Zweckoptimismus

"Mit Preissenkungen gewinnt man keine Marktanteile mehr"

freenet-Chef Eckard Spoerr über die Zukunft seines Unternehmens
Von Marie-Anne Winter

Mit der Übernahme des Mobilfunk-Service-Providers Talkline durch debitel schreitet die Konsolidierung im deutschen Mobilfunkmarkt weiter voran. Angesichts des zunehmenden Wettbewerbsdrucks werden weitere Übernahmen erwartet. Derzeit richtet die die Aufmerksamkeit auf freenet. Dieser Anbieter war ebenfalls an Talkline interessiert, wurde aber von debitel überboten.

Die schlagzeilenträchtige Fusion des Festnetz- und Internetanbieters mit dem Mobilfunker mobilcom brachte bisher nicht die erwünschte Belebung des Geschäft durch das Angebot neuer Kombiprodukte aus Festnetz, Breitbandinternet und Mobilfunk, denn nach den jahrelangen Verzögerungen im Verschmelzungsprozess der beiden Unternehmen waren andere Anbieter mit derartigen Produkten längst an freenet/mobilcom vorbeigezogen. Mittlerweile haben alle großen alternativen Festnetzanbieter Bündelprodukte aus Breitband-, Festnetz und Mobilfunk im Angebot und auch Versatel wird demnächst mit einem solchen Produkt auf den Markt gehen. Damit steigt der Druck auf die Service-Provider weiter an, die ohnehin schon durch die Zweitmarken der Netzbetreiber und die Discount-Marken branchenfremder Anbieter Marktanteile verlieren.

freenet auf dem Handy-Display

Gegenüber der Welt sagte freenet-Chef Eckard Spoerr, dass die Marke freenet für Mobilfunk-Kunden interessant sei, weil freenet als Netzbetreiber wahrgenommen werde. Bei den Netzbetreibern sei die Wechselrate der Kunden deutlich niedriger als bei den Service-Providern. Daher solle freenet als Mobilfunk-Marke etabliert werden, um die Kundenbindung zu erhöhen. Weil freenet aber im Mobilfunk reiner Dienstleister sei, könne man sich den Netzbetreiber mit den günstigsten Konditionen dafür auswählen. Auch sei die Marke freenet bereits jetzt erfolgreich, obwohl erst der Name des Netzbetreibers erst kürzlich vom Handydisplay und aus der werblichen Darstellung verschwunden sei. Bereits 16 Prozent der Neukunden in den freenet/mobilcom-Shops würden den freenet-Tarif buchen. Bis zum nächsten Jahr soll der Anteil auf 50 bis 70 Prozent steigen.

Auf das Internetgeschäft angesprochen sagte Spoerr, dass man durch Preissenkungen allein im DSL-Geschäft keine Marktanteile mehr gewinne. Ausschlaggebend sei das Preis-Leistungs-Verhältnis und dort strebe freenet die Führungsposition an. Über die Hälfte der Neukunden würden das Komplett-Angebot buchen. Angaben über den Gesamtmix der DSL-Kunden machte Spoerr nicht. Die schlechte Einstufung beim Kunden-Service durch die Stiftung Warentest erklärte der freenet-Chef mit dem Zeitpunkt ihres Tests, der stattgefunden habe, als das Unternehmen gerade mit Ressourcenengpässe aufgrund der großen Nachfrage nach freenet-Komplett zu kämpfen hatte. Inzwischen habe sich der Service deutlich verbessert.

Zu dem Vorwurf, dass Drückerkolonnen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen freenet-Anschlüsse verkaufen würden, sagte Spoerr, dass freenet mit kompetenten, externen Fachvertretern zusammen arbeite. Sollten Kunden falsch beraten werden, könnten diese ihren Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Folgen stornieren. In diesen Fällen würden auch die Vertriebspartner keine Provision erhalten. Außerdem erkundige sich freenet kurz nach Schaltung des Anschlusses bei den Kunden, ob sie mit allem zufrieden seien.