Themenspezial: Verbraucher & Service Digitalradio

Endgültiges Aus für den alten DAB-Standard in Deutschland

Am 22. November endet eine Ära in Deutschland: Mit dem Saarländischen Rundfunk (SR) stellt die letzte ARD-Anstalt ihre Übertragungen im digital-terrestrischen Radio vom alten DAB- auf den moderneren DAB+-Standard um. Doch nur bei wenigen Hörern werden die Radios zu Elektroschrott.
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DAB-Radio von Goodmans DAB-Radio von Goodmans
Quelle: Goodmans
Nach über drei Jahrzehnten endet am kommenden Dienstag, 22. November 2016, die Geschichte des ersten Versuches das terrestrische Radio in Deutschland zu digitalisieren: Der Saarländische Rundfunk (SR) schaltet die letzten Übertragungen im alten DAB-Modus ab und wechselt zum moderneren DAB+-Standard. Betroffen sind die Hauptprogramme SR1 Europawelle, SR2 Kulturradio und SR3 Saarlandwelle. Die restlichen SR-Programme (Unser Ding, Antenne Saar und KiRaka) werden bereits im Modus DAB+ übertragen.

Damit endet die über 30-jährige Geschichte des alten DAB-Standards in Deutschland. Im Jahr 1985 fanden am Sender Gelbelsee des Bayerischen Rundfunks erste Abstrahlversuche statt. Zehn Jahre später starteten mehrere Pilotprojekte in Deutschland, die anschließend in den Regelbetrieb überführt wurden.

Nur 500 000 verkaufte Radios

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Quelle: Goodmans
Der alte DAB-Standard stieß jedoch kaum auf Interesse bei Radiohörern. In über 20 Jahren Regelbetrieb gingen nur eine halbe Million Empfänger über den Ladentisch, darunter zahlreiche Autoradios, die in erster Linie aufgrund der damals noch revolutionären Möglichkeit MP3-Files abzuspielen, gekauft wurden. Nachteile des alten DAB-Standards waren zu schwache Sendeleistungen, die kaum Indoor-Empfang ermöglichten, und ein begrenztes Programmangebot. Auch die Geräte waren viel zu teuer, sie kosteten in den Anfangsjahren rund 1000 D-Mark (rund 500 Euro). Das alte DAB war ein großer Technik-Flop.

Seit 2011 wird das alte DAB sukzessive durch DAB+ ersetzt. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung des alten DAB-Standards, der sämtliche Funktionen von DAB übernahm, aber zusätzliche Vorteile bietet. Der technische Unterschied liegt in der verwendeten Audiocodierung. Die beiden Standards nutzen unterschiedliche Verfahren zur Aufbereitung der Daten vor und nach der Übertragung. Während DAB alt mit MPEG-1 Layer-2 arbeitet, verwendet DAB+ MPEG-4 HE-AAC, die immer noch derzeit effizienteste Audiokomprimierung weltweit. Außerdem können die Sendeanlagen nun mit hohen Strahlungsleistungen arbeiten, die vielerorts einen problemlosen Radioempfang auch innerhalb geschlossener Räume ermöglichen.

DAB+ ist wesentlich erfolgreicher

DAB+ ist auch wesentlich erfolgreicher als sein Vorgänger. Die Anzahl der DAB+-Empfangsgeräte ist in Deutschland zwischen 2015 und 2016 innerhalb eines Jahres um 1,85 Millionen, beziehungsweise 29 Prozent, auf 8,24 Millionen angestiegen. Immerhin 9,53 Millionen Personen ab 14 Jahren nutzen laut Digitalisierungsbericht der Landesmedienanstalten inzwischen DAB+-Empfangsgeräte zum Radiohören.

Im Saarland dürften von der Umstellung nur wenige Dutzend Altgerätebesitzer betroffen sein. Bis auf wenige Hörer dürften fast alle die Programme bereits mit modernen, DAB+-tauglichen Geräten empfangen. Diese müssen am 22. November lediglich einen automatischen Suchlauf durchführen, um die SR-Programme weiter hören zu können.

Einige wenige Gerätemodelle mit altem DAB können per Softwareupgrade auf DAB+ aufgerüstet werden, die meisten sind jedoch im digitalen Radiobereich nach der Umstellung unbrauchbar. Sie können lediglich noch im Ausland im DAB-Bereich genutzt werden: Länder wie Großbritannien oder Dänemark verzichteten bisher auf eine Umstellung auf den moderneren Standard. Hierzulande kann freilich auch das analoge UKW-Band weitergenutzt werden, das in den meisten alten DAB-Radios eingebaut ist.

DAB alt endet, Geschichte von DAB+ geht noch lange weiter

Viele befürchten, dass aufgrund der immer schnelleren technischen Entwicklung auch DAB+ irgendwann Geschichte sein könnte. Schließlich wird auch beim Fernsehen bereits von DVB-T auf DVB-T2 umgeschaltet, obwohl das digital-terrestrische Antennenfernsehen - im Vergleich zum alten DAB-Standard - eine Erfolgsstory ist.

Tatsächlich sind auch im Audiobereich neue, noch effizientere Audiocodecs bereits in Entwicklung oder im Einsatz. xHE-AAC beispielsweise eignet sich laut dem Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen für Digitalradio und Streaming bei niedrigen Bitraten, eine gute Audioqualität wird hierbei schon ab 8 kBit/s in Mono oder 16 kBit/s in Stereo erzielt.

Da sich DAB+ aber im Vergleich zu seinem Vorgänger sehr gut entwickelt, ist ein erneuter Technikwechsel hin zu einem "DAB++" derzeit ausgeschlossen. Wer dennoch auf Nummer sicher gehen will, sollte darauf achten, dass das Digitalradio die Möglichkeit besitzt, Firmware-Upgrades aus dem Internet aufzuspielen. Viele Gerätemodelle besitzen dieses Feature und verfügen über einen entsprechenden Mini-USB-Eingang.

Offen ist allerdings, ob es dem alten, analogen UKW-Standard tatsächlich nach dem Aus von DAB alt ein zweites Mal gelingt eine digital-terrestrische Radiotechnologie zu überleben. Zumindest Länder wie Norwegen wollen hier nun "Sterbehilfe" leisten: Ab 2017 werden die UKW-Netze in dem skandinavischen Land sukzessive abgeschaltet - zugunsten von DAB+.

Nicht nur in Deutschland endet das DAB-Zeitalter. Auch in der Schweiz wurden am 15. November die Ausstrahlungen im alten DAB-Modus beendet.

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