Berufe

So wirkt sich die Digitalisierung auf den Job aus

Die Folgen der Digitalisierung machen auch nicht vor dem Arbeitsmarkt halt. Doch wie ändert sich unserer Arbeitsplatz in den nächsten Jahren?
Von Daniel Rottinger / Rita Deutschbein / dpa

Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus? Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus?
Bild: dpa
Eine App für jeden Handgriff und ein Roboter in jeder Fabrik: Die Digitalisierung wird das Arbeitsleben in den kommenden Jahren massiv verändern. Arbeitnehmer, die sich darauf vorbereiten wollen, müssen sich jetzt weiterbilden - und im Kopf beweglich bleiben.

Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus? Wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus?
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Vom Einkaufen über das Fernsehen bis zum Urlaub verändert die Digitalisierung alles. Das behaupten zumindest Forscher, Berater, Politiker und andere Experten. Das gilt nicht nur für das Privatleben, sondern vor allem für die Arbeitswelt. "Ich gehe davon aus, dass die meisten Arbeitnehmer ihren Job in 20 Jahren nicht mehr wiedererkennen werden", sagt Kai Wächter, Mitglied der Geschäftsführung der Unternehmensberatung BearingPoint.

So sieht die Prognose der IG Metall aus

"Digitalisierung bedeutet vor allem, dass alles immer mehr von IT durchdrungen und miteinander vernetzt wird. Dadurch verändern sich Prozesse, die Organisation der Arbeit und es entstehen auch neue Geschäftsmodelle, zum Beispiel Big Data", erklärt Vanessa Barth. Sie ist Vorstandsmitglied der IG Metall. Erste Auswirkungen davon sind heute schon zu sehen. So gibt es zum Beispiel kaum einen Bürojob mehr, der ohne E-Mail auskommt. Berufliche E-Mails auf dem Smartphone zu empfangen, ist für viele Angestellte selbstverständlich. Im Vergleich zum kommenden Sturm ist das aber nur ein laues Lüftchen.

Vorteile der Digitalisierung im Job

Ein Grund zur Panik? Nicht unbedingt, sagt Vanessa Barth. Denn wie so vieles hat die Digitalisierung gute und schlechte Seiten. "Viele Arbeiten lassen sich durch Digitalisierung einfacher und schneller erledigen", sagt die IG-Metall-Expertin. "Andererseits können aber ganze Arbeitsbereiche wegfallen - oder sie verändern sich grundlegend".

"Nehmen Sie den klassischen Büro- oder Akademikerjob: Da gibt es durch die Digitalisierung viel mehr Flexibilität", sagt Kai Wächter. "Um zusammen an einem Projekt zu arbeiten, müssen wir heute nicht mehr im selben Büro sitzen". Viele nervige Geschäftsreisen und Besprechungen fallen dadurch weg, das Arbeiten von zu Hause wird leichter. Beruf und Familie lassen sich viel besser vereinbaren.

Missverständnisse durch Arbeiten im Home Office

Gleichzeitig steigen so die Anforderungen an den einzelnen Arbeitnehmer, so Wächter. "Ich muss in der Lage sein, diszipliniert und ergebnisorientiert an etwas zu arbeiten, selbst wenn ich räumlich von den Kollegen isoliert bin". Auch zielgerichtetes Kommunizieren wird wichtiger. Missverständnisse lassen sich im Home-Office nicht durch einen Besuch am Schreibtisch des Kollegen ausräumen.

In Fabriken macht sich die Digitalisierung etwa durch die immer größere Verbreitung von Robotern bemerkbar. Was das genau bedeutet, untersuchen die Forscher des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Überflüssig wird der Mensch durch seine Roboter-Kollegen nicht, schreiben sie in der Studie "Produktionsarbeit der Zukunft". Vollautomatische Produktionshallen wird es in absehbarer Zukunft nur in Ausnahmefällen geben.

Roboter werden von Menschen überwacht

Die Rolle des Menschen in Fabriken wird aber eine andere sein, so die Forscher: Anstatt Routineaufgaben selbst zu erledigen, überwachen Menschen die Arbeit der Roboter, zum Beispiel mit einem Tablet. Motorische Fähigkeiten werden also weniger wichtig, analytische und intellektuelle Fähigkeiten dagegen umso entscheidender.

Auch für Köche, Friseure und andere Dienstleister könnte sich mit der Digitalisierung einiges ändern. Grund dafür ist die sogenannte Plattformökonomie. Solche Geschäftsmodelle bestehen vor allem darin, Dienste zu vermitteln und abzurechnen und Daten zu sammeln. Bestes Beispiel ist der Limousinen-Service Uber, der den klassischen Taxifahrern jetzt schon in vielen Städten Konkurrenz macht.

Ähnliche Entwicklungen sind für viele andere Märkte denkbar. "Bei solchen Tätigkeiten wird die Digitalisierung vor allem durch das Vernetzen und Verschmelzen von Branchen und Kanälen geprägt sein", sagt Kai Wächter. "Schauen Sie sich nur mal an, welche Dienstleistungen heute schon von Onlineplattformen oder völlig automatisiert angeboten werden". Gut möglich, dass künftig andere Dienstleister durch Apps neue Konkurrenz bekommen.

Arbeiter sollten sich auf neue Situation einstellen

Angst müssen Arbeitnehmer vor solchen Änderungen nicht haben, sagt Vanessa Barth. Aber vorbereitet sollten sie sein: "Arbeitnehmer sollten mit den Entwicklungen in ihrer Branche Schritt halten und sich konsequent weiterbilden". Das kann zum Beispiel bedeuten, einfach nur die Nachrichten rund um den eigenen Job zu verfolgen. Konkret heißt es aber auch, sich mit neuer Software und neuen Tools eingehend zu beschäftigen. Im Idealfall passiert das direkt im Unternehmen. Es kann aber auch sein, dass Arbeitnehmer zu Autodidakten werden müssen. "Das lebenslange Lernen wird wichtiger", sagt Kai Wächter. "Da sind Arbeitnehmer stärker auf sich selbst angewiesen, weil die Ausbildungsangebote mit der Entwicklung nicht immer Schritt halten".

Allerdings geht es nicht nur um konkrete Kenntnisse, sagt Kai Wächter. "Natürlich brauchen Arbeitnehmer künftig auch mehr klassische technische Fähigkeiten, weil sie zum Beispiel die Tools für die virtuelle Zusammenarbeit bedienen können müssen". Wichtiger sei aber das, was er "kognitive Agilität" nennt: Die Bereitschaft, sich mit neuen Entwicklungen zu beschäftigen und das eigene Verhalten an die Umstände anzupassen.

Wichtige Hürden zu nehmen

Doch damit Firmen die Vorteile der Digitalisierung auch ausschöpfen können, sind zuvor einige Hürden zu nehmen. Allen voran steht das schnelle Internet. "Der schleppende Breitbandausbau, das viel zu langsame Internet in vielen ländlichen Regionen, die geringe Vernetzung von Haushalten mit Glasfaserkabeln von nur 1,3 Prozent stellen mittlerweile einen echten Wettbewerbsnachteil für IT-Unternehmen in Deutschland gegenüber der Konkurrenz im Ausland, vor allem Asien, dar", so der Chef des Verband der Jungen Unternehmer Hubertus Porschen.

Ferner seien die Sozialleistungen und Lohnnebenkosten, die die Arbeitgeber aufbringen müssten, viel zu hoch. "Wer 2000 Euro im Monat netto verdienen soll, für den muss der Arbeitgeber rund 4000 Euro brutto plus Nebenkosten aufbringen. Das können viele Unternehmen nicht stemmen."

Der Verband der Jungen Unternehmer wirft der Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) eine schlechte Politik für die Digitalisierung in Deutschland vor. "Da ist zu wenig Dampf dahinter. Das muss die Kanzlerin zur Chefsache machen", sagte Porschen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie komme nicht entscheidend voran. "Die gesetzlichen Regelungen tragen nicht dazu bei, dass Heimarbeit stärker angenommen werden kann." Und: "Der Bürger wird entmündigt. Er darf nicht selbst entscheiden, welchen Schreibtischstuhl und welches Licht für ihn gut sind, sondern es werden genaue Vorgaben gemacht bis hin zur Höhe des Schreibtisches. Das entspricht nicht der Lebenswirklichkeit, in der sich Arbeitnehmer einfach mit einem Laptop einen guten Platz zuhause suchen."

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