Datenschutz

Apple: Nutzer müssen Datenweitergabe bald zustimmen

Apple wird die Daten­samm­lung durch Apps einschränken, wenn die Nutzer nicht explizit zustimmen. Anbieter wie Face­book fürchten um ihr Geschäfts­modell.
Von mit Material von dpa

Apple will die Datensammelwut von Apps begrenzen, sofern der Nutzer nicht explizit zustimmt Apple will die Datensammelwut von Apps begrenzen, sofern der Nutzer nicht explizit zustimmt
Foto: Picture Alliance / dpa
Sind Leute bei Apple "die Guten", wie man es aus der Werbung deut­lich heraus­hören und sehen kann? In gewisser Hinsicht schon, je nach eigenem Stand­punkt. App-Betreiber werden Apple-Kunden bald ausdrück­lich fragen müssen, ob sie ihrem Verhalten für Werbe­zwecke folgen dürfen. Unter anderem der Face­book-Konzern sieht darin eine Bedro­hung. Doch der iPhone-Konzern hält an seinen Plänen fest.

Daten­samm­lung wird einge­schränkt

Apple will die Datensammelwut von Apps begrenzen, sofern der Nutzer nicht explizit zustimmt Apple will die Datensammelwut von Apps begrenzen, sofern der Nutzer nicht explizit zustimmt
Foto: Picture Alliance / dpa
Genauer: Apple wird die neuen Möglich­keiten für Nutzer, die Daten­samm­lung durch Apps einzu­schränken, trotz Gegen­winds großer Online-Player wie Face­book wie geplant umsetzen. Das geht aus einem gestern veröf­fent­lichten Brief des iPhone-Konzerns an Menschen­rechts­orga­nisa­tionen wie Amnesty Inter­national und Human Rights Watch hervor.

Durch die Neue­rungen sollen Nutzer von Apple-Geräten leichter verhin­dern können, dass Apps und Werbe­dienste Infor­mationen über ihr Verhalten über die Grenzen einzelner Anwen­dungen und Websites hinweg sammeln. Apples Plan ist, dass jede App die Nutzer für den Zugriff um Erlaubnis fragen muss.

Face­book warnte davor, dass die Ände­rung das Werbe­geschäft des Online-Netz­werks erschweren würde. Firmen­chef Mark Zucker­berg kriti­sierte zuletzt, da viele kleine und mitt­lere Unter­nehmen auf Werbung im Netz ange­wiesen seien, könne dies die Erho­lung der Wirt­schaft von der Corona-Pandemie beein­träch­tigen.

Inva­sives Tracking schadet dem Ökosystem

"Ich sehe das nicht so", sagte Apples Soft­ware-Chef Craig Fede­righi dazu gestern der Deut­schen Presse-Agentur. Das aufdring­liche Nach­ver­folgen der Nutzer-Akti­vität komme letzt­lich nur dem "daten­indus­tri­ellen Komplex" und großen Tech-Konzernen zugute. "Wir denken, dass inva­sives Tracking dem gesamten Ökosystem schadet, weil es das Vertrauen der Nutzer in die Systeme mindert." Apple sei über­zeugt, dass sein neues Verfahren für alle Markt­teil­nehmer gut sei. "Die vorran­gigen Verlierer sind viel­leicht die großen Unter­nehmen, die ein Geschäft daraus machen wollen, große Mengen von Daten zu sammeln."

Face­book: Unfairer Wett­bewerb

Face­book warf Apple im Gegenzug unfairen Wett­bewerb vor. "Die Wahr­heit ist, dass Apple sein Geschäft in die Werbung ausge­baut hat und versucht, durch die anste­henden Ände­rungen das freie Internet in kosten­pflich­tige Apps und Dienste zu zwingen, von denen sie profi­tieren." Apple nutze eine domi­nie­rende Markt­posi­tion aus, "um die eigene Daten­samm­lung zu prio­risieren, während sie es für ihre Wett­bewerber nahezu unmög­lich machen, die selben Daten zu nutzen".

Die Frei­gabe-Anfragen waren eigent­lich schon für den Start des aktu­ellen Betriebs­sys­tems iOS 14 im Herbst ange­kün­digt. Im September verschob Apple deren Einfüh­rung jedoch auf Anfang 2021. Zur Begrün­dung hieß es, man wolle Entwick­lern mehr Zeit geben, notwen­dige Ände­rungen vorzu­nehmen. Das weckte zugleich bei einigen Beob­ach­tern Sorgen, dass der Wider­stand aus der Indus­trie zu einer Aufwei­chung der Maßnahmen führen könnte.

Face­book fürchtet um sein Geschäfts­modell

Für Face­book ist der Zugang wichtig, weil das Online-Netz­werk seinen Werbe­kunden einen verläss­lichen Zugang zu möglichst spezi­fischen Kunden­gruppen verspricht. Dafür will Face­book möglichst viel über die Inter­essen und Akti­vitäten der Menschen erfahren.

Apple hatte beim Start des iPhones anfangs Zugang zur einzig­artigen Gerä­tenummer für Werbe­zwecke gewährt. Vor einigen Jahren wurde statt­dessen eine spezi­elle Nummer für Werbung einge­führt, die IDFA. Zugang zu ihr werden App-Entwickler nun erst bekommen, nachdem sie dafür die ausdrück­liche Erlaubnis eines Nutzers einge­holt haben.

Gibt es Schleich­wege?

App-Betreiber können versu­chen, darüber hinaus einzelne Geräte auf anderen Wegen zu erkennen - zum Beispiel über gela­dene Apps oder die Kombi­nation von Einstel­lungen. Das ist bei Apple ausdrück­lich verboten. "Wir können das tech­nisch nicht verhin­dern, aber wir gehen davon aus, dass Daten­schützer und auch wir bei Apple selbst merken werden, wenn so etwas passieren sollte", sagte Fede­righi.

Zugleich gebe es immer neue Bedro­hungen für die Privat­sphäre der Nutzer, räumte der Apple-Manager ein. "Jahr für Jahr müssen wir mehr Schutz­maß­nahmen treffen." Aller­dings habe sich gezeigt, dass bisher ergrif­fene Vorkeh­rungen funk­tio­nieren. So habe die Trans­parenz beim Zugriff auf den Standort der Nutzer dazu geführt, dass viele in der Branche bei ihren Geschäfts­modellen nicht mehr auf solche Daten setzten.

"Wenn man Dinge struk­turell verän­dert, kann man das System refor­mieren. Und wir hoffen letzt­lich, ein Beispiel für die Branche zu setzen und bei den Nutzern hohe Erwar­tungen an den Daten­schutz zu etablieren." Apple wolle zeigen, dass Werbe­modelle nicht auf inva­sivem Tracking der Nutzer basieren müssen, um effi­zient zu sein.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Manche Apps treiben es mit der Daten­sam­melwut schon ziem­lich weit. Aber: Die Nutzer haben jahre­lang gelernt, dass alle Dienste und Ange­bote im Internet möglichst "kostenlos" zu sein haben. Dafür wird im Gegenzug in der Währung "Daten" bezahlt.

Wenn Apple das einschränkt, bleiben die Daten zunächst bei Apple und geraten später viel­leicht "gefil­tert" (anonym­siert) zu den App-Anbie­tern, die dafür sicher­lich ihren Obulus an Apple beitragen dürfen. Von daher ist die Kritik von Face­book nach­voll­ziehbar, aber wenig glaub­würdig, da Face­book auch auf einem riesigen Daten­berg thront.

Bleibt am Ende die Frage, ob der Nutzer die Option - keine Daten­samm­lung - wirk­lich nutzen wird oder vor lauter Sucht nach "kostenlos" doch wieder allen Daten­sam­mel­wün­schen pauschal zustimmt, um sich ja nicht mit den Details beschäf­tigen zu müssen.

Relativ über­raschend hat Apple für das neue iPhone 12 gestern ein Update ausge­lie­fert.

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