Autobahn-App im ersten Test: Der neue Navi-Killer?
Oberer und unterer Bereich des Homescreens nebeneinander angezeigt
Bild: Autobahn GmbH, Screenshot: teltarif.de
Wie bereits berichtet ist heute die offizielle App der bundeseigenen Autobahn GmbH gestartet. Die Smartphone-App soll bei der Routenplanung helfen, Staus und Baustellen anzeigen, aber auch über nächstgelegene Ladesäulen für Elektroautos oder Lkw-Stellplätze für Brummi-Fahrer informieren.
Kostenpflichtige Dienste gibt es in dieser App nicht. Die App kann hier kostenlos heruntergeladen werden:
Installation und Willkommenstour
Direkt nach dem Start haben wir die Autobahn-App des Bundes für Android einem ersten Test unterzogen. Als Entwickler ist im Play Store die prototype.berlin GmbH angegeben, was vielleicht einige Nutzer verwirren könnte. Vielleicht wäre es besser, die Autobahn GmbH des Bundes anzugeben. Bei der CovPass-App, der Corona-Warn-App oder der Corona-Datenspende-App ist auch direkt das RKI angegeben. Ebenfalls etwas verwirrend ist, dass der Entwickler über die Mailadresse datenschutz@autobahnreform.de erreichbar sein soll, obwohl unter www.autobahnreform.de gar keine Webseite existiert. Die Autobahn GmbH des Bundes ist auf www.autobahn.de beheimatet.
Der Download der App beträgt für Android rund 13 MB, erforderlich ist mindestens Android 6. Bei den Berechtigungen benötigt die App zugriff auf Standort, Gerätespeicher (auch Fotos und Medien), Kamera, Mikrofon und natürlich die Internetverbindung.
Die Entwickler betonen, dass die Autobahn-App keine Konkurrenz zu Google Maps & Co. sein will, sondern eine Ergänzung. Direkt nach dem ersten Start erscheint eine kleine dreiteilige Willkommenstour, in der die wichtigsten Funktionen erläutert werden. Und bereits hier wird klar: Die Autobahn-App will nicht erst direkt im Fahrzeug zum Einsatz kommen, sondern bereits vor der Fahrt bei der Planung der Reise. Der persönliche Routencheck soll die schnellste und effektivste Route anzeigen. Aktuelle Meldungen werden den Fahrer über Staus oder stockenden Verkehr informieren. Per Webcam kann man sich ein Bild von der aktuellen Situation auf einer bestimmten Autobahn machen.
Oberer und unterer Bereich des Homescreens nebeneinander angezeigt
Bild: Autobahn GmbH, Screenshot: teltarif.de
Funktionen der App im Test
Der Homescreen der App ist recht schlicht gehalten und nicht durch zu viele Informationen überfrachtet. Die Hauptnavigation befindet sich unten. Außer dem Routencheck befinden sich dort die Abteilung "Service" und ein Link zu weiteren Informationsangeboten. Erst hier im Bereich "Mehr" gelangt man dann in den Bereich der aktuellen Nachrichten. Diese werden allerdings von www.autobahn.de geholt und innerhalb der App angezeigt.
Wir haben für unseren ersten Test eine Route definiert und uns dabei vorgestellt, dass ein teltarif.de-Redakteur am Ende seines letzten Arbeitstages vor dem Urlaub direkt von der teltarif.de-Redaktion in Berlin-Friedenau zu seinem Urlaubsort im Ostseebad Binz auf Rügen fährt. Dabei entdeckten wir, dass die Autobahn-App nicht nur Adressen kennt, sondern auch Sehenswürdigkeiten und Hotels: Als wir als Ziel "Kurhaus Binz" eingaben, sprang die App direkt zu korrekten Adresse Strandpromenade 27, 18609 Binz.
Infos zu unserer Testroute von Berlin nach Binz
Bild: Autobahn GmbH, Screenshot: teltarif.de
Im Ergebnis zeigte uns die App an, dass für die knapp 319 Kilometer normalerweise eine Fahrzeit von 3:53 Stunden anzusetzen ist. Gleichzeitig zeigte sie aber auch an, dass auf der Strecke aktuell Sperrungen vorhanden sind und die Fahrt daher voraussichtlich 14 Minuten länger dauert. Insgesamt gab die App für die Strecke 19 Meldungen aus. Bereits für das Stadtgebiet von Berlin zeigte die App an, ob es sich um eine Baustelle oder eine Komplettsperrung handelt und seit wann die Einschränkung bereits besteht.
Jede Einschränkung lässt sich dabei separat antippen, dann gibt es weitere Infos dazu, welche Einschränkung an der Stelle vorhanden ist (z. B. verengte Fahrstreifen) und bis wann die Arbeiten abgeschlossen sein sollen. Beim Antippen der Funktion "in Navigation öffnen" wird die entsprechende Stelle dann allerdings nicht in der App selbst angezeigt, sondern in der Standard-Navigations-App des Smartphones, also beispielsweise in Google Maps.
Auch ganz aktuelle Ereignisse meldete die App: Für die A114 am Autobahnzubringer Prenzlau Richtung Dreieck Pankow wurde gewarnt, dass sich zwischen Schönerlinder Straße und Dreieck Pankow ein defekter PKW befindet, durch den eine Gefahr besteht. Wie zu erwarten wurde auch für die B95/Neue Rügenquerung ein zähfließender Verkehr mit ungefähr 11 km/h angegeben. Unklar war hierbei allerdings, was die App mit "Tendenz fallend" meinte, also ob die Einschränkung eine fallende Tendenz hat oder die aktuelle Fahrgeschwindigkeit. In diesem Fall hat der Fahrer die Möglichkeit, zu jeder Einschränkung eine Meldung an die Autobahn GmbH zu senden.
Services entlang der Route
Unter den aktuellen Verkehrsmeldungen zeigte die App auf unserer Testroute die an der Strecke verfügbaren Services an. Aufgeführt war jeder einzelne auch noch so kleine Parkplatz sowie natürlich die Raststätten. Für jeden Ort wurde angegeben, wie viele PKW- und LKW-Stellplätze es dort gibt. Ebenfalls wurde angegeben, ob dort Toiletten und Mülleimer vorhanden sind oder nicht.
Insbesondere bei Tankstellen, die sich nicht an Autobahnraststätten befinden, sondern an Autohöfen oder Autobahnabfahrten, können die Positionsangaben der App allerdings etwas ungenau sein. Die an der A11-Anschluss-Stelle Gramzow gelegene Tankstelle wurde von der Autobahn-App direkt an der Abfahrt angegeben, was natürlich Unsinn ist. Mit Google Maps findet man heraus, dass die Tankstelle in Wahrheit einige Meter nördlich der Autobahnausfahrt in Hohengüstöw an der B198 liegt. Hier muss die App also ihren Datenbestand noch etwas verbessern.
Erstes Fazit
Man darf sich bei der neuen Autobahn-App des Bundes nicht vom schlanken Homescreen verwirren lassen und - wie einige Rezensenten im Play Store - behaupten, die App biete keinen Mehrwert. Hat man erstmal eine Route ausgewählt, überzeugt die App mit einer Fülle an wichtigen Informationen, die auch aktuelle Ereignisse wie kleinste Behinderungen durch PKW-Pannen mit einschließen.
Auch die Service-Informationen sind recht detailliert, vor allem was die Anzahl von Parkplätzen oder (nicht) vorhandene Toiletten betrifft. Was die App leider nicht bietet, sind Fotos wie bei Google Maps, mit denen man eine Raststätte oder einen Parkplatz schon von Weitem erkennen würde. Insgesamt ist die App stark Text-basiert und optisch keine wirkliche Design-Schönheit - der Nutzen soll im Vordergrund stehen.
Was auch etwas anstrengend ist, ist das ständige Hin- und Her zwischen Autobahn-App und Navigations-App. Längerfristig sollte die Autobahn GmbH also darüber nachdenken, ein Open-Source-Kartenmaterial wie OpenStreetMap direkt in die App zu integrieren, damit das lästige Hin- und Herswitchen zwischen den Apps entfällt. Insbesondere, was aktuelle Verkehrsbeeinträchtigungen und Baustellen betrifft, kann die Autobahn-App aber sicherlich so manches für Navigationsgeräte kostenpflichtige Zusatzpaket ersetzen - nach Erscheinen der Autobahn-App müssen die Navi-Hersteller also möglicherweise gerade in diesem Bereich mit Einbußen rechnen. Denn für diese Infos, die mit der App kostenfrei geliefert werden, wird in Zukunft wahrscheinlich kaum noch jemand separat bezahlen.
Wie Sie das meiste aus Google Maps herausholen können, erfahren Sie in unserem Ratgeber zu Google Maps.