlen können. Sie wollten eine innovative Lösung, die kostenlos und unabhängig vom bestehenden Hausbankkonto für alle Fans echte Mehrwerte schafft.
teltarif.de: Welche weiteren Schwerpunkte setzt Mastercard auf dem deutschen Markt?
Juliane Schmitz-Engels: Mastercard ist ein internationales Technologieunternehmen: Innovationen voranzutreiben ist unser tägliches Geschäft. In unserer Branche ist es essenziell, kontinuierlich neue Lösungen zu entwickeln und diese an den Bedürfnissen der Verbraucher auszurichten, die sich Nutzerfreundlichkeit, Transparenz, Sicherheit und Datenschutz wünschen. Wir wollen eine einfache, schnelle und sichere Zahlungsabwicklung auf allen Geräten und über alle Kanäle hinweg ermöglichen. Auch unseren B2B-Partnern möchten wir eine möglichst große Bandbreite an Lösungen anbieten. Dabei denken wir auch über "klassische" Kartentransaktionen hinaus. Der Trend geht zum digitalen Bezahlen und er geht weg von tagelangen Wartezeiten hin zum Echtzeittransfer. Dabei geht es verstärkt um Zahlungen zwischen Karte und Karte (Peer-to-Peer-Geldtransfer) sowie von Konto zu Konto. Auch Open Banking schafft Raum für technische Innovation. Wer Mastercard als Schnittstelle für Open Banking nutzt, erhält Zugang zu einem Großteil der kontoführenden Institute.
teltarif.de: In Deutschland versucht die Kreditwirtschaft gerade einen neuen Anlauf im Bereich der Online-Zahlungen und verschmelzt paydirekt mit Giropay. Wie bewerten Sie die Chancen dieses nationalen Systems gegen PayPal & Co.?
Juliane Schmitz-Engels: Wir sind Partner vieler Banken und Sparkassen in Deutschland und kooperieren auch mit PayPal – zum Beispiel bei mobilen Zahlungen mit Google Pay. Mit unseren Debit- und Kreditkarten bieten wir die Möglichkeit zur Online-Zahlung. Es ist nicht an uns, Bewertungen über andere Lösungen vorzunehmen. Letztendlich werden sich aber auch bei Online-Zahlungen die Lösungen durchsetzen, die das höchste Vertrauen bei Verbrauchern erwecken, vielfältige Einsatzmöglichkeiten bieten und die einfache, schnelle und sichere Zahlungen garantieren.
teltarif.de: Durch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen wie beispielsweise die Zwei-Faktor-Authentifizierung wird Onlinehandel für Händler und Kunden komplexer. Haben Sie festgestellt, dass hierdurch häufiger Transaktionen abgebrochen werden?
Juliane Schmitz-Engels: Mit der Zwei-Faktor-Authentifizierung ist der Online-Zahlungsverkehr noch ein Stück sicherer geworden. Für Kartenzahlungen im Internet ist nun eine starke Kundenauthentifizierung erforderlich. Das heißt, Kunden müssen bei Kartenzahlungen im Internet ihre Identität nun mindestens mit zwei Sicherheitsfaktoren belegen. Wenige Monate nach in Kraft treten der neuen EU-Richtlinie zeigt sich, dass die Zahlungen im Internet trotz aller Befürchtungen weiterhin gut funktionieren, sowohl auf Händlerseite als auch bei den Kartenherausgebern. Und auch immer mehr Kunden erkennen die Vorteile der Zwei-Faktor-Authentifizierung und registrieren sich für das jeweilige Sicherheitsverfahren bei ihrer Bank.
teltarif.de: Dienste wie Google Pay oder Apple Pay funktionieren mit Smartphones, doch insbesondere passive Wearables sind noch deutlich komfortabler. Man denke hier beispielsweise an Schmuck mit integriertem NFC-Chip. In welche Richtung wird sich das kontaktlose Zahlen aus Ihrer Sicht entwickeln?
Juliane Schmitz-Engels: Wir sehen an aktuellen Auswertungen, dass kontaktlose Zahlungen stark zugenommen haben und inzwischen zum Standard gehören. Dabei bevorzugen die meisten Verbraucher die Zahlung mit der Karte, aber die kontaktlosen Zahlungen mit Smartphone und Smartwatch steigen ebenfalls rasant an. Grundsätzlich denken wir, dass die Karte und mobile Geräte auch in naher Zukunft die präferierten Bezahlmethoden sein werden, da Verbraucher diese immer mit sich tragen. Mit Hilfe der Tokenisierung lassen sich potenziell alle möglichen Geräte zum Bezahlen nutzen – auch Autos oder Fernseher.
teltarif.de: Es gibt politische Diskussionen, Zahlungsmöglichkeit mit Bargeld aus Gründen der Kriminalitätsprävention einzuschränken. Wie steht Mastercard zu diesem Thema?
Juliane Schmitz-Engels: Wir möchten, dass Verbraucher die Möglichkeit haben, zwischen unterschiedlichen Bezahlmethoden zu wählen. Dazu gehören dann auch digitale Bezahllösungen, die inzwischen von einer großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung erwartet werden. Laut einer GfK-Umfrage sind neun von zehn Befragten der Meinung, dass die Akzeptanz von Kartenzahlung als Serviceleistung in Geschäften dazu gehören sollte. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung noch beschleunigt. Eine zunehmende Anzahl der Deutschen zahlt auch kleinere Beträge bargeldlos und kontaktlos mit Karte und Smartphone und erwartet, dass Händler ihnen diese Möglichkeit bieten. Aber Wahlfreiheit bedeutet nicht die Abschaffung des Bargelds, sondern mehr Flexibilität für Kunden. Elektronisches Bezahlen spart Zeit und Kosten und führt zu mehr Steuerehrlichkeit.
Auch aus Händlersicht bieten bargeldlose Zahlungen viele Vorteile: Die größere Auswahl an Zahlungsmöglichkeiten sorgt für mehr Umsatz und Kundenzufriedenheit und digitale Lösungen reduzieren das aufwändige Bargeldmanagement inklusive der Kriminalitätsrisiken.
teltarif.de: Frau Schmitz-Engels, vielen Dank für das Gespräch.
Im Betatest haben wir uns die neue Banking-App der DKB angeschaut.