Notbremse

Mindestpreise für Mobilfunkgespräche

Netzbetreiber fordern Regulierung im Mobilfunkmarkt
Von Marie-Anne Winter

Jahrelang setzte das deutsche Regulierungsorgan für die Telekommunikationsmärkte - seit Juli vergangenen Jahres unter der Bezeichnung Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) tätig - im Mobilfunk auf die Vernunft und Einsicht der dort aktiven Unternehmen. Überlegungen der EU-Kommission, regulierend in die Mobilfunkmärkte einzugreifen, konnte die BNetzA bzw. ihre Vorgängerin RegTP bisher mit dem Verweis auf den in Deutschland auch ohne Regulierung funktionierenden Wettbewerb in diesem Bereich ganz im Sinne der Mobilfunkanbieter abwenden. Dabei war das Regulierungsansinnen aus Brüssel angesichts der schwer nachvollziehbaren Preisgestaltung insbesondere beim so genannten Roaming durchaus verständlich.

Doch das ist mittlerweile Schnee von gestern. Ausgerechnet die Netzbetreiber, die einst befürchtet hatten, dass verordnete Entgelte ihre Umsätze drücken könnten, haben sich nun mit der Forderung an die BNetzA gewandt, einen Mindestgesprächspreis bei innerdeutschen Gesprächen vom Handy einzuführen. Offenbar funktioniert der Wettbewerb nun zu gut, denn seit dem Auftreten der Mobilfunk-Discounter sind die Minutenpreise im Mobilfunk deutlich gesunken und vor allem die großen Netzbetreiber sind dabei, den sinkenden Margen mit Zähneknirschen und Sparprogrammen zu begegnen. Nachdem sich T-Mobile schon vor einiger Zeit ein rigides Sparprogramm verordnet hat, plant nun auch Vodafone eine Rotstift-Kur. Der Aufruf an die BNetzA kann nun durchaus als Griff zur Notbremse gewertet werden.

Ruinösen Wettlauf beenden

Wie aus gut unterrichteten Kreisen verlautete, haben die beiden Marktführer im Mobilfunk ein entsprechendes Schreiben direkt an den Chef-Regulierer Matthias Kurth gerichtet. Es heißt, dass darin ein Mindestpreis von 19 Cent pro Minute für Mobilfunknetz-übergreifende Gespräche gefordert werde, netzintern und ins Festnetz müssten mindestens 15 Cent berechnet werden, um "den Wettbewerb in diesem Bereich dauerhaft zu sichern und eine angemessene Qualität der Versorgung aller Bundesbürger mit Mobilfunk-Dienstleistungen langfristig zu gewährleisten." Dem "ruinösen Kampf um den billigsten Minutenpreis" müsse dringend ein Ende gesetzt werden.

Die Menschen seien zunehmend weniger bereit, monatliche Grundgebühren für ihren Mobilfunkvertrag zu bezahlen. Andererseits müsse die zum Mobiltelefonieren benötigte Infrastruktur ausgebaut und unterhalten werden. Das koste eine Menge Geld, das immer schwieriger zu verdienen sei. Wenn man schon nicht den Schritt wagen würde, Tarife ohne monatliche Mindestkosten zu verbieten, seien Mindestpreise für Handygespräche die einzige Chance, den Mobilmarkt auf Dauer zu sichern. Sinkende Umsätze würden auch negative Auswirkungen auf die Arbeitsplatzentwicklung in den betroffenen Unternehmen haben. Eine Regulierung des Mobilfunkmarktes sei angesichts der wirtschaftlichen Lage in Deutschland dringend notwendig. Im Gegenzug wollen die Netzbetreiber die zugegebenermaßen ebenfalls wettbewerbsverzerrenden Subventionen von Handys endlich aufgeben.

Von den beiden E-Netz-Betreibern o2 Germany und E-Plus war indessen noch nichts zu hören. Sie haben sich der Forderung nach einer derartigen Regulierung zumindest offiziell nicht angeschlossen - allerdings könnte die Einstellung der Professional-Tarife von E-Plus, mit denen man für 3 Cent vom Handy ins Festnetz telefonieren kann, durchaus mit der angemahnten Mindestpreis-Politik zu tun haben. Ob die Discounter ihre Minutenpreise tatsächlich signifikant anheben müssen, wenn sich die Netzbetreiber mit ihrer Forderung nach einer Regulierung in diesem Bereich durchsetzen sollten, ist allerdings noch nicht abzusehen. Denn Forderungen nach Preiserhöhungen werden von der BNetzA erfahrungsgemäß mit der Anordnung einer leichten Preissenkung beantwortet.

April, April - Aprilscherze der teltarif.de-Redaktion