DAB+/Internetradio

Vorläufiges Aus für Digitalradio-Pflichtchip in Radios

Vorläufiges Aus für den Digitalradio-Pflichtchip bei Radiomodellen. Da das "Vierte Gesetz zur Änderung des Tele­kommunikations­gesetzes" nicht mehr zu weiteren Lesungen in den Bundestag kommt, ist es vorerst vom Tisch.
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Radios dürfen zunächst auch ohne Chip für DAB+ oder Internetradio verkauft werden Radios dürfen zunächst auch ohne Chip für DAB+ oder Internetradio verkauft werden
Foto: VQ
Bund und Länder wollten mit einer Gesetzes­änderung die Verbreitung von Digitalradio-Empfängern ankurbeln. Radios mit UKW-RDS-Funktion sollten in Zukunft verpflichtend entweder einen DAB+-Chip eingebaut haben oder Internetradio empfangen können. Reine UKW-Geräte sollten künftig in dieser Kategorie nicht mehr im Handel angeboten werden. Daraus wird aber vorerst nichts: Das entsprechende "Vierte Gesetz zur Änderung des Tele­kommunikations­gesetzes" kam zwar in den Bundestag, stand aber nicht mehr für Lesungen auf der Tagesordnung für die Sitzung des Plenums. Auch mit einer Behandlung auf der letzten Bundestags-Sitzung der Legislatur­periode am 5. September sei kaum noch zu rechnen, teilte die Bundestags-Pressestelle auf Anfrage dem Branchendienst "Dehnmedia" mit.

Damit steht so gut wie fest, dass das Gesetz in dieser Legislatur­periode nicht mehr verabschiedet werden kann. Nun muss es nach den Bundestags­wahlen neu ins Plenum eingebracht werden. Die Chancen hierfür stehen nicht schlecht, denn die Novelle des TKG fand eigentlich partei­übergreifend Zustimmung. Allerdings standen zuletzt wichtigere Themen wie die "Ehe für Alle" auf der Agenda des Bundestags.

Deutscher Alleingang verstößt gegen EU-Binnenmarkt

Radios dürfen zunächst auch ohne Chip für DAB+ oder Internetradio verkauft werden Radios dürfen zunächst auch ohne Chip für DAB+ oder Internetradio verkauft werden
Foto: VQ
Kritiker sehen aber Probleme, da ein deutscher Alleingang gegen den EU-Binnenmarkt und den freien Warenverkehr verstoßen würde. Parallel arbeiten nach Informationen von teltarif.de die EU-Gremien in Brüssel an einem entsprechenden Gesetz, das es übrigens auf europäischer Ebene seit langem auch für Fernsehgeräte gibt. Problem hier ist wiederum, dass in vielen EU-Ländern das digital-terrestrische Radio bisher nur eine unter­geordnete oder sogar noch gar keine Rolle spielt. Viele Länder halten daher nichts von der Notwendigkeit, einen solchen Pflichtchip in Radios zu integrieren, da dieser den Verkaufspreis von Radiomodellen unnötig in die Höhe treiben könnte. Andererseits werden die Chips durch Massen­produktion auch günstiger, was sich positiv auf den Verkaufspreis von Digital­radios auswirken könnte. Die preisgünstigsten DAB+-Radios kosten aktuell rund 30 Euro im Handel, WLAN-Internetradios sind nur in Einzelfällen unter 60 Euro zu bekommen.

Digitalradio Deutschland lobt Dynamik bei DAB+

Der Verein Digitalradio Deutschland zeigt sich unterdessen in einer Halbjahresbilanz "sehr beeindruckt von der Dynamik, die das Thema im Markt inzwischen auslöst". Laut dem Vorsitzenden Willi Steul versorge das nationale DAB+-Netz jetzt 96 Prozent der Fläche, das Programmangebot nehme zu und der Geräteabsatz steige. "Die Politik engagiert sich für DAB+", lobte Steul. "Diese Dynamik greifen wir auf, um die noch offenen Punkte auf dem Weg zur Digitalisierung des Hörfunks aktiv anzugehen."

Ein wichtiger Schritt im ersten Halbjahr war laut dem Verein die Verabschiedung des "Aktionsplans für die Transformation der Hörfunk­verbreitung in das digitale Zeitalter" durch das Digitalradio Board am 16. Februar. Der Aktionsplan enthält eine Roadmap mit acht Maßnahmen, die einen Rahmen schaffen für die Digitalisierung des Hörfunks. Hierzu gehört unter anderem eine "Smart-Radio"-Regelung, die die verpflichtende Ausstattung von Hörfunk­empfangs­geräten mit mindestens einer digitalen Schnittstelle vorsieht.

Ein richtungsweisendes Signal sei auch die Entscheidung der Landesmedienanstalten zum zweiten bundesweiten Multiplex gewesen. Vorbehaltlich einer endgültigen Zuweisung wird die Antenne Deutschland GmbH & Co. KG als Plattformbetreiber bis zu 16 weitere bundesweite Programme anbieten und damit die Programmvielfalt unter den Privatsendern weiter erhöhen. Das Unternehmens­konsortium, zu dem sich die Absolut Digital GmbH & Co. KG und die Media Broadcast Digital Radio GmbH zusammen­geschlossen haben, will ab dem 2. Quartal 2018 auf Sendung gehen.

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