Festgefahren

Autonomes Fahren und ethische Grundsatzfragen

Selbstfahrende Autos sollen die Straßen erobern - aber wichtige Haftungsfragen sind nicht geklärt. Die deutschen Autobauer fürchten international den Anschluss zu verlieren, obwohl sie technologisch gerade vorn liegen.
Von Marie-Anne Winter

Der selbstfahrende Audi A7 auf dem Weg zur CES Der selbstfahrende Audi A7 auf dem Weg zur CES in Las Vegas
Bild: dpa
Selbstfahrende Autos sollen die Straßen erobern - in den USA haben die Roboter-Autos von Google bereits mehrere Millionen Kilometer zurückgelegt. Dabei gab es nur etwa ein Dutzend kleinere Unfälle, von denen nicht ein einziger von einem der selbstfahrenden Wagen verursacht wurde, sondern jeweils von Fahrzeugen, in denen ein Mensch an Steuer saß. Die Autos der Zukunft sollen also lieber selbst fahren und durch mobile Vernetzung können sie das auch noch optimal an die Verkehrslage angepasst, was die Nerven schont und den Spritverbrauch senkt.

Damit diese schöne Zukunft kommen kann, plant Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ein umfangreiches Maßnahmenpaket, um bis zum Jahr 2020 die Voraussetzungen für das Der selbstfahrende Audi A7 auf dem Weg zur CES Der selbstfahrende Audi A7 auf dem Weg zur CES in Las Vegas
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hochautomatisierte Fahren zu schaffen. Wie das Handelsblatt aus Regierungskreisen erfuhr, sollen bis 2020 im Zuge der AF-2020-Strategie insgesamt 18 Maßnahmen in neun Handlungsfeldern umgesetzt werden. Dazu will der Bund neue Technologien fördern, IT-Sicherheitsstandards setzen und die Infrastruktur bereitstellen. Das automatisierte Fahren sei eine "Schlüsseltechnologie", um einen "wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Innovations- und Wirtschaftsstandorts" zu leisten.

Noch in diesem Monat wollen der Bund, das Land Bayern, Hersteller, Zulieferer sowie die Branchenverbände VDA und Bitkom eine Rahmenvereinbarung unterzeichnen, auf deren Basis die Autobahn 9 zwischen Ingolstadt und Nürnberg zum digitalen Testfeld ausgebaut werden soll. Das gesamte Maßnahmenpaket soll im September vom Bundeskabinett beschlossen werden.

Darf man dem Bordcomputer die Kontrolle überlassen?

Die Sache hat aber noch einen entscheidenden Haken: Die Frage, wer haftet, wenn ein selbstfahrendes Auto doch einmal einen Unfall baut, ist weiterhin offen. Hier streiten Wirtschafts- und Justizministerium über die Grundsatzfrage, ob ein Autofahrer dem Bordcomputer die Kontrolle überlassen und sich während der Fahrt mit anderen Dingen beschäftigen darf. Hier besteht das Justizministerium darauf, dass der Mensch immer die Kontrolle haben muss. Das bedeutet, dass der Fahrer fahrlässig handelt, wenn er sich auf den Bordcomputer verlässt.

Die Experten von Minister Dobrindt sind hingegen der Ansicht, dass der Fahrer aus der Haftung entlassen werden müsse, wenn er dem Fahrzeug die Kontrolle überlässt und beispielsweise seine E-Mail lese. Genau das lehnt das Justizressort aber ab. Eine schnelle Einigung über die wichtige Haftungsfrage ist derzeit nicht in Sicht.

"Wir drohen, den Anschluss zu verlieren", warnte Thomas Jarzombek (CDU). Ohne rechtliche Klarstellung würde die Technologie am Ende in die USA abwandern, sagte er dem Handelsblatt. Die Autobranche befürchtet, dass die Kunden im Zweifel ein Auto, dass autonom fahren kann, nicht kaufen werden. Am Ende könnten die deutschen Autobauer das Nachsehen haben - auch wenn sie auf der technologischen Schiene gerade vorn liegen - auf der CES in Januar dieses Jahres war der selbstfahrende Audi A7 einer der Stars der Messe.

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