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Editorial: Die falsche Richtung

Fatale Folgen der neuen GPRS-Preise von o2
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Alle Mobilfunk-Netzbetreiber hoffen auf das Datengeschäft. Die Rechnung: Wenn die Kunden nicht nur telefonieren, sondern auch fleißig mit dem Handy in mobilen Datendiensten oder mit Laptop und Handy im Web surfen, dann steigen die Umsätze. Folglich wurden mit hohem Aufwand neue Technologien wie WAP, GPRS oder MMS eingeführt.

Doch die erhofften Datenumsätze blieben bisher weitgehend aus. Die Datendienste - ohne SMS - haben nur wenige Prozent Anteil am Gesamtumsatz der Unternehmen. Zwar meldet KPN, dass man bald eine Million i-mode-Nutzer erwartet. Doch bei insgesamt knapp 15 Millionen Kunden von KPN entspricht das einem Anteil von unter sieben Prozent. Da i-mode-Kunden natürlich auch weiterhin Sprachtelefonie nutzen, beträgt der Anteil von i-mode am Gesamtumsatz sogar noch weniger als sieben Prozent.

Dabei gibt es den Einfach-Datendienst SMS: Quasi als "Abfallprodukt" der digitalen Signalisierungstechnik entstanden, anfangs oft sogar kostenlos, haben sich die Kurznachrichten längst zum Renner entwickelt, auch kommerziell: Mit SMS machen die Netzbetreiber das Vielfache des Umsatzes, wie mit allen anderen Datendiensten zusammen.

Erfolgsmodelle ...

So wundert es, dass die Netzbetreiber nicht auf dem Erfolgsmodell SMS aufbauen. Die Erfolgsfaktoren sind bekannt: SMS ist einfach in der Nutzung und überschaubar im Preis pro Nutzungsvorgang. Jedem Verbraucher ist klar, wie teuer es am Ende ist, wenn er zehn, hundert oder tausend SMS verschickt. Hingegen braucht man Informatik-Kenntnisse, um die GPRS-Preise mit Tagesnutzungsentgelten, Blockpreisen und Volumenkontingenten zu verstehen, und optimal zu nutzen.

Deswegen war die Einführung der WAP-Flatrate von o2 genau der richtige Schritt. Statt verwirrender Preise eine klare Aussage: 4,95 Euro im Monat, dafür kann man so viel im WAP-Portal o2 active surfen, wie man will. Über die Onlineseiten von o2 kann man sogar einen sechs Wochen kostenlosen Test der Flatrate bestellen.

... und Problemtarife

Doch warum rudert o2 jetzt zwei Schritte zurück? Der eh schon teure GPRS-Standardtarif wird nochmal um 80 Prozent teurer. Und wer eine der GPRS-Optionen bucht, soll diese künftig bis zum Auslaufen des Hauptvertrages behalten müssen. Wer direkt bei Vertragsabschluss eines der großen GPRS-Datenpakete bucht, dann aber wenige Monate später aufgrund eines Wechsels der Lebensumstände dieses nicht mehr braucht, muss folglich fast zwei Jahre lang die Option weiterhin bezahlen. Das sind im Extremfall bis zu 2000 Euro rausgeschmissenes Geld, denn die größte GPRS-Option mit 100 Megabyte Inklusivvolumen kostet 99,95 Euro monatlich.

Grundsätzlich ist zu sagen, dass hundert Euro monatliche Kosten nicht per se überteuert sind. Mobile Daten-Vielnutzer sind eher im gewerblichen als im privaten Bereich zu suchen. Ein Vertreter, der tagein, tagaus unterwegs ist, kommt leicht auf Spesen von mehreren hundert Euro am Tag. Dazu im Vergleich sind hundert Euro im Monat wie die sprichwörtliche Portokasse. Hinzu kommt, dass der Vertreter durch mobile Datendienste einen klaren Mehrwert haben kann, beispielsweise, wenn er die ansonsten nutzlosen Wartezeiten am Flughafen oder während Zugfahrten nutzen kann, um seine Post zu erledigen.

Jedoch wird auch der Vertreter böse aufschrecken, wenn die mobile Datenrechnung statt 100 Euro plötzlich 500 Euro kostet, weil 300 statt 100 Megabyte verbraucht wurden. Eine solche Kostenexplosion kann sogar dann passieren, wenn der Vertreter sein mobiles Online-Verhalten nicht ändert: Eine neue Java- oder Flash-Applikation auf einer oft verwendeten Website kann das Download-Volumen ebenso nach oben schnellen lassen, wie neue PDF-Dateien oder Office-Formulare, die die Firmenzentrale erstellt hat. Der Vertreter spielt diese ein - und bekommt die dicke Rechnung einen Monat später.

Zusammen mit der Unmöglichkeit der nachträglichen Verkleinerung der Option baut hier o2 eine mobile Kostenfalle erster Klasse. Die logische Folge: Das mobile Büro bleibt zu Hause.

Alternativen

Man kann es auch besser machen:

  • Echte GPRS-Flatrates statt großen Kontingenten. Wenn ein Nutzer deutlich zu viele Daten versendet, so dass die Netzinfrastruktur überlastet wird (mehrere hundert Megabyte) erhält er Warn-SMS. Fruchten auch diese nicht, kündigt der Netzbetreiber die Flatrate, der stellt auf einen teureren "Power-User-Tarif" um. Durch die zeitnahe Warnung kann das Nutzungsverhalten gegebenenfalls korrigiert werden; auf jeden Fall treffen hohe Rechnungen nicht unvorbereitet ein.
  • Automatische Abrechnung nach dem günstigsten Tarifmodell: Statt fest zu wählenden GPRS-Optionen wird jeden Monat die Stufe gewählt, die optimal zum Nutzungsvolumen passt. Da die GPRS-Optionen deutlich günstigere Volumenpreise haben, werden die Nutzer somit vor allzu bösen überraschungen geschützt. E-Plus bietet ein ähnliches Modell für Sprachtelefonie bei den Professional-Tarifen.
  • Tageslimits: Egal, wie viele Daten ein Nutzer überträgt, der einzelne Nutzungstag kostet nicht mehr als ein bestimmtes Limit. Dieses könnte z.B. fünf bis zehn Euro für den Internetzugang und ein bis zwei Euro für WAP betragen.