Aufstieg

Fritz Joussen: Ex-Vodafone-Chef kommt zu 1&1 Versatel

Fritz Joussen war der Archi­tekt des Über­raschungs-Roaming-Deals zwischen 1&1 und Voda­fone.
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Er gilt als Archi­tekt des Über­raschungs-Coups zwischen 1&1-Mobil­funk und Voda­fone. Er war jahre­langer Chef von Voda­fone Deutsch­land, wo er Nach­folger von Jürgen von Kucz­kowski (interner Spitz­name "Vau-Ku") wurde. Weil er Kabel Deutsch­land (den Teil-Nach­folger der ehema­ligen Deut­schen Bundes­post Kabel-TV-Sparte) für Voda­fone Deutsch­land nicht kaufen durfte, verließ er Voda­fone und wurde zwischen­zeit­lich Chef des Reise­kon­zerns TUI.

Die Rede ist von Fried­rich "Fritz" Joussen, der vor vielen Jahren gemeinsam mit teltarif.de-Autor Henning Gajek (und anderen) ein Hand­buch über Mobil­funk geschrieben hat.

Neuer Posten - extra für Fried­rich Joussen

Fritz Joussen (früher Vodafone, TUI) übernimmt einen leitenden Posten bei der 1&1-Gruppe. Ein geschickter Schachzug. Fritz Joussen (früher Vodafone, TUI) übernimmt einen leitenden Posten bei der 1&1-Gruppe. Ein geschickter Schachzug.
Foto: 1&1-Versatel
Nun wird Joussen "Execu­tive Chairman" und über­nimmt den Vorsitz des Unter­neh­mens­bei­rats bei 1&1 Versatel.

Diese Posten wurde für ihn neu geschaffen. Joussen wird das Unter­nehmen zusammen mit der bishe­rigen Geschäfts­füh­rung unter Vorsitz von Dr. Sören Trebst führen und gleich­zeitig den Vorsitz des Unter­neh­mens­bei­rats von United Internet Gründer Ralph Dommer­muth über­nehmen. Dommer­muth bleibt Mitglied des Beirats. Weiteres Mitglied wird hier Ralf Hartings, Finanz­chef der United Internet AG.

Wachstum im Glas­faser­markt

„Das Wachstum im Glas­faser­markt ist enorm und 1&1 Versatel hat große Chancen. Wir haben ambi­tio­nierte Wachs­tums­ziele und wollen unsere führende Posi­tion weiter ausbauen. Gleich­zeitig rückt die 1&1-Versatel-Infra­struktur noch weiter ins Zentrum der United Internet Gruppe, denn das Unter­nehmen erbringt zuneh­mend wich­tige Vorleis­tungen für seine Schwes­ter­gesell­schaften“ erläu­tert Ralph Dommer­muth, CEO und Gründer der United Internet AG, zu der auch 1&1 Versatel gehört, den Vorgang.

Und weiter: „Jetzt ist der rich­tige Zeit­punkt das Manage­ment zu stärken. Ich freue mich sehr, dass wir Fritz Joussen gewinnen konnten. Gemeinsam mit dem Team von 1&1-Versatel und auf Grund­lage unserer lang­jäh­rigen engen Zusam­men­arbeit wird Herr Joussen das Unter­nehmen stra­tegisch, operativ und kommer­ziell weiter­ent­wickeln.“

Ein "Pionier"

Joussen gehört zwei­fels­ohne zu den Pionieren der Mobil­funk­indus­trie in Deutsch­land und Europa. Viele Jahre hatte er Voda­fone Deutsch­land als Chef geführt, die größte Voda­fone-Gesell­schaft im Welt-Konzern, der aber nicht die notwen­dige Beach­tung im Gesamt­kon­zern geschenkt wurde, was im Endef­fekt zu vielen Problemen geführt hatte.

In Jous­sens Zeit bei Voda­fone fiel die Über­nahme und Inte­gra­tion der Fest­netz­gesell­schaft Arcor (der Voda­fone-Welt­kon­zern wollte sie verkaufen) und auch die Blau­pause für den späteren Kauf von Kabel Deutsch­land unter der Regie von Jens Schulte-Bockum (für einen dann wesent­lich höheren Preis als vorher).

Von 2013 bis 2022 leitete Joussen als Group CEO den inter­natio­nalen Touristik-Konzerns TUI. Hier standen Restruk­turie­rungen und Über­nahmen sowie der Auf- und Ausbau zentraler Geschäfts­felder wie Hotel­gesell­schaften, Kreuz­fahrt-Unter­nehmen und digi­taler Platt­formen auf der Tages­ord­nung. Zuletzt hatte Joussen den Touristik-Konzern erfolg­reich durch die Corona-Krise geführt. Beim Auto-Verleiher Sixt war Fried­rich Joussen von 2017 bis 2021 Vorsit­zender des Aufsichts­rats. Seit 2023 ist er übri­gens Mitglied im Aufsichtsrat der 1&1 AG.

Wer ist 1&1 Versatel?

Die als Versatel gegrün­dete Firma wurde in den 1&1-Unter­neh­mens­ver­bund über­nommen und dort als "Glas­faser-Spezia­list" für Firmen­kunden ein wich­tiger Anbieter von Daten-, Internet- und Sprach­diensten in Deutsch­land. 1&1 Versatel ist Teil der 1&1-Firmen­gruppe und 100-prozen­tige Toch­ter­gesell­schaft der börsen­notierten United Internet AG. 1&1 Versatel betreibt mit mehr als 55.000 Kilo­metern Glas­faser-Strecke nach eigenen Angaben "eines der größten und leis­tungs­fähigsten Netze" Deutsch­lands und ist nach eigenen Angaben in über 350 Städten verfügbar.

Im neuen Mobil­funk­netz von 1&1-Mobil­funk kommt der Versatel eine wich­tige Bedeu­tung zu: Sie soll die Sende­sta­tionen mit Glas­faser anbinden, um das moderne 5G-Open-RAN-Konzept des vierten Netz­betrei­bers verwirk­lichen zu können.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Der Gedanke, Fritz Joussen zunächst als Berater und dann in den Vorstand und Beirat zu holen, war ein geschickter Schachzug des Firmen­grün­ders Ralph Dommer­muth. Spielen wir den Faden mal weiter, könnte ich mir vorstellen, dass 1&1 eines Tages die deut­sche Tochter des Voda­fone-Konzerns komplett über­nimmt und ins eigene Unter­nehmen einglie­dert.

Von 1&1 könnte Voda­fone Deutsch­land lernen, wie man Prozesse verschlankt und verein­facht und damit Kosten senkt und so güns­tige Tarife ermög­licht, die sich am Ende des Tages noch rechnen. Dommer­muth wäre seine Netz­auf­bau­pro­bleme ein für alle Male los, er müsste nur noch Kartell­amts­chef Mundt, die Mono­pol­kom­mis­sion und die EU- Wett­bewerbs­hüter davon über­zeugen, dass auch mit drei echten Netz­betrei­bern und einer Hand­voll Diens­tean­bieter in Deutsch­land span­nender Wett­bewerb möglich ist.

Schwer­punkt wird aber der flächen­deckende Netz­ausbau im Lande sein, und den gibt es nicht zum Null­tarif.

Nach dem Vorstoß der Bundes­netz­agentur herrscht gespannte Erwar­tung: Was bringt der Verzicht auf eine teure Frequenz­auk­tion?

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