EU-Flat

Roaming-Streit: Pauschaltarif für Europa?

Neue Vorschläge aus Brüssel entsetzen Mobilfunk-Branche
Von Marie-Anne Winter

Der jahrelange Streit um die Roaming-Preise nimmt immer eigenartigere Formen an. So berichtet die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ), dass der Mobilfunkbranche deutlich härtere EU-Vorgaben für Roaming-Preise als bisher geplant drohen. Der zuständige Berichterstatter im Europäischen Parlament, der ÖVP-Abgeordnete Paul Rübig, wolle vor allem die Vorschläge von Kommissarin Viviane Reding zur Regulierung der Endkundentarife drastisch verschärfen. Nach seiner Vorstellung sollen die Betreiber dazu verpflichtet werden, einen monatlichen Pauschaltarif anzubieten, der alle heute und künftig verfügbaren Sprach- und Datendienste umfasst. Auf Großhandelsebene will der Österreicher die Betreiber aus der Regulierung entlassen, sobald eine Börse eingerichtet ist, an der die Unternehmen Roaming-Minuten handeln. Für die Endkunden sollen Anbieter die Roaming-Preise während des Gesprächs automatisch auf dem Handydisplay anzeigen.

An sich sind günstigere Preise für Handytelefonate im und ins Ausland sicherlich wünschenswert. Doch wie eine solche Roaming-Minutenbörse funktionieren soll, bleibt offen. Kein Wunder, dass die Mobilfunk-Branche entsetzt auf die neuen Vorschläge aus Brüssel reagiert. Auch ein Pauschaltarif wäre ein harter Schlag für die Betreiber - denn damit könnten sie mit neuen Techniken und Diensten keine zusätzlichen Einnahmen erzielen - womit es auch keinen Anreiz für Innovation mehr gibt. Unternehmensberater sprechen schon von einem Angriff auf die Eigentumsrechte der Mobilfunkanbieter.

Pauschal kann auch teuer sein

Allerdings hat sich in der letzten Zeit schon einiges getan - gerade mit den neuen, auf Auslandsgespräche spezialisierten Mobilfunk-Discountern, die in Deutschland auf den Markt gegangen sind, dürfte sich die monatliche Mobilfunkrechnung der entsprechenden Zielgruppe erhebliche reduziert haben. Auch die etablierten Mobilfunkanbieter, die zum Teil hohe Aufschläge verlangen, wenn ihre Kunden im Ausland telefonieren, sind dabei, ihre Preise entsprechend anzupassen. Insofern scheint der Markt zumindest hierzulande schon zu funktionieren - Kunden, die nicht länger bereit sind, jeden Preis für Telefonate im Ausland zu zahlen, haben schon längst die Möglichkeit, auf günstigere Produkte zu wechseln. Insofern irritiert der Eifer der Brüsseler schon - denn ein Standardroaming-Tarif, wie Herr Rübig ihn verlangt, mag zwar transparent sein, dass er aber günstig sein muss, ist damit nicht gesagt. Eine Pauschale, die alle möglichen Kosten für alle möglichen Sprach- und Datendienste einschließt, wird vermutlich eher teurer werden - irgendwie müssen die Netzbetreiber ihre Kosten für ein solches Pauschalangebot ja abdecken. Insofern ist zu befürchten, dass ein solcher Vorstoß nach hinten losgeht.

Auch die von EU-Kommissarin Reding beabsichtigte Kappung der zum Teil exzessiven Aufschläge für Auslandstelefonate, die dazu führen soll, dass Handynutzer für Gespräche im Ausland nicht wesentlich mehr zahlen als in ihrem Heimatland, kann auch dazu führen, dass Gespräche im Inland wieder teurer werden. Denn irgendwo müssen die Mobilfunker an ihren Angeboten ja verdienen. Derzeit sind die Roaming-Aufschläge Ertragsperlen für die Anbieter. Die Frage ist, ob am Ende alle Inlandstelefonierer draufzahlen sollen, damit reiselustige Handykunden im Ausland günstiger telefonieren können.

Rübigs Bericht soll Ende dieses Monats im zuständigen Industrieausschuss des EU-Parlaments vorgestellt und im Mai vom Plenum verabschiedet werden. Es heißt, dass sich Rübig mit den Regierungen zuvor auf eine gemeinsame Linie verständigen wolle. Dabei seien noch Änderungen an dem Bericht möglich. Es sei auch zu erwarten, dass Mitgliedsländer wie Großbritannien und Frankreich die Pläne kritisieren werden.

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